1. Allgemein
Der erste Schritt auf diesem Weg ist die Beantragung eines sog. grant of probate oder eines letter of administration. Bei ersterem werden ein oder mehrere durch die letztwillige Verfügung bestimmte Nachlassverwalter (executors), bei letzterem ein oder mehrere gerichtlich bestellte Nachlassverwalter (administrator) durch eine court order mit der Verwaltung des Erbes beauftragt. Bezogen auf einen einzelnen Nachlassgegenstand können dabei niemals mehr als vier Personen Inhaber eines grant of probate oder eines letter of administration sein, vgl. Sec. 6 (1) PAA.
Der oder die Nachlassverwalter sind dann in einem zweiten Schritt dafür zuständig, den Nachlass unter gerichtlicher Aufsicht an die Erben zu verteilen. Sie haben sich dabei nach den Vorgaben der letztwilligen Verfügung und den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen zu richten. Fehlt eine letztwillige Verfügung, richtet sich die Verteilung ausschließlich nach den gesetzlichen Regelungen.
2. Zuständigkeit
Zuständig für Anträge auf Erteilung eines grant of probate oder eines letter of administration sind seit dem 1. Januar 2015 die Family Justice Courts.
Übersteigt der Wert der Erbmasse die Grenze von fünf Millionen Singapur Dollar, ist – als Teil der Family Justice Courts – zwingend der High Court (Family Division) zuständig. Wird diese Wertgrenze nicht erreicht, besteht ein Wahlrecht. Es können dann entweder direkt der High Court (Family Division) oder die Family Courts, die ebenfalls Teil der Family Justice Courts sind, angerufen werden.
Sofern der Wert des Nachlasses klar ist und somit keine Gefahr besteht, das falsche Gericht anzurufen, sollte bei Nachlasswerten von nicht mehr als drei Millionen Singapur Dollar der Family Court angerufen werden, da dessen Gebühren niedriger als die des High Courts (Family Division) sind. Ab einem Nachlasswert von mehr als drei Millionen Singapur Dollar unterscheiden sich die Gebühren des Family Courts allerdings der Höhe nach nicht mehr von denen des High Courts (Family Division).
3. Antragsberechtigung
Antragsberechtigt mit Blick auf einen grant of probate sind die in der letztwilligen Verfügung benannten executors.
Im Falle eines letter of administration bestimmt hingegen das Gericht die antragsberechtigten Personen. Dabei richtet es sich nach Sec. 18 PAA. Die Vorschrift enthält Vorgaben für die Rangfolge der Antragsberechtigten.
Sofern die letztwillige Verfügung mehrere executors benennt und auch deren Rangfolge festlegt oder sich die Vorrangigkeit eines administrator aus dem Gesetz ergibt, sind nachrangige Nachlassverwalter grundsätzlich nicht antragsberechtigt. Anders ist dies nur, wenn vorab eine Verzichts- und Einverständniserklärung (renunciation and consent) von den vorrangig Antragsberechtigten in notarisierter Form eingeholt und diese zusammen mit den übrigen Unterlagen bei Gericht eingereicht wird.
Das Gericht hat bei der Bestellung des Nachlassverwalters im Übrigen großes Ermessen. Beispielsweise kann die Ernennung eines executor auch trotz eindeutiger Benennung in der letztwilligen Verfügung verweigert werden, wenn das Gericht den Eindruck erlangt, dass dies zu Interessenkonflikten führen kann, die benannte Person insolvent oder von schlechter Gesundheit ist.
Angemerkt sei noch, dass ein Nachlassverwalter, der sich außerhalb von Singapur aufhält, einen Vertreter mit der Beantragung und Durchführung des gerichtlichen Verfahrens im eigenen Namen beauftragen kann.