Na endlich! Nachdem der BFH mit seiner Entscheidung vom 7.11.2007 (II R 28/06, BStBl II 2008, 486 ff) und der darin dargelegten Ansicht, verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA), die zu unmittelbaren Vermögensvorteilen bei einem Gesellschafter nahestehenden Personen führten, seien als schenkungsteuerbare Zuwendungen der Kapitalgesellschaft an den Empfänger anzusehen, die Praxis nachhaltig verunsichert und die Literatur zu heftiger berechtigter Kritik angestachelt hatte, (Vgl. z. B. Daragan, DStR 2011, 2079; Riedel, ZErb 2008, 277; sowie die vielfältigen Nachweise im hier besprochenen Urteil unter 2. d) erfolgt nun (nach beinahe zehn Jahren) endlich die (lang ersehnte) klarstellende Kurskorrektur: Die vGA stellt prinzipiell keine Schenkung der Kapitalgesellschaft an den Leistungsempfänger (nahestehende Person) dar. Dies gilt laut BFH jedenfalls dann, wenn die Leistung unter Mitwirkung des Gesellschafters erfolgt.
Den Ausführungen des II. Senats zur Begründung seines Urteils ist im Prinzip nichts hinzuzufügen – jedenfalls für den entschiedenen Fall, in dem der BFH zu recht von einer Leistung der Gesellschaft an die dem Gesellschafter nahestehende Person auf Veranlassung bzw. unter unmittelbarer Mitwirkung des betroffenen Gesellschafters ausging.
Nicht ganz klar ist aber nach wie vor, was schenkungsteuerlich gelten soll (bzw. muss), wenn – anders als im Entscheidungsfall – der Gesellschafter, dem die in Rede stehende vGA ertragsteuerlich zuzurechnen ist, an der Vorteilsgewährung nicht "mitgewirkt" hat. Gibt es derartige Fälle überhaupt, und falls ja, wie unterscheiden sie sich dann von der entschiedenen Konstellation?
Wenn die Leistung nicht auf Veranlassung des Gesellschafters erfolgt, also ohne seine entsprechende Anweisung, stellt sich zunächst die Frage, zu wessen Gunsten die Kapitalgesellschaft überhaupt leistet, zugunsten des unmittelbaren Leistungsempfängers, also der dem Gesellschafter nahestehenden Person, oder – nach der Vorstellung der GmbH bzw. ihres Geschäftsführers – zugunsten des Gesellschafters.
Ertragsteuerlich wird die vGA stets dem Gesellschafter zugerechnet (Ständige Rechtsprechung, vgl. BFH v. 14.7.1998 – VIII B 38/98, BFHE 186, 379 = BFH/NV 1998, 1582 ff; zum Zufluss bei mittelbarer Zuwendung u. a. BFH v. 19.3.1991 – VIII R 2/85, BFH/NV 1992, 19.), nie der ihm nahestehenden Person (BFH v. 22.2.2005 – VIII R 24/03, BFH/NV 2005, 1266 ff; BFH v. 1.10.1986 – I R 54/83, BStBl II 1987, 459 ff), unabhängig davon, ob er dies will oder überhaupt von der "Zuwendung" weiß. Im Verhältnis Gesellschaft/Gesellschafter ist aber die Annahme einer Schenkung ausgeschlossen, da die Zuwendung hier grundsätzlich ihre Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis hat und gerade nicht von einer freigebigen Zuwendung iSv § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG auszugehen ist (R E 7.1 Abs. 3 S. 1 ErbStR 2011). Aus Sicht der Gesellschaft würde dasselbe Ergebnis auch in ihrem Verhältnis zum Zuwendungsempfänger gelten, allerdings mit der Begründung, dass es – trotz der widersprechenden Indizien – am Willen zur unentgeltlichen Bereicherung des Empfängers fehlt und stattdessen vielmehr eine (nicht schenkungsteuerbare) Leistung an den Gesellschafter stattfindet (Riedel, ZErb 2008, 227, 231).
Nur wenn seitens der Kapitalgesellschaft tatsächlich die Absicht bestünde, den Zuwendungsempfänger unentgeltlich zu bereichern, wäre von einer Erfüllung sowohl des objektiven als auch des subjektiven Tatbestandes des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG auszugehen. In diesem Fall könnte tatsächlich eine Schenkung durch die Kapitalgesellschaft in Betracht kommen (Riedel, ZErb 2008, 227, 231) – ungeachtet der ertragsteuerlichen Behandlung. Diese Möglichkeit besteht allerdings nur theoretisch. Denn ein Wille der Kapitalgesellschaft, freigebige Zuwendungen iSd Schenkungsteuerrechts auszuführen, ist – insbesondere in den hier interessierenden Konstellationen – kaum denkbar. Eine "Privatsphäre" der Gesellschaft existiert nicht (BFH v. 6.7.2000 – I B 34/00, DStR 2000, 1687; Gosch/Roser KStG § 8 Rn 69 mwN); ihr Zweck ist – von Ausnahmen (z. B. Gemeinnützigkeit) abgesehen – das Streben nach wirtschaftlichem Erfolg in Form von Gewinnen. Damit sind freigebige Zuwendungen nicht vereinbar (Riedel, ZErb 2008, 227, 232.).
Soweit – wie in den Fällen der "Mitwirkung" des Gesellschafters – eine (wenigstens mittelbare) Leistung an den Gesellschafter stattfindet, überlagert die gesellschaftsrechtliche Veranlassung ein evtl. gleichzeitig vorliegendes Bewusstsein (der Gesellschaft), (auch) die dem Gesellschafter nahestehende Person zu bereichern. Eine Schenkung kommt nur im Verhältnis Gesellschafter/Leistungsempfänger in Betracht.
Wenn der Gesellschafter von derartigen Leistungen bzw. ihrer Unangemessenheit keine Kenntnis hat, ist eine Schenkung von ihm an den Leistungsempfänger (zunächst) ausgeschlossen. Denn wenn bereits die Kenntnis der (wenigstens teilweise) unentgeltlichen Bereicherung des Leistungsempfängers fehlt, mangelt es erst recht an jeglichem Willen zur Freigebigkeit (Daragan/Halaczinsk...