Während sich die Vereinbarung eines konsensorientierten Vorgehens vor Entstehung eines Konflikts vergleichsweise einfach gestaltet, stellt die Einigung auf eine Mediation nach Konfliktentstehung eine kaum zu unterschätzende Herausforderung dar. Der in einen anwaltlichen Schriftsatz simpel eingestreute Vorschlag einer Mediation hat in aller Regel wenig Aussicht darauf, von der Gegenseite ernsthaft erwogen zu werden. Er wird vielmehr häufig als ein Signal der Schwäche gedeutet: Wer ein Mediationsverfahren vorschlage – so regelmäßig die Einschätzung der Gegenseite – habe offenbar erkannt, dass er juristisch schlechte Karten hat, und versuche nun, auf dem Konsenswege noch irgendetwas aus der Sache herauszuschlagen.
An dieser Stelle ist anwaltliches Fingerspitzengefühl gefragt. Wer eine kooperative Haltung der Gegenseite fördern möchte, kann dazu in der Regel mehr tun, als die eigene Intuition glauben macht. Denn verhärtete Maximalpositionen gehören zur Standardklaviatur vieler Anwaltskollegen, die sie häufig ohne großes Wirkungsbewusstsein routinemäßig anschlagen. Die Kunst besteht darin, einen zunächst positional verhärteten Kollegen gesichtswahrend aus der Forderungsecke zu leiten und für ein kooperatives Vorgehen zu gewinnen.
Der Schlüssel zur Kooperation liegt dabei in der Art der anwaltlichen Kommunikation. Die US-amerikanische Verhandlungsforschung hat schon vor langer Zeit die Erkenntnis formuliert, dass eine höfliche und empathische Gesprächsführung die Erfolgschancen in der Sache nicht beeinträchtigt, im Gegenteil häufig sogar verbessert. In erbrechtlichen Streitigkeiten empfiehlt sich hierzu regelmäßig ein gestuftes Vorgehen, bei dem Schritte höherer Eskalation nur ergriffen werden, wenn frühere kooperative Schritte kein zielführendes Echo gefunden haben:
1. Verteidigungsanzeige, Benennung der Gesprächsmaterie, offene Erläuterung der Interessen des eigenen Mandanten (häufig: Wahrung eigener Rechte, Aufrechterhaltung des Familienfriedens, zügige Klärung der Angelegenheit, angenehme Gesprächsatmosphäre), höfliche Bitte um Rückmeldung. 2. Verweis auf das erste Schreiben, Wiederholung des kooperativen Gesprächsangebots, höfliche Erläuterung der eigenen Einschätzung der Rechtslage, Hinweis auf die Bereitschaft zur Revidierung der eigenen Rechtsansicht im Falle neuer, überzeugender Argumente, höfliche Bitte um Rückmeldung. 3. Verweis auf die ersten beiden Schriftsätze, Wiederholung des kooperativen Gesprächsangebots, Beifügung eines Klageentwurfs (ggf. in Kurzform), höfliche Bitte um Rückmeldung. 4. Klage unter Hinweis auf außergerichtliche Einigungsversuche und nach wie vor bestehende Bereitschaft zur Einigung im Schatten des Rechts (§ 253 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).
Es handelt sich um simple Schritte, die die Glaubwürdigkeit der eigenen Darstellung der Rechtslage weniger schwächen, als es auf den ersten Blick scheint. Im Interesse der Mandantschaft ist ein solches, nur vorsichtig eskalierendes Vorgehen allemal.