Die Mediation kann in unterschiedlichen Phasen eines juristischen Konflikts zu Rate gezogen werden. Sie ist einerseits außergerichtlich, andererseits aber auch noch dann möglich, wenn eine Seite bereits ein gerichtliches Verfahren angestrengt hat.
a) Außergerichtliche Mediation
Die klassische Form der Mediation, die mit guten Gründen vielfach als einzig echte Form des Mediationsverfahrens gesehen wird, ist die außergerichtliche Mediation. Der Weg dorthin ist umso einfacher, je weniger ein Rechtsstreit bereits polarisiert ist. Der optimale Zeitpunkt, den Mandanten zu einer Reflexion über den Stand des zwischenmenschlichen Konflikts und den des Rechtsstreits sowie die ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten anzuhalten, liegt insofern sehr früh. Man kann und sollte eine Mediation häufig schon kurz nach der Mandatsannahme, spätestens aber vor dem ersten anwaltlichen Kontakt mit der Gegenseite erwägen. Das entspricht dem Gebot einer konfliktvermeidenden anwaltlichen Tätigkeit gemäß § 1 Abs. 3 BORA.
Die Akzeptanz konsensorientierter Lösungsansätze beim Mandanten hängt dabei nicht zuletzt auch von der Qualität der anwaltlichen Beratung und davon ab, welchen Stellenwert der beratende Rechtsanwalt selbst der Mediation als Instrument der außergerichtlichen Streitbeilegung beimisst. Der geschulte Expertenblick eines Juristen auf die Anspruchslage und deren Durchsetzbarkeit kollidiert dabei zuweil mit dem eigentlichen Interesse des Mandanten an einer schnellen und kostengünstigen Entscheidung. Hier gilt es, sich als Anwalt ein Stück weit zurückzunehmen, die Interessenlage des Mandanten mit dem notwendigen psychologischen Fingerspitzengefühl und der richtigen Fragetechnik herauszufinden und dann das Mandat entsprechend richtig zu führen. Nicht immer muss die außergerichtliche Mediation dabei den erfolgversprechendsten Weg darstellen, eine Überlegung ist sie aber in den meisten Fällen wert.
b) Gerichtliche Mediation (Güterichterverfahren)
Im Zuge des Erlasses des Mediationsgesetzes im Jahre 2012 hat der Gesetzgeber auch § 278 Abs. 5 ZPO neugefasst und darin eine Art gerichtsinterne Mediation, das sogenannte Güterichterverfahren geregelt. Zweifelsohne ist diese besondere Form der Gerichtsverhandlung nicht ganz unumstritten: Zum einen steht die Einführung eines rein konsensorientierten Verfahrens in einem gewissen Widerspruch zum Prozesszweck der Rechtsdurchsetzung, und zum anderen führt eine Einigung im Güterichterverfahren zu einer Reduktion der Gerichtskosten nach Nr. 1211 KV GKG auf eine 1,0 Gebühr und geht damit bei gleichbleibenden Justizhaushalten zulasten der streitigen Verfahren. Beschränkt man die Perspektive hingegen auf das individuelle Verfahren und die Mandantensicht, so fallen die Erfahrungen der Autoren dieses Artikels in der Praxis sehr positiv aus: In den Jahren seit Inkrafttreten des Gesetzes konnten eine Reihe von zwischenmenschlich verfahrenen und rechtlich komplexen erbrechtlichen Auseinandersetzungen im Güterichterverfahren zur Zufriedenheit der Mandanten gütlich beigelegt werden. Unabhängig davon, dass ein zufriedener Mandant für einen Rechtsanwalt ohnehin oberste Priorität genießen dürfte, fördern diese Verfahren langfristig auch die Akzeptanz der Mediation in der gesellschaftlichen Streitkultur. Der im Erbrecht tätige Rechtsanwalt sollte bei geeigneten Mandaten daher im Klageverfahren auf die Bereitschaft zur Teilnahme an einem Güterichterverfahren hinweisen und dem Mandanten während des Streitbeilegungsverfahrens beratend zur Seite stehen.