1
Der polnische Gesetzgeber hat sich neulich entschlossen, 46 Jahre nach Inkrafttreten des Zivilgesetzbuchs und 65 Jahre nach Vereinheitlichung des Erbrechts in Polen, neben dem bisher ausschließlich bekannten Damnationslegat auch das Vindikationslegat einzuführen. Ab dem 23. Oktober 2011 kann der Testator nach polnischem Erbrecht in einem notariellen Testament die erbrechtliche Nachfolge auch durch Vindikationslegate bestimmen. Im folgenden Beitrag werden die Hintergründe dieser weitgehenden Gesetzesreform gezeigt und die gesetzliche Umsetzung des Konzepts der Singularsukzession durch Vindikationslegat im polnischen Recht besprochen.
I. Hintergrund der Einführung des Vindikationslegats
Einer der ersten Sätze, die viele Testatoren während eines Besprechungs- bzw. Beurkundungstermins von einem polnischen Notar vor der Reform hörten, lautete: "Vergessen Sie alles, was Sie über Testamentsgestaltung in amerikanischen Filmen gesehen haben, denn Sie können in Polen in Ihrem Testament nicht so leicht über einzelne Immobilien oder Autos verbindlich verfügen." Dem Testator standen vor der Erbrechtsreform als Instrumentarium entweder die Erbeinsetzung zu einem bestimmten Teil (Art. 959 ff ZGB) oder Damnationslegate (Art. 968 ff ZGB) zur Verfügung. Beide Wege hatten Nachteile aus der Sichtweise des Testators, der erfahrungsgemäß sein Vermögen auf eine bestimmte Weise verteilen will.
Bei einem Damnationslegat erlangt der Vermächtnisnehmer ausschließlich einen Anspruch auf eine Vermögensleistung. Dieser Anspruch verjährt (Art. 981 ZGB) und muss entweder vertraglich erfüllt werden oder auf dem Prozessweg durchgesetzt werden. Beides ist problematisch, wenn die Erbengemeinschaft größer ist, wenn Miterben im Ausland wohnen oder die Handlungsfähigkeit der Erbengemeinschaft aus anderen Gründen beeinträchtigt ist. Zur vertraglichen Übertragung von Immobilieneigentum in Erfüllung eines Damnationslegats ist darüber hinaus die notarielle Beurkundung notwendig (Art. 158 ZGB), sodass solch ein Vermögenstransfer mit zusätzlichen Kosten verbunden ist.
Auch die Einsetzung des Bedachten zum Erben lässt den Testator oft unzufrieden. Der Testator muss in dieser Variante seine Vorstellung der Aufteilung der Nachlassgegenstände abstrakt ausdrücken und in Bruchteile umrechnen. Teilungsanordnungen waren und sind nach wie vor dem polnischen Erbrecht unbekannt. Gesetzlich ungeregelt, im Schrifttum umstritten und in der notariellen Praxis nicht angewendet bleiben auch Schenkungen...