Erbrecht, Gesellschaftsrecht und Steuerrecht
Dr. Thomas Wachter
zerb verlag 2012, 370 Seiten, broschiert, 49,– EUR
Eine Dissertation steht in der Regel am Anfang einer (wissenschaftlichen) Laufbahn. Ausnahmen bestätigen aber bekanntlich die Regel. So ist es mit Wachters Arbeit zu den GmbH-Anteilen im Erbfall. Ein ganz besonders ausgewiesener Praktiker und Wissenschaftler hat hier seine Dissertation vorgelegt, die beeindruckt. Es macht eben einen Unterschied, ob wir z. B. etwa den x-fachen theoretischen Aufguss zur Doppelstiftung, zur Stiftung in der Unternehmensnachfolge oder zum Steuersparen mit Stiftungen lesen, der dann leider oft mit der Praxis herzlich wenig zu tun hat und ob der jungen Jahre der Autorin/des Autors (naturgemäß!) von Erfahrung wenig oder gar nicht geprägt ist/sein kann. Oder ob wir eine Arbeit eines gestandenen und rechtswissenschaftlich herausragenden Kollegen lesen, der auf langjährige Praxiserfahrungen zurückblicken kann. (Es ist genau betrachtet "unfair" eine solche Dissertation mit der eines Jungjuristen zu vergleichen.)
Wachters Dissertation betrifft über 1,0 Mio. GmbHs und gegen 70.000 (haftungsbeschränkte) Unternehmergesellschaften, wie der Autor in seiner Einführung betont. Wobei über ein Drittel aller Unternehmensumsätze in Deutschland auf diese Rechtsform entfallen. In 5 % aller Nachlässe sollen sich GmbH-Anteile befinden. Die praktische Wichtigkeit des Themas liegt damit auf der Hand.
Wachter betrachtet in seiner Arbeit das Erbrecht, das Gesellschaftsrecht und das Steuerrecht bei den GmbH-Anteilen im Erbfall. Das ist eine ebenso erfreuliche wie unumgängliche Gesamtbetrachtung. Sehr zu Recht kritisiert Wachter (Rn 6 f) "die Zersplitterung des Unternehmenserbrechts auf mehrere, voneinander getrennte Rechtsgebiete", die sich auch im wissenschaftlichen Schrifttum widerspiegele, wozu er auf zivilrechtliche und steuerrechtliche Monographien verweist. Der Erbfall als Ganzes werde nicht im Blick behalten. Man möchte ergänzen, dass das in Deutschland leider einhergeht mit einer "Fachanwaltmanie (Fachanwalt für Erbrecht, … für Steuerrecht, etc.). Dabei geht vielfach der Blick auf die Lebenssachverhalte verloren. Diese Art der fachlichen Spezialisierung führt dann in der Praxis in einem ohnehin wirklich anspruchsvollen Beratungsbereich leider nicht selten zu einem einseitigen und damit fehlerhaften Blick auf den konkreten Fall. "
Vor diesem Hintergrund richtet Wachter seinen Blick zunächst auf das gesetzliche Regelungsmodell und zwar zivilrechtlich und steuerrechtlich, wobei er durchgängig die Anforderungen der Praxis, die er eben langjährig erfahren hat, im Sinne der Rechtssicherheit und Streitvermeidung besonders beachtet (Beispiel: Rn 92 – Legitimation und Erbnachweise). Daraus ableitend betrachtet der Autor die vertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten. Seine Ergebnisse fasst er "klassisch" auf 15 Seiten in zahlreichen Thesen, aber auch in Formulierungsvorschlägen für die Gestaltung einer GmbH-Satzung in Bezug auf die Erbfolge zusammen. Dabei wenden sich die ausführlichen Satzungsklauseln u. a. auch an die Geschäftsführung und an die Gesellschafterversammlung und geben konkrete Handlungsanweisungen.
Wer aus der Beratung bei der Gestaltung von Gesellschaftsverträgen die häufigen Diskussionen über wohltuende Ausführlichkeit einerseits und unsinnige Länge von Gesellschaftsverträgen andererseits kennt und wer zahlreiche inhaltsleere, nicht auf den speziellen Sachverhalt passende, einfach von irgendwoher übernommene "GmbH-Mustersatzungen" in späteren Streitfällen gelesen hat, weiß die Vorschläge (!) von Wachter besonders zu schätzen. Führen doch die nicht aussterbenden Hinweise "Das steht doch im Gesetz" oder "Das sagt doch der BGH" nicht wirklich weiter. Welcher Laie kennt schon das Gesetz oder gar die Rechtsprechung? Da ist eine GmbH-Satzung, die sagt, was zu tun ist, was geht und was nicht, schon wirklich hilfreich.
Hier ist nicht der Raum, um auf die zahlreichen einzelnen Rechts- und Steuerfragen einzugehen, die Wachter in seinem sehr gut lesbar geschriebenen Buch behandelt hat. Nur der Vollständigkeit halber will ich kurz erwähnen, dass Wachter uns alles, was er vorschlägt, in der von ihm gewohnten Art gründlich belegt und begründet (Beispiel: Rn 710 ff zu "Besonderheiten bei mehreren Nachfolgern"). "1351 Fußnoten" auf 355 Textseiten sprechen auch eine deutliche Sprache, wenngleich natürlich nicht nur die Zahl zählt.
Was gibt es zu bemängeln? Nichts. Es gibt nur einen Vorschlag: Die vorweggenommene Erbfolge behandelt Wachter (noch) nicht (Rn 8). Es wäre sehr zu wünschen, dass wir dazu künftig eine ähnlich profunde Monografie von ihm lesen.
Mein Fazit zur Wachters Dissertation für alle, die erbrechtlich tätig sind:
Kaufen, lesen, schmökern und als Nachschlagewerk immer zur Hand haben! Mit anderen Worten: Jeder Erbrechtler, der mit dem Thema der GmbH-Übertragung in Berührung kommt, sollte Wachters Buch zu den GmbH-Geschäftsanteilen im Erbfall jederzeit griffbereit haben!
Autor: Dr. K. Jan Schiffer
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