Es ist ein großes Verdienst von Wendt, dass er im Unterschied zu zahlreichen Stellungnahmen aus der erbrechtlichen Beratungspraxis den Zweck der hier interessierenden Gestaltungen ohne Umschweife beim Namen nennt: Es geht dabei jeweils darum, Bedürftigen Begünstigungen zu verschaffen, "die ohne solche Umwege von Sozialhilfeträgern abgegriffen würden". Weiter heißt es bei Wendt: "Denn es gilt in erster Linie uneingeschränkte Pflichtteilsansprüche auszuschließen, weil diese ohne Weiteres gemäß § 93 SGB XII (...) überleitbar sind, sodass den so Bedachten angesichts bereits erhaltener Sozialhilfeleistungen in erheblichem Umfang regelmäßig nichts davon zugute kommt." Klarer kann man es kaum formulieren.
Diese Klarstellung durch Wendt ist deshalb so wichtig, weil es bis in die jüngste Zeit hinein im Schrifttum immer wieder unternommen worden ist, diesen Zweck in der Diskussion zu verschleiern. So haben Bengel/Spall behauptet, beim Behindertentestament gehe es vielmehr in erster Linie darum, die Lebensverhältnisse des Kindes zu verbessern; der Schutz vor dem Zugriff des Sozialhilfeträgers sei "weniger Ziel als vielmehr Reflex".
Auch Dreher/Görner machen geltend, aus Sicht der Erblasser bilde der Ausfall von Sozialversicherungsträgern "einen bloßen, rechtlich aber unumgänglichen Reflex". Sie sehen sich darin durch eine Wendung in dem aktuellen Urteil des BGH zum Behindertentestament bestätigt. Darin heißt es, dass diese Gestaltung "Ausdruck der sittlich anzuerkennenden Sorge für das Wohl des Kindes" sei. Indessen kann darin keine Bestätigung für die Behauptung erblickt werden, die Zugriffsvereitelung sei nicht Zweck, sondern nur Reflex. Im Gegenteil: Die Begünstigung des Kindes soll gerade dadurch erreicht werden, dass der Zugriff des Sozialhilfeträgers vereitelt wird.
Anders gewendet: Die Zugriffsvereitelung muss angestrebt werden, um den damit verbundenen Vorteil für das Kind zu sichern. Es ist mithin nicht etwa so, dass eine unter ganz anderen Aspekten als der Zugriffsvereitelung gewählte Gestaltung auch diese Nebenfolge mit sich bringt. Die Behauptung, es handele sich dabei nur um einen Reflex, begegnet nicht zuletzt deshalb durchgreifenden Zweifeln, weil die gesamte Konstruktion etwa des Behindertentestaments ohne den drohenden behördlichen Zugriff überflüssig wäre. Auch das notarielle Schrifttum bestätigt vielfach die von Wendt geäußerte Einschätzung.
Von dem somit klargestellten Zweck der Gestaltungen zu unterscheiden ist die Frage, wie das Motiv, infolge der Zugriffsvereitelung dem Kind einen zusätzlichen Vorteil zukommen zu lassen, zu bewerten ist. Die Antwort dürfte unstreitig sein: Es geht dabei für sich genommen, wie Wendt völlig zutreffend feststellt, um ein sittlich anzuerkennendes Anliegen. Die Frage ist nur, welches Gewicht diesem anerkennenswerten Motiv gegenüber einem anstößigen Vertragszweck zukommt.