Sollten sich die Finanzbehörden und -gerichte dieser Lösung anschließen, kann diese aber nur von vorübergehender Natur sein. Nicht nur, dass es die aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG resultierenden Verfassungsgrundsätze der Rechts- und Normenklarheit gebieten, den in § 51 Abs. 2 AO verankerten "strukturellen Inlandsbezug" im Wege einer Gesetzesänderung unionsrechtskonform zu überarbeiten, vielmehr dürfte eine gesetzliche Neukonzeption auch gerade den fiskalpolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland entsprechen. Schließlich hat der EuGH in der "Stauffer"-Entscheidung zumindest angedeutet, dass es sich in den Grenzen des Unionsrechts als zulässig erweisen kann, für die gemeinnützige Zweckverfolgung und daran anknüpfende Steuerbefreiungen einen gewissen Inlandsbezug zu verlangen. Inwiefern Inlandserfordernisse aber konkret erlaubt sein sollen, hat der EuGH nicht näher konkretisiert.
Reformüberlegungen sollten jedenfalls von einem pauschalen Inlandsbezug im Gemeinnützigkeitsrecht, wie er derzeit in § 51 Abs. 2 AO für alle im Katalog des § 52 AO aufgeführten gemeinnützigen Zwecke gefordert wird, Abstand nehmen. Es dürfte nahezu unmöglich sein, eine diskriminierungsfreie und damit grundfreiheitskonforme Anwendung eines pauschalen Inlandsbezugs zu wahren, sind es doch in erster Linie, wie aufgezeigt, ausländische Körperschaften, die durch eine territoriale Begrenzung der Gemeinnützigkeitsförderung benachteiligt werden. Zudem hätte ein pauschaler Inlandsbezug, selbst wenn er für in- und ausländische Körperschaften gleichermaßen gelten würde, zur Konsequenz, dass auch inländischen Körperschaften gemeinnützige Tätigkeiten über die Grenze versagt blieben. Schließlich könnten diese aus Sorge des Verlusts ihres Gemeinnützigkeitsstatus und der daran anknüpfenden Steuerbefreiungen auf ein philanthropisches Auslandsengagement verzichten. Bedenkt man, dass die Gemeinnützigkeit auch ein Mittel "staatlicher Imagepflege" ist, würde eine Untersagung grenzüberschreitender Gemeinnützigkeit einen Imageverlust für die Bundesrepublik Deutschland bedeuten, was mitnichten den Interessen des Steuergesetzgebers entsprechen dürfte.
Rechtspolitisch zielführend könnte vor diesem Hintergrund die Einführung eines nur partiellen Inlandsbezugs sein, der nur bestimmte im Katalog des § 52 AO genannte gemeinnützige Zwecke auf eine inländische Zweckverfolgung begrenzt, andere Zwecke hingegen einer Verfolgung auch im Ausland zugänglich macht. So erscheint es überlegenswert, für die steuerliche Förderung bestimmter Zwecke, die bereits ihrem Charakter nach auf eine in erster Linie nationale Verwirklichung angelegt sind, einen Inlandsbezug zu fordern, andere Zwecke, denen eine internationale Ausrichtung immanent ist, hingegen auch dann steuerlich zu fördern, wenn sie im Ausland verwirklicht werden.
Die gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit bei der Frage, für welche gemeinnützigen Zwecke des § 52 AO eine inländische Zweckverwirklichung konkret eingefordert werden soll, dürfte aber auch hier unionsrechtlich begrenzt sein. Schließlich hat der EuGH in den Entscheidungen "Laboratoire Fournier" und "Jundt" verdeutlicht, dass selbst eine diskriminierungsfreie und damit grundfreiheitskonforme Unterscheidung nach dem Ort der steuerbegünstigten Tätigkeit nur noch in solchen Bereichen zulässig ist, in denen die Mitgliedstaaten sich nicht zu einer verstärkten Zusammenarbeit verpflichtet haben. Hiernach solle insbesondere in den Bereichen "Forschung" und "Bildung" eine steuerliche Förderung nur inländischer Tätigkeiten unzulässig sein; Ziele der Unionspolitik, denen auch das nationale Gemeinnützigkeitsrecht, sofern es eine steuerliche Förderung dieser Ziele vorsieht, dadurch Geltung zu verschaffen hat, indem es nicht nur Forschungs- und Bildungstätigkeiten im Inland, sondern auch solche, die im EU/EWR-Ausland durchgeführt werden, steuerlich fördert. Entsprechendes dürfte etwa in den Bereichen "Kultur", "Gesundheitswesen" oder "Umwelt" gelten, sodass dem Gesetzgeber angesichts des breiten Spektrums der im EUV/AEUV verankerten Unionspolitiken für einen unionsrechtskonformen Inlandsbezug nur ein "kleiner Korridor" verbleiben dürfte.