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Gemeinnützige Körperschaften genießen in Deutschland zahlreiche Steuerprivilegien. Inwiefern auch ausländische gemeinnützige Körperschaften von den steuerlichen Privilegien profitieren können, ist fraglich. Die Verfasser untersuchen anhand eines Fallbeispiels die Möglichkeiten und Grenzen für ausländische gemeinnützige EU/EWR-Körperschaften, die gemeinnützigkeitsabhängige Steuerbefreiung des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG für im Rahmen der beschränkten Körperschaftsteuerpflicht in Deutschland erzielte Einkünfte zu beanspruchen. Sie zeigen auf, dass sich ausländische EU/EWR-Körperschaften sowohl in formellrechtlicher, als auch in materiellrechtlicher Hinsicht mit zahlreichen Hindernissen zur Beanspruchung der Körperschaftsteuerbefreiung kraft Gemeinnützigkeit konfrontiert sehen. Ob sich diese Hindernisse mit dem europäischen Integrationsprozess, insbesondere den Grundfreiheiten des AEUV, vereinbaren lassen, stellt einen Schwerpunkt der nachfolgenden Untersuchung dar.
I. Einführung in das Problemfeld
Die fortschreitende Globalisierung macht auch vor dem Gemeinnützigkeitsrecht nicht halt. Gemeinnützige Körperschaften engagieren sich in zunehmendem Maße über nationale Binnengrenzen hinweg, was bei einer bislang nahezu vollständig ausgebliebenen Internationalisierung des Gemeinnützigkeitsrechts zu Unzulänglichkeiten führt. Folglich hat sich auch der EuGH in den letzten Jahren vermehrt mit der Frage nach der Unionsrechtskonformität der mitgliedstaatlichen Regelungen zur Gemeinnützigkeit in seiner Judikatur befassen müssen. Exemplarisch seien hierfür nur die Entscheidungen in den Rs. "Stauffer", "Jundt" und "Persche" genannt.
Im Anschluss an die Entscheidung "Stauffer" sah sich der deutsche Gesetzgeber gezwungen, die bis dahin auf unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften beschränkte Steuerbefreiung aufgrund Gemeinnützigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG auch für beschränkt steuerpflichtige Körperschaften zu öffnen. Mit dem JStG 2009 hat § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG hierzu entsprechende gesetzliche Nachjustierungen erfahren. Demnach sind nunmehr auch gemeinnützige Körperschaften, die nach den Rechtsvorschriften eines EU/EWR-Mitgliedstaats gegründet worden sind, in einem solchen Staat ihren Sitz und den Ort ihrer Geschäftsleitung haben und dieser Staat mit der Bundesrepublik Deutschland ein Amtshilfeabkommen unterzeichnet hat, ebenfalls von der Körperschaftsteuer befreit, sofern die allgemeinen Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit nach den §§ 51 ff AO erfüllt werden.
Die Erfüllung der Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit nach den §§ 51 ff AO ist Grundlage für zahlreiche Steuervergünstigungen. Dazu zählen im Wesentlichen neben der Steuerbefreiung von Körperschaften nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG und § 3 Nr. 6 GewStG auch die Anerkennung als mögliche Empfänger von steuerbefreiten Spenden nach § 10 b Abs. 1 EStG, § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG und § 9 Nr. 5 GewStG. Der vorliegende Beitrag untersucht die gemeinnützigkeitsrechtlichen Voraussetzungen, mit denen eine ausländische gemeinnützige Körperschaft konfrontiert ist, wenn sie die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG für sich beanspruchen will. Dabei wird insbesondere der – ebenfalls mit dem JStG 2009 – als zusätzliche Voraussetzung in § 51 Abs. 2 AO verankerte "strukturelle Inlandsbezug" behandelt und seine Voraussetzungen im nationalrechtlichen sowie im unionsrechtlichen Kontext kritisch beleuchtet.
II. Fallbeispiel
Eine in Griechenland als gemeinnützig anerkannte Stiftung (κοινωφελές ίδρυμα = kinofeles idryma) mit Sitz und Geschäftsleitung in Athen betreibt in Griechenland Alten- und Pflegeheime. Bisher hat die Stiftung einen Teil ihres Vermögens im Rahmen privater Vermögensverwaltung in griechische Staatsanleihen und griechische Immobilienfonds angelegt. Aufgrund der nun schon seit einigen Jahren anhaltenden Wirtschafts- und Finanzmarktkrise und der dadurch bedingten großen Verluste ist sie gezwungen, sich nach anderweitigen Anlagemöglichkeiten umzusehen. Eine vielversprechende Möglichkeit bietet die Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds in Deutschland, der aufgrund steigender Mietpreise nicht nur eine hohe Rendite, sondern gleichzeitig auch eine große Sicherheit verspricht. Der Fonds ist als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gegründet worden und erzielt Einkünfte iSd § 21 EStG aus der Vermietung einer in Deutschland belegenen Immobilie.
Beteiligt sich die griechische Stiftung an dem geschlossenen I...