Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –).
Die Auffassung des FG, die Klägerin erhalte von ihrem Bruder, dem Beigeladenen, eine mit dem Ertragsanteil steuerbare Leibrente, hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Eine Rechtsgrundlage für die Besteuerung eines etwaigen Zinsanteils ergibt sich weder aus § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG noch aus § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Satz 3 bzw. Nr. 3 EStG.
1. Zutreffend geht das FG davon aus, dass die von der Klägerin vereinnahmten Bezüge keine wiederkehrenden Leistungen aus einer Vermögensübergabe im Wege vorweggenommener Erbfolge gegen Versorgungsleistungen darstellen und damit nicht gemäß § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG steuerbar sind. Nach Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls ist das FG zu der Auffassung gelangt, die Zahlungen des Beigeladenen dienten im Ergebnis der vermögensrechtlichen Gleichstellung der Klägerin mit ihrem Bruder, dem Beigeladenen, nicht aber der Versorgung der Klägerin. An diese Würdigung ist der Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden. Denn die tatrichterliche Überzeugungsbildung der Vorinstanz (§ 96 Abs. 1 FGO) ist nur insoweit revisibel, als Verstöße gegen die Verfahrensordnung, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze vorliegen (ständige Rechtsprechung, Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 118 Rn 30; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 118 FGO Rn 87, mwN). Solche Verstöße sind im Streitfall nicht erkennbar. Sind – wie im Streitfall – Empfänger der wiederkehrenden Leistungen die Geschwister des Übernehmers, besteht die widerlegbare Vermutung, dass diese nicht versorgt, sondern gleichgestellt werden sollen (vgl. BFH-Urteil vom 20. Oktober 1999 X R 86/96, BFHE 190, 365, BStBl II 2000, 602; ebenso Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 11. März 2010 IV C 3-S 2221/09/10004, 2010/0188949, BStBl I 2010, 227, Rn 50). Außerdem binden die vorinstanzlichen Schlussfolgerungen den BFH als Revisionsgericht schon dann, wenn sie nur möglich, d. h. vertretbar sind; sie müssen nicht zwingend sein (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BFH-Urteil vom 14. Februar 1995 IX R 95/93, BFHE 177, 95, BStBl II 1995, 462; BFH-Beschluss vom 10. Februar 2005 VI B 113/04, BFHE 209, 211, BStBl II 2005, 488).
2. Entgegen der Auffassung des FG enthalten die von der Klägerin vereinnahmten Zahlungen keinen – auch keinen pauschalierten – Zinsanteil.
a) Eine Zinspflicht gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG setzt die Überlassung von Kapital gegen Entgelt voraus. Anzusetzen sind alle Entgelte, die für eine Kapitalüberlassung im weitesten Sinne zugeflossen sind. Es muss sich entweder originär um Zinsen iSv § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG oder zumindest um Entgelt iSd § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG handeln, d. h. eine Vermögensmehrung, die bei wirtschaftlicher Betrachtung Entgelt für die Kapitalnutzung ist (BFH-Urteile vom 6. April 1993 VIII R 68/90, BFHE 172, 25, BStBl II 1993, 825; vom 14. Dezember 2004 VIII R 5/02, BFHE 209, 423, BStBl II 2005, 739, VIII R 81/03, BFHE 209, 438, BStBl II 2005, 746; vom 16. März 2010 VIII R 4/07, BFHE 229, 141, BFH/NV 2010, 1527).
Danach hat keine entgeltliche Kapitalüberlassung der Klägerin an ihren Bruder stattgefunden. Bereits mit Urteil in BFHE 229, 104, BStBl II 2010, 818 (mwN) hat der Senat entschieden, dass der vor Eintritt des Erbfalls erklärte Erb- und/oder Pflichtteilsverzicht ein erbrechtlicher – bürgerlich-rechtlich wie steuerrechtlich unentgeltlicher – Vertrag ist, der der Regulierung der Vermögensnachfolge dienen soll und der Einkommensteuer nicht unterliegt. Anders wäre die Rechtslage nur zu beurteilen, wenn der Erbfall bereits eingetreten ist und die Klägerin als Pflichtteilsberechtigte von ihrem Bruder, dem Beigeladenen, unter Anrechnung auf ihren Pflichtteil wiederkehrende Leistungen erhielte (BFH-Urteil in BFHE 229, 104, BStBl II 2010, 818). In einem solchen Fall wäre das Merkmal der Überlassung von Kapital zur Nutzung iSv § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG jedenfalls dann erfüllt, wenn die Klägerin rechtlich befugt gewesen wäre, den niedrigeren Barwert im Rahmen ihres Pflichtteilsanspruchs geltend zu machen (BFH-Urteil vom 26. November 1992 X R 187/87, BFHE 170, 98, BStBl II 1993, 298). So liegt der Streitfall jedoch nicht.
Gegen eine entgeltliche Kapitalüberlassung zur Nutzung spricht ferner, dass sich die Klägerin im Überlassungsvertrag zwar damit einverstanden erklärt hat, zur Gleichstellung mit ihrem Bruder keine Sofortzahlung, sondern eine monatlich im Voraus zu zahlende lebenslange Rente zu akzeptieren. Die Höhe dieser Rente orientierte sich indes an dem im Vertrag genannten Basisbetrag von 800.000 DM, der den Wert des auf die Klägerin entfallenden Erbteils widerspiegeln sollte, sowie an der statistischen Lebenserwartung der Klägerin, die im Zeitpunkt des Todes ihres Vaters entsprechend der damals gültigen Sterbetafel 29,71 Jahre betrug. Wenn die Klägerin und der Beigelad...