Im Folgenden sollen Beispiele hinsichtlich der Bewertung von Wart- und Pflegeverpflichtungen in Übergabeverträgen bei sonstigen Störfällen berechnet werden. Soweit ein fixer Ersatzbetrag als Ablösesumme an den Berechtigten zu zahlen ist, greift ein Unsicherheitskriterium, denn es ist nicht klar ob und wie sich die Bedarfslage des Berechtigten in Zukunft ändern wird. Daher kann für die angemessene Bewertung nur eine reine Risikoberechnung vorgenommen werden. Es sei denn, eine Bedarfslage liegt bereits vor, dann kann diese als Ersparnisbetrag angenommen werden. Zu beachten ist immer, dass parallel dazu der reine Risikobetrag nicht unterschritten werden darf. Anders könnte man bei der Zahlung einer laufenden Geldrente vorgehen, denn diese könnte, sobald Veränderungen bei der Bedarfslage auftreten, jeweils angepasst werden. So ermöglicht der Bewertungsansatz auch hier eine sehr differenzierte Herangehensweise an die Wertermittlung. Exemplarisch wird ein Beispiel für die Ablösung einer Wart- und Pflegeverpflichtung gewählt sowie ein Beispiel für die Festlegung eines Wertes für die Wart-Pflegeverpflichtung nach § 46 ZVG in der Zwangsvollstreckung.
a) Beispiel (einvernehmliche Ablösung der Wart- und Pflegeverpflichtung):
Die Übergeberin hat an ihren Sohn eine Immobilie übergeben, sich jedoch im Gegenzug eine Wart- und Pflegeverpflichtung einräumen lassen. Fünf Jahre nach der Übertragung kommt es zu einem tiefen Zerwürfnis zwischen der Übergeberin und dem Sohn. Eine zukünftige Versorgung der Übergeberin durch den Sohn respektive durch dessen Familie ist für beide Parteien undenkbar. Die Übergeberin ist zu diesem Zeitpunkt 79 Jahre alt. Ein Bedarf liegt bei ihr noch nicht vor. Die Parteien kommen überein, dass die Wart- und Pflegeverpflichtung durch eine angemessene Einmalzahlung abgelöst werden soll. Das Übergabeobjekt liegt in Hessen.
Der typische Lebenserwartungszeitraum läuft nach den abgezinsten Vervielfältigern zu § 14 BewG 7,615 Jahre und daher bis zum Alter der Übergeberin von 86,615 Jahren. Da noch kein Bedarf vorliegt, ist der angemessene Jahresbetrag das reine Risiko des gewichteten durchschnittlichen Ersparnisbetrages für Hessen, der bei 1.001,00 EUR pro Monat und pro Jahr bei 12.012,00 EUR liegt. Der typische Lebenserwartungszeitraum ist hinsichtlich des Risikos aufzuteilen. Damit fallen vier Jahre in den Alterskorridor von 70–75 Jahren, weitere fünf Jahre in den Alterskorridor von 75–80 Jahren sowie zuletzt 1,615 Jahre in den Alterskorridor von 80–85 Jahren der Risiko- und Hilfsbedürftigkeitstabelle 2011. Die Risikoprozentsätze sind dann die folgenden:
1 Jahr entfällt auf den Alterskorridor |
75–80 Jahren: |
18,43 % |
5 Jahre entfallen auf den Alterskorridor |
80–85 Jahren: |
40,19 % |
1,615 Jahre entfallen auf den Alterskorridor |
85–90 Jahren: |
73,54 % |
Der bei Ablösung verbleibende typische Lebenserwartungszeitraum von 7,615 Jahren wird dann entsprechend aufgeteilt:
1 x 18,43 % von 12.012,00 EUR |
= 2.213,81 EUR |
5 x 40,19 % von 12.012,00 EUR |
= 24.138,11 EUR |
1,615 x 73,54 % von 12.012,00 EUR |
= 14.266,30 EUR |
Daraus wird dann die Summe gebildet, um den reinen Risikobetrag zu ermitteln = 40.618,22 EUR. Damit wären 40.618,21 EUR als angemessene Ablösesumme anzusetzen.
b) Beispiel (Wart- und Pflegeverpflichtungen in der Zwangsvollstreckung):
Die Eheleute Müller übergeben ihre Immobilie an den Sohn, lassen sich jedoch ein Wart- und Pflegeverpflichtung eintragen. Im Zuge der Insolvenz des Sohnes kommt auch die Immobilie in die Zwangsvollstreckung. Zur Bestimmung des geringsten Gebotes ist ein angemessener Geldbetrag für die Wart- und Pflegeverpflichtungen zu finden. Herr Müller ist 78 Jahre alt, seine Ehefrau ist 74 Jahre alt. Bei beiden liegt noch kein Bedarf vor. Die Immobilie liegt in Rheinland-Pfalz. Als Besonderheit liegen hier nun zwei verschiedene Wart- und Pflegeverpflichtungen für die beiden Übergeber vor, die zunächst getrennt ermittelt werden, um dann für das geringste Gebot zusammengerechnet zu werden. Es zählt also nicht etwa nur die teuerste Wart- und Pflegeverpflichtung allein. Beide Werte bestehen und müssen summiert werden. Da bei keinem der beiden Übergeber ein Bedarf vorliegt, ist bei beiden Berechtigten das reine Risiko zu ermitteln.
aa) Bewertung der Wart-und Pflegeverpflichtung des Ehemannes
Der Typische Lebenserwartungszeitraum läuft nach den abgezinsten Vervielfältigern zu § 14 BewG 7,032 Jahre und daher von 78 Jahren bis zum Alter des Übergebers von 85,032 Jahren. Da noch kein Bedarf vorliegt, ist der angemessene Jahresbetrag das reine Risiko des gewichteten durchschnittlichen Ersparnisbetrages für Rheinland-Pfalz, der bei 735,00 EUR pro Monat und bei 8.820,00 EUR pro Jahr liegt.
Der typische Lebenserwartungszeitraum ist hinsichtlich des Risikos aufzuteilen. Damit fallen zwei Jahre in den Alterskorridor von 75–80 Jahren und 5,032 Jahre in den Alterskorridor von 80–85 Jahren der Risiko- und Hilfsbedürftigkeitstabelle 2011. Die Risikoprozentsätze sind dann die folgenden:
2 Jahre entfallen auf den Alterskorridor |
75–80 Jahren: |
15,62 % |
5,032 Jahre entfallen auf den Alterskorridor |
80–85 Jahren: |
29,13 % |
Der bei Festse...