Erbschaftsteuerlicher Reformbedarf besteht auch für Privatvermögen – Überlegungen zu einer verhältnismäßigen Ehe- und Lebenspartnerbesteuerung
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Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 17.12.2014 (1 BvL 21/12) zwar die Verfassungswidrigkeit von erbschafts- und schenkungsteuerlichen Verschonungsregeln für Betriebsvermögen festgestellt, aber zugleich erkennen lassen, dass es diese Steuerart grundsätzlich für verfassungskonform hält und der Gesetzgeber insoweit einen relativ weit gefassten Gestaltungsspielraum habe. Wer auf eine gewandelte Erkenntnis des Gerichts gehofft hatte, bei der Erbschafts- und Schenkungsteuer handele es sich de facto um einen enteignungsgleichen Eingriff in das Eigentum und Vermögen der Bürger und sie wirke wie deren "Bestrafung für ihre Vermögensbildung" und sei daher abzuschaffen, ist enttäuscht worden. Seine Hoffnungen müssen sich jetzt darauf beschränken, dass der Gesetzgeber in Verbindung mit der ihm vom BVerfG bis zum 30.6.2016 auferlegten Reform der Besteuerung von Betriebsvermögen, auch für Privatvermögen das in der Reform 2008/9 Fehlende oder mangelhaft Geregelte korrigiert. Hier ist vor allem wichtig, die grundsätzlich fragwürdige Erbschaftsbesteuerung von Ehe-(und Lebens-)partnern nach Maßgabe der Verhältnismäßigkeit neu zu überdenken und zu regeln.
I. Wegfall der Ehegattenbesteuerung nach dem Vorbild vieler Partnerstaaten ?
Eigentlich sollte dieses "Mehr" an Verhältnismäßigkeit darin bestehen, Ehepartner (und eingetragene Lebenspartner) von einer Erbschafts- und Schenkungsbesteuerung ganz zu verschonen, wie das bereits in der überwiegenden Zahl der andern EU-Staaten geschehen ist. Die gegenwärtig herrschende parteipolitische "Großwetterlage" in Deutschland würde das bei nüchterner Betrachtung voraussichtlich aber nicht zulassen. Daher werden sich die gesetzgebenden Instanzen neben der verfassungsgerechten Bereinigung der Verschonungsregeln für die Betriebsvermögen, bei den Privatvermögen auf gesetzestechnische und inhaltliche "Reparaturarbeiten" zu beschränken haben. Wie die folgenden Überlegungen und konkreten Vorschläge für gesetzestextliche Formulierungen zeigen werden, könnten solche "Reparaturen" die Verhältnismäßigkeit der Erbschaftsbesteuerung von Ehe- und Lebenspartnern wenigstens anheben.
II. Ausgangspunkt: Steuerverschonung des selbst genutzten Familienheims
Unsere Überlegungen gehen von einem speziellen Schwachpunkt des Gesetzes aus, der bei der Reform 2008/9 rechtspolitisch und im Hinblick auf Art. 3 GG offenkundig übersehen worden ist: Es handelt sich um die steuerliche Verschonung des Familienheimes in § 13 Abs. 1 Nr. 4 b ErbschStG und die damit verbundene Auflage der 10-jährigen Weiternutzung durch den überlebenden Partner. Bei der "Erfindung" dieser Auflage scheint im Gesetzgebungsprozess niemand bemerkt zu haben, dass sie in der Mehrzahl der Erwerbsfälle unerfüllbar und daher auch rechtlich obsolet ist: Ein Erblasser und dessen Ehepartner gehören überwiegend der gleichen Altersstufe an. Der Überlebende ist daher in der Regel aus Altersgründen und weil er die bisherige Familienwohnfläche nicht mehr allein bewirtschaften und bewältigen kann, oder schlicht wegen drohender "Vereinsamung" gezwungen, während der 10-Jahresfrist in eine kleinere Wohneinheit oder in die Nähe seiner Angehörigen zu wechseln, ohne dass dabei zugleich die gesetzlichen Voraussetzungen (Krankheit, Pflegebedürftigkeit) für die endgültige Freistellung von der Erbschaftsteuer bei Auszug aus dem ererbten Familienheim vor Ablauf der Frist vorliegen würden. Auf den Punkt gebracht, enthält diese seinerzeit unter dem Motto "Omas kleines Häuschen soll unversteuert vererbt werden" beworbene gesetzliche Regelung ein falsches Etikett und bedeutet zugleich und nicht zuletzt eine Diskriminierung z. B. der etwa altersgleichen "Erst- und Einehe-Partnerin" gegenüber der oft um Jahrzehnte jüngeren Partnerin von "Zweit- oder Drittehen". Diese hätte im allgemeinen keine vergleichbaren Probleme, die erbschaftsteuerliche 10-Jahresfrist "aus- und abzuwohnen", nicht selten sogar zusammen mit einem neuen Partner. Die Forderung kann in diesem Kontext daher nur lauten, die 10-Jahresfrist ersatzlos zu streichen.
III. Steuerverschonung des Familienheims verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz
Die Problematik dieser 10-jährigen Haltefrist entfiele allerdings, wenn der Gesetzgeber zugleich erkennen würde,...