Die zulässige Klage ist begründet. (...)
I. Die Begründetheit der Klage ist auf der Basis deutschen Rechts zu prüfen, denn gemäß Art. 6 Abs. 1 ROM-I-VO ist deutsches Recht anzuwenden, weil bei einem Verbrauchervertrag das Recht des Staates Anwendung findet, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn der Unternehmer seine Tätigkeit dort ausübt, insbesondere der Vertrag über eine im Verbraucherstaat abrufbare Website des Unternehmers abgeschlossen wurde (vgl. Groll, Praxis-Handbuch Erbrechtsberatung, XVII, Der digitale Nachlass, Rn 17). Vorliegend geht es darum, dass die Klägerin Rechte aus einem mit der Beklagten geschlossenen Vertrag – wenn auch als Erbin – geltend macht und die Klägerin ebenso wie ihre Tochter ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort in Deutschland hat bzw. hatte.
II. Die Klage ist bereits hinsichtlich des Hauptantrags begründet. Der Klägerin und dem Vater der Erblasserin als Erbengemeinschaft steht ein Anspruch auf Zugang in das Benutzerkonto "Xxxx” ihrer verstorbenen Tochter aus dem auf sie im Wege der Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 1922 BGB übergegangenen Nutzungsvertrag mit der Beklagten zu. Zwar kann an die Erben nicht das Eigentum an den Servern übergehen, weil diese nicht im Eigentum der Erblasserin standen. Allerdings hatte die Erblasserin aufgrund eines Vertrages mit der Beklagten, das Recht, auf diese Server zuzugreifen, und dieses Recht ist zusammen mit dem bestehenden Vertragsverhältnis auf die Erben der Erblasserin übergegangen. Auch dieses Vertragsverhältnis ist Vermögen im Sinne des § 1922 BGB. Ein weiterer sachenrechtlicher Bezug bzw. eine Materialisierung der Kommunikationsinhalte ist für die Vererbbarkeit von Ansprüchen aus Verträgen nicht erforderlich. "
1. Bei dem zwischen der Beklagten mit der Erblasserin geschlossenen Vertrag zur Nutzung der Xxxx-Dienste handelt es sich um einen schuldrechtlichen Vertrag mit miet-, werk- und dienstvertraglichen Elementen (vgl. Bräutigam, MMR 2012, 635, 649). Dass keine Geldleistung vom Nutzer geschuldet wird, steht der schuldrechtlichen Natur nicht entgegen (vgl. Brinkert/Stolze/Heidrich, Der Tod und das soziale Netzwerk, ZD 2013, 153, 154). Die sich aus diesem Vertrag ergebenden Rechte und Pflichten, mithin auch das Recht, Zugang zu dem Nutzerkonto zu haben, sind im Wege der Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 1922 BGB auf die Erbengemeinschaft übergegangen, denn das Prinzip der Gesamtrechtsnachfolge gilt auch für die höchstpersönlichen Daten im digitalen Nachlass des Erblassers (vgl. Groll, aaO, Rn 12; Steiner/Holzer, Praktische Empfehlungen zum digitalen Nachlass, ZEV 2015, 262, 263; Pruns, Keine Angst vor dem digitalen Nachlass!, Erbrechtliche Grundlagen – Alte Probleme in einem neuen Gewand?; NWB 2013, 3161, 3167; Klas/Möhrike-Sobolewski, Digitaler Nachlass – Erbenschutz trotz Datenschutz, NJW 2015, 3473, 3474; Stellungnahme des Deutschen Anwaltsvereins durch die Ausschüsse Erbrecht, Informationsrecht und Verfassungsrecht zum Digitalen Nachlass, S. 5, 16 Fn 1, 51, 55 f, die eine gesetzliche Änderung des TKG fordert), insbesondere auch in Bezug auf die Vertragsverhältnisse mit sozialen Netzwerken wie Xxxx (vgl. Herzog, Der digitale Nachlass – ein bisher kaum gesehenes und häufig missverstandenes Problem, NJW 2013, 3745, 3747 ff).
Die Ansicht, nach der nur die vermögensrechtlichen Teile des digitalen Nachlasses, nicht hingegen die nicht-vermögensrechtlichen, vererblich sein sollen (vgl. Hoeren, Der Tod und das Internet – Rechtliche Fragen zur Verwendung von E-Mail- und www-Accounts nach dem Tode des Inhabers, NJW 2005, 2113, 2114 zu E-Mails; Martini, Der digitale Nachlass und die Herausforderung postmortalen Persönlichkeitsschutzes im Internet, JZ 2012, 1145, 1147 ff), ist abzulehnen, denn eine eindeutige Bestimmung des vermögensrechtlichen Charakters eines Teils des digitalen Nachlasses ist praktisch nicht möglich (vgl. Groll, aaO, Rn 13; Solmecke/Köbrich/Schmitt, MMR 2015, 291, 291). Eine solche Differenzierung ist den erbrechtlichen Regelungen des BGB auch fremd, wie sich in § 2047 Abs. 2 BGB (Vererbbarkeit von Schriftstücken mit Bezug zu den persönlichen Verhältnissen des Erblassers) und § 2373 S. 2 BGB (Vererbbarkeit von "Familienpapieren und Familienbildern") zeigt (vgl. Steiner/Holzer, ZEV 2015, 262, 263; Pruns, aaO, NWB 2013, 3161, 3166). Wenn Schriftstücke, die sich auf die persönlichen Verhältnisse des Erblassers beziehen, gemeinschaftlich bleiben, heißt das im Umkehrschluss, dass sie Teil des von der Erbengemeinschaft gemeinsam verwalteten Nachlasses sind; entsprechendes folgt daraus, dass Familienpapiere und Familienbilder beim Erbschaftskauf im Zweifel nicht als mitverkauft anzusehen sind. Diese Regelung hat nur dann einen Anwendungsbereich, wenn die Familienpapiere und Familienbilder überhaupt Teil des Nachlasses sind.
Eine unterschiedliche Behandlung des digitalen und des "analogen” Nachlasses lässt sich nicht rechtfertigen und würde dazu führen, dass Briefe und Tagebücher unabhängig von ihrem Inhalt vererblich wär...