Leitsatz
Ein Anspruch auf Ersatz der Bestattungskosten nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß den §§ 670, 677, 683 BGB gegen den totenfürsorgeberechtigten und -verpflichteten Angehörigen kann demjenigen zustehen, der die Beerdigung eines Verstorbenen veranlasst, auch wenn der Totenfürsorgeberechtigte nicht Erbe ist. § 1968 entfaltet gegenüber einem solchen Anspruch keine Sperrwirkung.
BGH, Beschluss vom 14. Dezember 2011 – IV ZR 132/11
Sachverhalt
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Erstattung von ihm verauslagter Beerdigungskosten in Höhe von 3.958,41 EUR nach dem am 20. Juni 2007 verstorbenen Erblasser in Anspruch. Die Beklagte ist eine Tochter des Erblassers, der Kläger sein Bruder. Die am 13. Dezember 1965 geborene Beklagte kannte den Erblasser, dessen Ehe mit ihrer Mutter am 23. Oktober 1965 geschieden wurde, nicht und hatte mit ihm zu Lebzeiten keinen Kontakt. Nachdem das Nachlassgericht die Beklagte am 5. März 2008 darüber unterrichtet hatte, dass sie als gesetzliche Erbin in Betracht komme, schlug sie die Erbschaft am 10. März 2008 aus. Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers.
Aus den Gründen
Die Voraussetzungen für eine Zulassung liegen nicht vor; die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552 a Satz 1 ZPO).
1. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung iS von § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zu. Dies ist nur der Fall, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (BGH, Beschluss vom 27. März 2003 – V ZR 291/02, BGHZ 154, 288, 291). Auch eine Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung wegen Divergenz nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO ist nicht geboten.
a) Voraussetzung eines Anspruchs des Klägers auf Ersatz der Beerdigungskosten gemäß § 1968 BGB ist die Erbenstellung der Beklagten. Diese hat das Berufungsgericht nicht feststellen können, da die Beklagte die Erbschaft wirksam ausgeschlagen habe. Gemäß § 1944 Abs. 1 BGB beträgt die Ausschlagungsfrist sechs Wochen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Erbe von dem Anfall und dem Grund der Berufung Kenntnis erlangt (§ 1944 Abs. 2 Satz 1 BGB). Die Beklagte hat behauptet, sie habe erstmals von einem möglichen Anfall der Erbschaft durch das Schreiben des Nachlassgerichts vom 5. März 2008 erfahren. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, der Kläger habe eine zeitlich frühere Kenntnis nicht bewiesen.
Soweit die Revision die Auffassung vertritt, die Beklagte und nicht der Kläger sei darlegungs- und beweisbelastet für die Rechtzeitigkeit der Ausschlagung, ist dies unzutreffend. Zwar trifft die Beweislast für die wirksame Ausübung des Ausschlagungsrechts, d. h. dessen Existenz, Zeitpunkt und Formwirksamkeit, denjenigen, der sich darauf beruft. Den Wegfall des Ausschlagungsrechts durch Fristablauf als rechtsfolgenvernichtende Tatsache hat dagegen derjenige zu beweisen, der sich auf den Verlust des Ausschlagungsrechts beruft (Senatsurteil vom 5. Juli 2000 – IV ZR 180/99, ZEV 2000, 401 unter 2 b; Staudinger/Otte, BGB [2008], § 1944 Rn 30; MüKo-BGB/Leipold, § 1944 Rn 29). Ein Anlass dafür, von der bisherigen Senatsrechtsprechung abzuweichen, besteht nicht.
b) Bedenken begegnet dagegen die Auffassung des Berufungsgerichts, ein Anspruch des Klägers komme auch nicht nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag gem. den §§ 677 ff BGB in Betracht.
aa) § 1968 BGB stellt keine abschließende Regelung für die Erstattung der Beerdigungskosten dar, wie § 1615 Abs. 2, § 844 Abs. 1 BGB, § 74 SGB XII oder § 75 Abs. 2 SeemG zeigen. Daher kann sich ein Anspruch auf Erstattung verauslagter Beerdigungskosten aus Geschäftsführung ohne Auftrag ergeben (Bamberger/Roth/Lohmann, § 1968 Rn 3; Soergel/Stein, § 1968 Rn 4; Palandt/Weidlich, § 1968 Rn 1; Erman/Schlüter, BGB 13. Aufl. § 1968 Rn 4). Das kommt etwa in Betracht, wenn ein nicht Totenfürsorgeberechtigter die Bestattung vorgenommen hat und Ersatz der Kosten vom Erben verlangt (vgl. OLG Saarbrücken OLGR 2002, 228).
bb) Noch nicht abschließend geklärt ist, ob ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag gegen einen Totenfürsorgeberechtigten geltend gemacht werden kann, der selbst nicht Erbe ist und auch nicht für die Bestattung gesorgt hat. Teilweise wird ein derartiger Anspruch für möglich erachtet (vgl. LG Bonn, Urteil vom 2. Juli 2009 – 8 S 122/09, bei juris für den Anspruch der nichtehelichen Lebensgefährtin des Erblassers gegen dessen Kinder; AG Neustadt/Rübenberg FamRZ 1995, 731 für den Anspruch der geschiedenen Ehefrau gegen ihren früheren Ehemann auf anteiligen Ersatz der Beerdigungskosten für ein gemeinsames Kind trotz Ausschlagung der Erbschaft durch die Eltern; MüKo-BGB/Küpper, § 1968 Rn 3). Soweit das Berufungsgericht dies mit der Begründung abgelehnt hat, dass die Toten...