I. Erbschaftsteuer aus der Perspektive der Finanzverwaltung
Nach Frau Hofmann habe der Gesetzgeber mit der Erbschaftsteuerreform 2009 versucht, den in den Beschlüssen aus den Jahren 1995 und 2006 geäußerten Vorgaben des BVerfG für ein verfassungskonformes Erbschaftsteuerrecht zu entsprechen. Was die Bewertungsebene angehe, habe der Gesetzgeber mit der Einführung einer Bewertung nach dem gemeinen Wert für alle Vermögensgegenstände diesen Vorgaben entsprochen. So kritisiere auch der BFH in seinem Vorlagebeschluss nicht die Regelungen zur Bewertung, sondern nur die vom Gesetzgeber gefundene Lösung der Begünstigung unternehmerischen Vermögens. Doch auch hierbei habe sich der Gesetzgeber von den Vorgaben der Beschlüsse des BVerfG leiten lassen. Das BVerfG habe betont, dem Gesetzgeber stehe es bei Vorliegen ausreichender Gemeinwohlgründe frei, den Erwerb bestimmter Vermögensgegenstände mittels Verschonungsregelungen zu begünstigen oder sogar vollständig von der Besteuerung auszunehmen. Diese Aussage habe den Gesetzgeber veranlasst, Vermögen unter bestimmten Voraussetzungen von der Erbschaftsteuer freizustellen, um die generationenübergreifende Fortführung des Unternehmens zu gewährleisten. Ob das Erbschaftsteuerrecht durch das BVerfG als verfassungswidrig beurteilt werde, sei deshalb zweifelhaft.
II. Erbschaftsteuer aus der Perspektive der Beratungspraxis
Nach Prof. Piltz habe der aktuelle Vorlagebeschluss des BFH die Aufmerksamkeit der Beratungspraxis für das "Ob" und "Wie" der Beratung zu Erbschaftsteuerfällen erhöht. Gleichwohl dürfte die Veränderung im Beratungsverhalten gering sein. Er halte es für ausgeschlossen, dass es eine Gesetzgebung oder Rechtsänderung durch das BVerfG geben könnte, die die Rechtslage rückwirkend verschlechtere. Wer also jetzt auf Basis des derzeitigen Erbschaftsteuerrechts Vermögen auf eine nachkommende Generation übertrage, der könne dies auch rechtssicher tun. Insofern sehe sich die Beratungspraxis mit den gleichen Problemen konfrontiert, die auch schon bei der Einführung des Erbschaftsteuerreformgesetzes 2009 entstanden seien. In erster Linie seien hier die Voraussetzungen zur Inanspruchnahme der Unternehmensbegünstigungen zu nennen.
III. Erbschaftsteuer aus der Perspektive der (Familien-) Unternehmen
Nach Dr. Maier müssten für mittelständische Unternehmen attraktive wirtschaftliche Rahmenbedingungen in Deutschland gewährleistet werden. Hier füge sich auch das Erbschaftsteuerrecht mit seinen Verschonungsregelungen ein. Doch nicht nur die Frage der Verschonung, sondern vor allem auch die der Bewertung unternehmerischen Vermögens werde in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Eine verkehrswertorientierte Besteuerung führe bei zahlreichen Familienunternehmen zu Schwierigkeiten. Das Bewertungsverfahren verfolge einen objektiven Ansatz und vernachlässige dadurch die Besonderheiten einzelner Familienunternehmen. Diskriminiert würden solche Unternehmen, die beispielsweise die Pool-Regelung nicht beanspruchen könnten. Die derzeitige Bewertungssystematik führe bei Minderheitsgesellschaftern zu überhöhten Werten, indem das Unternehmen in einem ersten Schritt als Ganzes bewertet und erst in einem zweiten Schritt auf die Anteilseigner heruntergebrochen werde.