Bei objektiver Anknüpfung ist nach Art. 25 Abs. 1 und Abs. 2 UAbs. 1 iVm Art. 22 Abs. 1 ErbRVO der gewöhnliche Aufenthalt Anknüpfungspunkt. Bei mehrseitigen Erbverträgen unterliegen materielle Wirksamkeit und Bindungswirkungen eines Erbvertrags nach Art. 25 Abs. 2 UAbs. 2 ErbRVO dem Recht, zu dem er die engste Verbindung hat.
1. Gewöhnlicher Aufenthalt
Den Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts hat die ErbRVO zwar nicht legaldefiniert; er wird jedoch in Erwägungsgründen 23 und 24 präzisiert. Bereits während des Verordnungsgebungsverfahrens wurde eingehend diskutiert, wie seine Konkretisierung erfolgen soll. Für die Anwendung des Art. 25 ErbRVO ist es notwendig, die von Erwägungsgrund 23, S. 2 geforderte "Gesamtbeurteilung der Lebensumstände" im Einzelfall auf den Errichtungszeitpunkt bezogen vorzunehmen. Dies gilt auch für die Beurteilungsperspektive: Grundlage der Beurteilung des gewöhnlichen Aufenthalts sind die tatsächlichen Umstände im Zeitpunkt der Errichtung. Falls zwischen der Errichtung des Erbvertrags und dem Todeszeitpunkt ein längerer Zeitraum liegt, kann die faktische Schwierigkeit hinzutreten, den gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers zu ermitteln. Insofern empfiehlt sich eine Dokumentation im Erbvertrag selbst, die auch die Tatsachen einschließt, die den gewöhnlichen Aufenthalt im Errichtungszeitpunkt begründen.
2. Engste Verbindung
Materielle Wirksamkeit und Bindungswirkungen eines mehrseitigen Erbvertrags unterliegen nach Art. 25 Abs. 2 UAbs. 2 ErbRVO dem hypothetischen Erbstatut eines der beteiligten Erblasser. Es handelt sich um dasjenige hypothetische Erbstatut, mit dem der Erbvertrag – nicht: die Parteien – die engste Verbindung aufweist. Aufgrund des ausdrücklichen Verweises auf die in Art. 25 Abs. 2 UAbs. 1 ErbRVO genannten Rechte kommt es nicht darauf an, ob der Erbvertrag zu einem Recht, das nicht hypothetisches Erbstatut ist, am engsten verbunden ist. Die Bestimmung der engsten Verbindung erweist sich deshalb nur als problematisch, wenn die hypothetischen Erbstatute der am Vertrag beteiligten Erblasser divergieren: Dies kann der Fall sein, wenn die gewöhnlichen Aufenthalte der Erblasser in verschiedenen Staaten liegen oder falls bei gemeinsamem gewöhnlichem Aufenthalt in einem Drittstaat dessen Kollisionsrecht einen nach Art. 34 Abs. 1 ErbRVO relevanten renvoi nur für einen der Erblasser ausspricht. Ohne Divergenz der hypothetischen Erbstatute hingegen besteht die engste Verbindung des Erbvertrags mit dem Sachrecht, das für sämtliche Erblasser hypothetisches Erbstatut ist.
Die Anknüpfung an die engste Verbindung kennen das europäische Internationale Schuldvertragsrecht in Art. 4 Abs. 4 Rom I-VO, das europäische Internationale Scheidungsrecht bei interlokaler Rechtsspaltung in Art. 14 lit. c), 3. Alt. Rom III-VO und bei interpersonaler Rechtsspaltung nach Art. 15 S. 2 Rom III-VO sowie das europäische Internationale Unterhaltsrecht bei interlokaler Rechtsspaltung in Art. 16 Abs. 1 lit. d) und e) HUntP. Die engste Verbindung ist im Einzelfall durch eine Gesamtschau aller relevanten Umstände zu ermitteln; die für den Rechtsanwender zentrale Aufgabe liegt darin, diese relevanten Umstände zu identifizieren und zu gewichten. In Betracht kommen als Kriterien für Art. 25 Abs. 2 UAbs. 2 ErbRVO der Abschlussort, die Vertragssprache, die Belegenheit des Vermögens, welches der Erbvertrag potenziell oder konkret betriff, aktuelle oder vormalige gewöhnliche Aufenthalte oder Staatsangehörigkeiten der am Erbvertrag Beteiligten – nicht nur der Erblasser – sowie die Entstehung von Steuerpflichten. Abzulehnen ist es, zur Bestimmung der engsten Verbindung auf das begründete "eigene Empfinden" der Parteien abzustellen. Dieser Ansatz droht, die konkludente Rechtswahl indirekt unzulässigerweise auf ein Recht zu erstrecken, das durch den gewöhnlichen Aufenthalt einer Partei vermittelt wird, und lässt unberücksichtigt, dass Art. 25 Abs. 2 UA...