Für den Pflichtteilsberechtigten stellt der Erwerb, regelmäßig im deutschen Recht eine Geldzahlung, einen sofort steuerbaren Erwerb von Todes wegen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG dar. Wenn auch der Pflichtteilsanspruch seit 1919 erst mit seiner Geltendmachung die Steuer entstehen lässt (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b ErbStG), wirkt die Geltendmachung auf den Zeitpunkt der Entstehung der Steuer gegenüber dem Erben, also den Todesfall, zurück. Es liegt somit ein rückwirkendes Ereignis iSd § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO vor.
Nur in den Fällen, dass über die Grundsätze des Internationalen Privatrechts eine ausländische Rechtsordnung mit Pflichtteilsrecht in Form des dinglichen Noterbrechts zur Anwendung gelangt (z. B. aber Schweiz, Belgien, Frankreich, Italien, Spanien, Kroatien, Griechenland und Türkei), kann sich der Noterbberechtigte durch Herabsetzungsklage in die Erbengemeinschaft zu einem Bruchteil einklagen und ist dann auch über die Grundsätze der Qualifikation von Auslandserwerben wie ein Erbe iSd § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zu behandeln.
Für den Erben stellt die Pflichtteilslast eine Nachlassverbindlichkeit iSd § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG dar, die er von seinem Erwerb abziehen kann. Erforderlich ist dafür die Geltendmachung, sodass sich das Erbschaftsteuerfinanzamt regelmäßig die Geltendmachung, zumeist aber auch die Erfüllung des Pflichtteils nachweisen lassen wird.
Bei Pflichtteilsansprüchen wird mit der Geltendmachung häufiger gewartet, manchmal weil die Steuer nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b ErbStG erst mit der Geltendmachung entsteht. Für den Fall, dass der Erbe gerade vom Pflichtteilsberechtigten allein beerbt wird, gibt der BFH jetzt dem Pflichtteilsberechtigten die Möglichkeit, einen noch nicht verjährten Pflichtteil auch nach dem Tod des Erben letztlich gegen sich selbst, trotz zivilrechtlicher Konfusion, mit steuerlicher Wirkung geltend zu machen und von der eigenen Erbschaft als Verbindlichkeit abzuziehen. Die Fiktion des § 10 Abs. 3 ErbStG, wonach für das ErbStG die zivilrechtliche Konfusion als nicht eingetreten fingiert wird, hilft hier dem Steuerpflichtigen. Selbstverständlich muss der Betreffende den "posthum" geltend gemachten Pflichtteil als Erwerb von Todes wegen nach dem ersten Erblasser versteuern; er lag allerdings im BFH-Fall unter dem persönlichen Freibetrag.
Das Urteil hat auch Bedeutung für andere Bereiche: Z.B. auch ein Rückforderungsrecht eines Schenkers bei Tod des Beschenkten, den gerade der Schenker allein beerbt, z. B. kann danach auch ohne Einschränkung durch Konfusion gemäß § 10 Abs. 3 ErbStG mit entlastender Wirkung (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) weiterhin geltend gemacht werden. Die Rechtsprechung des BFH wird möglicherweise auf den Einzelfall hinausreichende Bedeutung für die Frage haben, inwieweit der Abzug einer Nachlassverbindlichkeit generell eine wirtschaftliche Belastung zum Stichtag voraussetzt.
Hinzuweisen ist aber auch auf ein Urteil zulasten des Steuerpflichtigen in dem Fall, dass der Pflichtteilsberechtigte (jetzt also nicht der Erbe!) vor Geltendmachung des Pflichtteils verstorben ist: Nach dem FG München gehört zum steuerpflichtigen Erwerb des Erben des Pflichtteilsberechtigten (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) auch als Aktivum der ererbte Pflichtteilsanspruch. Die fehlende Geltendmachung ist hier irrelevant. Das Gericht äußert sich allerdings nicht zu der Frage, wie zu verfahren ist, wenn der Pflichtteil auch vom Erben des Pflichtteilsberechtigten endgültig nicht geltend gemacht wird. Richtigerweise müsste es dann zu einer Korrektur kommen bzw. der Anspruch dürfte von vornherein nicht erfasst werden. Denn die Rechtsposition des Erben des Pflichtteilsberechtigten darf letztendlich nicht stärker besteuert werden als die des Pflichtteilsberechtigten selbst. Im dem Urteil des FG München zugrunde liegenden Sachverhalt war allerdings der Pflichtteilsanspruch zumindest wirtschaftlich verwertet worden.
Besonderheiten können sich bei Pflichtteilergänzungsansprüchen ergeben. Dieser Anspruch ist primär gegen den Erben gerichtet (§ 2325 BGB), der wegen ergänzungspflichtiger Schenkungen des Erblassers – ggf. ohne eigenen Vorteil aus der Schenkung – den Pflichtteilsergänzungsanspruch als Geldanspruch bis zur Grenze seines eigenen Pflichtteils (§ 2328 BGB) bedienen muss. Darüber hinaus kann der Beschenkte zur Rückgabe eines erhaltenen Geschenks verpflichtet sein (§ 2329 Abs. 1 BGB, Wandlung des Anspruchs zum Herausgabeanspruch). In diesem Fall hat der Erbe keinen Abzug, aber der herausgabeverpflichtete frühere Beschenkte kann nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 die Erstattung der früheren Schenkungsteuer – in den üblichen Grenzen des § 29 Abs. 2 ErbStG – beantragen. Wendet er die Rückgabe des Geschenks durch Zahlung eines Geldbetrags ab (§ 2329 Abs. 2 BGB), ist die Vorschrift des § 29 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG nicht anwendbar, wohl aber ein Abzug der Zahlungsbelastung nach § 10 Abs. 5 Nr. 2 iVm § 1 Abs. 2 ErbStG erreichbar. Ähnliches gilt bei Herausgabe aufgrund eines ausländischen Noterb...