4. Keine sachliche Rechtfertigung einer Fortsetzung der Erbengemeinschaft
Damit kommt es letztlich entscheidend darauf an, ob die Fortsetzung der Erbengemeinschaft bei Vereinigung aller Anteile in der Hand miteinander in Bruchteilsgemeinschaft verbundener Personen nach den Wertungen des Gesetzes sachlich geboten erscheint.
a) Keine Notwendigkeit des Schutzes der Erwerber vor einem Bruchteilserwerb ipso iure
Zwar führt der Erbfall im Interesse der Erben (und Nachlassgläubiger, dazu sogleich) nicht zum Bruchteilserwerb. Bei Vereinigung aller Anteile in der Hand miteinander in Bruchteilsgemeinschaft verbundener Personen haben sich diese jedoch freiwillig in die Bruchteilsgemeinschaft begeben. Anders als den Erben ist ihnen der Bruchteilserwerb und die damit einhergehende Gefahr, dass ihnen gegen ihren Willen fremde Teilhaber an einzelnen Nachlassgegenständen aufgedrängt werden, daher zumutbar.
Dem lässt sich auch nicht entgegenhalten, dass den Erwerbern so die mit der Begründung der Erbengemeinschaft intendierte Freiheit bei der Verteilung des Nachlassvermögens genommen wird. In diesem Sinne argumentierte seinerzeit Tiedtke in einer Besprechung des BFH-Urteils, dass die schematische Aufteilung der einzelnen Nachlassgegenstände auf die Erwerber als Mitberechtigte zu ideellen Quoten deren Wünschen zuwider laufen könne. Zwar möge der Erwerb von Miteigentum dem Willen der Erwerber entsprechen, wenn der Nachlass im Wesentlichen aus einem Grundstück bestehe; gehörten aber mehrere Grundstücke zum Nachlass, sei nachvollziehbar, dass die Erwerber auch eine andere Aufteilung anstreben könnten. Diese Betrachtung verkennt, dass die Erwerber nicht gezwungen sind, die Erbschaftsanteile in Bruchteilsgemeinschaft zu erwerben. Das verdeutlicht kein Fall besser als der vom OLG Jena entschiedene: Statt jeweils zur Hälfte von A und B zu erwerben, hätte C ebenso gut den ganzen Anteil des A und D den ganzen Anteil des B erwerben können. In diesem Fall wäre die Erbengemeinschaft unstreitig nicht untergegangen, sodass C und D eine andere Aufteilung der Erbmasse im Wege der Auseinandersetzung offen gestanden hätte. Von daher muss die Vereinigung aller Erbschaftsanteile durch in Bruchteilsgemeinschaft verbundene Erwerber als bewusste Entscheidung für die Überführung in Bruchteilseigentum verstanden werden.
b) Keine Notwendigkeit der Fortsetzung der Erbengemeinschaft zum Schutz der Nachlassgläubiger
Auch steht der mit der gesamthänderischen Konzeption der Erbengemeinschaft verfolgte Schutz der Nachlassgläubiger ihrer Beendigung bei Vereinigung aller Anteile in der Hand miteinander in Bruchteilsgemeinschaft verbundener Personen nicht entgegen. Denn in dieser Konstellation tun sich keine Schutzlücken auf, die sich nicht auch bei Vereinigung aller Anteile in der Hand einer Person oder infolge der Überführung des Gesamthandseigentums in Bruchteilseigentum der Miterben ergeben würden. Etwaige mit der Auflösung der Gesamthand verbundenen Gläubigerschutzdefizite sind den Regeln über die Erbengemeinschaft insofern immanent und rechtfertigen daher keine abweichende Beurteilung. Schon aus diesem Grund verfängt die seinerzeit von Tiedtke an der Lösung des BFH geäußerte Kritik nicht, die Nachlassgläubiger würden bei Annahme des Untergangs der Erbengemeinschaft der Möglichkeit beraubt, gemäß § 1981 Abs. 2 Satz 1 BGB die Anordnung der Nachlassverwaltung zu beantragen, weil diese nach Teilung des Nachlasses gemäß § 2062 Hs. 2 BGB ausgeschlossen sei. Indes ist dieser Einwand nach heutigem Erkenntnisstand auch inhaltlich überholt und rechtfertigt daher weder in der hier interessierenden Konstellation noch bei Vereinigung aller Anteile in der Hand einer Person Zweifel an der Richtigkeit der Annahme der Beendigung der Erbengemeinschaft. Nach heute herrschender Auffassung schließt die Aufhebung der Gesamthand die Anordnung der Nachlassverwaltung gemäß § 2062 Hs. 2 BGB nämlich dann nicht aus, wenn die Aufhebung der Erbengemeinschaft nicht auf einer Verteilung der Nachlassgegenstände beruht, was insbesondere für die Vereinigung sämtlicher Erbteile in einer Hand gilt.
c) Verdoppelung des Auseinandersetzungsmechanismus wider den Abwicklungszweck der Erbengemeinschaft
Schließlich ist zu bedenken, dass die Erbengemeinschaft final auf Auseinandersetzung ausgerichtet ist (vgl. § 2042 Abs. 1 BGB). Zwar besteht die gesamthänderische Bindung solange – und damit auf unbestimmte Zeit – fort, wie Nachlassgegenstände ungeteilt vorhanden ...