Zugleich Besprechung von OLG Jena v. 16. Juni 2014 – 3 W 184/14
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Nach einhelliger Auffassung findet die Erbengemeinschaft ihr Ende, wenn sich alle Erbschaftsanteile in der Hand einer Person vereinigen. Ebenso unstreitig ermöglicht § 2033 Abs. 1 BGB die bruchteilige Verfügung über einen solchen Anteil. Vereinigen nun infolge derartiger Erwerbsvorgänge miteinander in Bruchteilsgemeinschaft verbundene Personen alle Erbschaftsanteile in ihrer Hand, stellt sich die Frage, ob auch dies den Untergang der Erbengemeinschaft besiegelt und in der Konsequenz zum Übergang des Nachlasses in Miteigentum zu Bruchteilen führt. Das OLG Jena hat diese Frage mit Beschluss vom 16.6.2014 verneint, die Rechtsbeschwerde zum BGH jedoch zugelassen. Der vorliegende Beitrag zeigt auf, warum die Annahme des Fortbestands der Erbengemeinschaft in dieser Situation weder notwendig noch es sachlich gerechtfertigt ist, die Erbengemeinschaft in dieser Situation aufrechtzuerhalten.
I. Der Beschluss des OLG Jena vom 16.6.2014
1. Sachverhalt
A und B waren im Grundbuch als Eigentümer eines Grundstücks in Erbengemeinschaft eingetragen. Sie veräußerten ihre Erbanteile jeweils zur Hälfte an C und D, die daraufhin die Berichtigung des Grundbuchs dahingehend beantragten, sie als Miteigentümer zu je 1/2 einzutragen und den Zusatz "in Erbengemeinschaft" zu löschen. Das Grundbuchamt wies den Berichtigungsantrag zurück. Daraufhin erhoben C und D Beschwerde zum Oberlandesgericht Jena und beriefen sich insbesondere auf eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs aus dem Jahre 1975, wonach die Vereinigung aller Erbanteile in der Hand miteinander in Bruchteilsgemeinschaft verbundener Erwerber zum Übergang des Nachlasses in Miteigentum nach Bruchteilen führe.
2. Wesentliche Entscheidungsgründe
Das OLG Jena ist der auf die Rechtsprechung des BFH gestützten Argumentation der Beschwerdeführer nicht gefolgt, hat jedoch gemäß § 78 Abs. 2 Nr. 1 und 2 GBO die Rechtsbeschwerde zugelassen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die zwischen den Voreigentümern bestehende Erbengemeinschaft sei nicht dadurch beendet worden, dass C und D die Erbanteile zu je 1/2 erworben haben. Ein derartiger Erwerb führe lediglich zur Entstehung einer Bruchteilsgemeinschaft innerhalb der Erbengemeinschaft in Bezug auf die jeweiligen Erbanteile. Er ändere aber nichts am Fortbestehen der gesamthänderischen Bindung in Bezug auf die Erbanteile im Verhältnis zueinander. Zwar führe die Vereinigung sämtlicher Erbanteile in der Hand einer natürlichen oder juristischen Person bzw. rechtsfähigen Personengesellschaft nach einhelliger Auffassung zur Aufhebung der Erbengemeinschaft. Doch beruhe die angenommene Beendigung der Erbengemeinschaft auf der Vergleichbarkeit mit der Situation der Alleinerbschaft, in welcher eine dingliche Verfügung des Alleinerben nur über die einzelnen Nachlassgegenstände, nicht aber über die Erbschaft als Ganzes oder einen Bruchteil davon möglich sei. Bei der aus mehreren Personen bestehenden Bruchteilsgemeinschaft komme eine Beendigung daher nicht in Betracht. Denn würden diese Personen unmittelbar erben, bildeten sie kraft Gesetzes stets eine Erbengemeinschaft. Das OLG resümiert insofern, dass "die nicht weiter begründete Schlussfolgerung des BFH" nicht zutreffe.
II. Kritische Würdigung
Die Entscheidung des OLG Jena berührt neben der zentralen Frage nach der Beendigung der Erbengemeinschaft bei Vereinigung aller Erbanteile in der Hand miteinander in Bruchteilsgemeinschaft verbundener Erwerber weitere bis dato höchstrichterlich noch ungeklärte Aspekte der anteiligen Veräußerung von Erbanteilen gemäß § 2033 Abs. 1 BGB. So gehen Teile der – vor allem älteren – Literatur davon aus, dass bei dem Erwerb von Bruchteilen eines Erbanteils durch einen Nichterben der Anteil gespalten werde, wohingegen die herrschende Auffassung und auch das OLG Jena zu Recht eine Bruchteilsgemeinschaft am ungeteilten Erbanteil annehmen. Die Beantwortung der sich anschließenden, ebenfalls strittigen und richtigerweise zu bejahenden Frage, ob die hinsichtlich des Erbanteils bestehende Bruchteilsgemeinschaft neben der fortbestehenden Erbengemeinschaft in das Grundbuch einzutragen ist, ließ das OLG trotz Annahme des Fortbestehens der Erbengemeinschaft offen, weil es an einem entsprechenden Berichtigungsantrag fehlte. In der Tat war hierauf nicht einzugehen. Indes liegt der Grund hierfür nicht im Fehlen eines darauf gerichteten Berichtigungsantrags, sondern in der Beendigung der Erbengemeinschaft, welche zum Übergang des Nachlasses in Miteigentum nach Bruchteilen geführt hat. C und D hätten mithin "als Eigentümer zu je 1/2" eingetragen werden müssen.