I. Grundlagen des österreichischen Stiftungsprivatrechts

Am 1.1.1993 trat in Österreich das Privatstiftungsgesetz PSG[4] in Kraft, dessen Ziel war, ein liberales Stiftungsrecht zu schaffen, das den Bedürfnissen von Stiftern – besonders aus den Kreisen der Wirtschaft – entsprach.[5] Die Privatstiftung ist ein Rechtsträger, dem vom Stifter ein Vermögen gewidmet ist, um durch dessen Nutzung, Verwaltung und Verwertung der Erfüllung eines erlaubten, vom Stifter bestimmten Zwecks zu dienen; sie genießt Rechtspersönlichkeit und muss ihren Sitz im Inland haben (vgl. § 1 Abs. 1 PSG).[6] Wenn der Zweck der gemeinnützigen Privatstiftung ist, Familienangehörige zu fördern, handelt es sich um eine Familienstiftung.[7] Diese ist keine besondere Rechtsform, sondern eine spezielle Anwendungsform der privatnützigen Stiftung, deren konzeptioneller Stiftungszweck die Vermögenserhaltung und -weitergabe innerhalb der eigenen Familie ist.

In Österreich ist eine Familienstiftung auch in Gestalt einer voraussetzungslos berechtigten Versorgungsstiftung ohne Einschränkung des Stiftungszwecks zulässig.[8] Die Familienstiftung ist keine besondere Rechtsform, sondern eine spezielle Anwendungsform der privatnützigen Stiftung. Eine gesetzliche Definition der Familienstiftung gibt es nicht. Sie kann aber als Stiftung definiert werden, welche im Wesentlichen dem Interesse einer oder mehrerer Familien dient.[9] Familienstiftungen sollen den oder die Begünstigten an den Erträgen des Stiftungsvermögens teilhaben lassen, ohne dafür bestimmte Voraussetzungen erfüllen zu müssen. Das entspricht der gesetzlichen Erbfolge.

[4] ÖBGBl I Nr. 694/1993 zuletzt geändert durch öBGBl I Nr. 111/2010.
[5] Erläuterungen der Regierungsvorlage des PSG in Eiselsberg/Halswanter (Hrsg.), Privatstiftungsgesetz, S. 1 f.
[6] Gesetzestext unter http://www.ris.bka.gv.at (zuletzt besucht 30.1.2017).
[7] Kalss in P. Doralt/Nowotny/Kalss (Hrsg.), PSG § 1 Rn 23.
[8] Kalss in P. Doralt/Nowotny/Kalss (Hrsg.), PSG § 1 Rn 23; Arnold, PSG Einl. Rn 10, § 1 Rn 12.
[9] Böhler, Die Stiftung in Österreich, S. 127.

1. Wesensmerkmale einer Stiftung

Wesensmerkmale der Stiftung sind der Stiftungszweck, das Stiftungsvermögen und die Stiftungsorganisation.[10]

[10] Arnold, PSG, PSG § 1 Rn 2; Kalss in P. Doralt/Nowotny/Kalss (Hrsg.), PSG, § 1 Rn 1; Zollner, Die eigennützige Privatstiftung, S. 3 ff.

a) Stiftungszweck

Die österreichische Privatstiftung ist als Allzweckstiftung gestaltet worden. Eine Schranke findet die liberale Grundhaltung des österreichischen Gesetzgebers in § 35 Abs. 2 Nr. 3 PSG: Der Stiftungsvorstand muss einen einstimmigen Auflösungsbeschluss fassen, sobald eine nicht gemeinnützige Privatstiftung, deren Zweck die Versorgung von Privatpersonen ist, 100 Jahre gedauert hat. Die Stiftung kann dann fortgesetzt werden, wenn alle Letztbegünstigten dies einstimmig, längstens für weitere 100 Jahre, beschließen.[11]

[11] Riel in P. Doralt/Nowotny/Kalss (Hrsg.), PSG, § 35 Rn 33

b) Stiftungsvermögen

Die Zusammensetzung des Stiftungsvermögens, das einen Mindestwert von 70.000 EUR haben muss (§ 4 PSG), obliegt der freien Entscheidung des Stifters. Erforderlich ist, dass das Stiftungsvermögen ausreicht, um den Stiftungszweck zu erreichen. Als Vermögen kommen Sachen und Rechte aller Art in Betracht, namentlich Geld, Unternehmensbeteiligungen, Grundstücke, Wertpapiere.[12]

[12] Erläuterungen zur Regierungsvorlage des PSG in Eiselsberg/Haslwanter (Hrsg.), Privatstiftungsgesetz, S. 14; Riel in P. Doralt/Nowotny/Kalss (Hrsg.), PSG, § 4 Rn 16.

c) Stiftungsorganisation

Die gesetzlich geregelte Struktur der Stiftungsorganisation ist differenziert und steht auch nicht zur Disposition des Stifters.[13] Der Stiftungsvorstand muss aus mindestens drei Mitgliedern bestehen (§ 15 Abs. 1 PSG), von denen mindestens zwei ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem EU- oder EWR-Staat haben. Außerdem dürfen gemäß § 15 Abs. 2 PSG weder die Begünstigten einer Stiftung noch deren Ehegatten oder Lebensgefährten sowie Personen, die mit dem Begünstigten in gerader Linie oder bis zum dritten Grad der Seitenlinie verwandt sind, in den Stiftungsvorstand berufen werden. § 15 Abs. 3 PSG verhindert die Umgehung des Verbotes aus Abs. 2 PSG durch das Zwischenschalten von juristischen Personen. § 15 Abs. 3 a PSG weitet dieses Verbot auf Personen aus, die dem Begünstigten bzw. seinen Angehörigen weisungsgebunden sind.

Der Stifter bestellt den ersten Stiftungsvorstand (§ 14 Abs. 1 PSG). Fällt der Stifter weg, ohne eine Regelung getroffen zu haben, fällt diese Aufgabe dem Stiftungskurator zu.

Die jeweiligen Mitglieder des Stiftungsvorstands und ihre Vertretungsbefugnis sind unverzüglich zur Eintragung in das Firmenbuch anzumelden (§ 15 Abs. 5 PSG).

Der Stiftungsvorstand verwaltet die Privatstiftung (§ 17 Abs. 1 Fall 1 PSG). Der Vorstand vertritt die Privatstiftung (§ 17 Abs. 1 Fall 2 PSG). Dabei ist diese Vertretungsmacht nach außen nach hM nicht beschränkbar, nur im Innenverhältnis ist der Vorstand an die Stiftungserklärung gebunden.[14]

Neben dem Vorstand muss ein Stiftungsprüfer bestimmt werden (§ 14 Abs. 1 PSG), der vom Gericht oder dem Aufsichtsrat bestimmt wird.[15]

Die Einrichtung eines Au...

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