Leitsatz
Die Verletzung des Totenfürsorgerechts als Ausprägung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts des primär Totenfürsorgeberechtigten ist grundsätzlich dazu geeignet, einen Schadensersatzanspruch zu begründen. Hierzu bedarf es weiterhin einer schwerwiegenden Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts, deren Unwertgehalt nicht in anderer Art und Weise aufgefangen werden kann.
LG Krefeld, Urteil vom 24. Februar 2017 – 1 S 68/16
Sachverhalt
Die Klägerin ist Tochter der Frau Z. und des am 24.3.2014 verstorbenen Herrn Z. Dessen Ehefrau und Alleinerbin war die Beklagte, die auch die Beisetzung der Asche des Verstorbenen in ihrem sog. Familiengrab veranlasste.
Im November 2015 erfuhr die Klägerin, dass die Urne ihres Vaters dem Grab entnommen worden war. Die Beklagte verweigerte zunächst jede Auskunft über den Verbleib der Urne. Erst später teilte sie mit, dass es auf ihre Veranlassung hin zu einer Flussbestattung in den Niederlanden gekommen war. Mit der Klage hat die Klägerin Auskunft über den Verbleib der Urne sowie Zahlung eines "Schmerzensgeldes" und Freistellung von Rechtsanwaltskosten verlangt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils vom 24.6.2016 (Bl 40 ff GA) Bezug genommen. Mit diesem hat das Amtsgericht einen Anspruch der Klägerin auf Auskunft über den Verbleib der Urne sowie eine Verpflichtung zur Freistellung von (anteiligen) Rechtsanwaltskosten bejaht, die weitergehende Klage aber abgewiesen.
Zur Begründung hat das Amtsgericht – soweit für das Berufungsverfahren von Interesse – ausgeführt: Ein Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes gem. § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des Totenfürsorgerechts bestehe nicht. Denn nicht die Klägerin, sondern die Beklagte sei Totenfürsorgeberechtigte. Eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sei ebenfalls zu verneinen. Wenn die Rechtsordnung dem Totenfürsorgeberechtigten eine Umbettung gestatte, könne hierin nicht zugleich eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin zu erblicken sein. Soweit die Klägerin mit einem in der mündlichen Verhandlung übergebenen Schreiben (Bl 36 ff GA) in Zweifel gezogen habe, dass der Verstorbene eine Flussbestattung in den Niederlanden gewünscht habe, sei der Vortrag gem. § 296 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Außerdem sei dieser Schriftsatz auch entgegen § 130 Nr. 6 ZPO nicht unterschrieben gewesen.
Mit der rechtzeitig eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin ihren erstinstanzlich abgewiesenen Antrag auf Verurteilung zur Zahlung einer Geldentschädigung weiter. Sie beruft sich auf eine Verletzung des Totenfürsorge- und Persönlichkeitsrechts.
Aus den Gründen
Die Berufung der Klägerin, die sich nur auf die Abweisung des Zahlungsantrags und nicht zugleich auf die für sie teilweise nachteilige Entscheidung über den Anspruch auf Freistellung von Rechtsanwaltskosten bezieht, bleibt erfolglos. Zwar hat das Amtsgericht rechtsfehlerhaft Vortrag übergangen und aus Sicht der Kammer zugleich einen Gesichtspunkt iSv § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO für unerheblich gehalten. Indes hat die Klägerin trotz der Hinweise vom 15.11.2016 (Bl 98 ff GA) weder ihren erstinstanzlichen Vortrag konkretisiert noch die maßgeblichen Tatsachen unter Beweis gestellt, weshalb sich die Entscheidung des Amtsgerichts als im Ergebnis zutreffend erweist.
Entscheidend ist, dass der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung eines "Schmerzensgeldes" allein unter den engen Voraussetzungen einer Geldentschädigung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu bejahen sein könnte. Ein solcher Anspruch besteht nicht bereits wegen der verzögerten Auskunft bzw. unterlassenen Mitteilung über die (vorgenommene bzw. bevorstehende) Ausgrabung, hierzu II.4.d). Von einer haftungsbegründenden Persönlichkeitsverletzung ist auch nicht schon deshalb auszugehen, weil ein Wille des Verstorbenen zur Störung seiner Totenruhe von der Beklagten nicht plausibel dargelegt worden ist, vgl. II.4.b) der Urteilsgründe. Vielmehr wäre der geltend gemachte Zahlungsanspruch nach der unter II.4.c) erläuterten Auffassung der Kammer lediglich dann zu bejahen, wenn es zusätzlich an einem anerkennenswerten Interesse der Beklagten, den ursprünglich gewählten Trauerort zu beseitigen, gefehlt haben sollte, also ein Handeln aus sachwidrigen Gründen festzustellen wäre. Die tatsächlichen Voraussetzungen einer solchen Haftung hat die Klägerin indes weder hinreichend dargelegt noch unter Beweis gestellt. Im Einzelnen:
1. Nach ständiger Rechtsprechung begründet nicht jede Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung. Erforderlich ist vielmehr, dass es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann (vgl. BGH, Urt. v. 24.5.2016 – VI ZR 496/15, juris). Diese Rechtsprechung ist – obwohl das allgemeine Persönlichkeitsrecht in § 253 Abs. 2 BGB nicht genannt wird – verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. BVerfG, NJW 1973, 12...