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Kaum eine Gemeinschaft ist so streitanfällig wie die Erbengemeinschaft. Die vom Gesetzgeber vorgegebenen Regelungen des Miteinanders sind leider recht knapp gehalten und bieten daher allerlei Möglichkeiten für Blockaden. Nachfolgend soll der Versuch eines Vorschlags unternommen werden, wie ggf. derartige Probleme durch die Verpflichtung der Erben zum Abschluss einer Verwaltungsvereinbarung durch den Erblasser oder durch freiwillige Regelungen vermieden werden könnten. Dabei wird nur kurz das Ausgangsproblem, nämlich das Zusammenspiel zwischen § 2038 BGB und § 2040 BGB, beleuchtet und vielmehr der Focus auf die kautelarjuristische Lösung des Problems gelenkt.
1. Überblick und wesentliche Aspekte
a) Wurzel allen Streits: Was sind Verwaltungsmaßnahmen?
§ 2038 Abs.1 BGB gibt vor: Die Verwaltung des Nachlasses steht den Erben gemeinschaftlich zu. Jeder Miterbe ist den anderen gegenüber verpflichtet, an Maßregeln mitzuwirken, die zur ordnungsmäßigen Verwaltung erforderlich sind; die zur Erhaltung notwendigen Maßregeln kann jeder Miterbe ohne Mitwirkung der anderen treffen.
Was Verwaltungsmaßnahmen konkret sind, wird vom Gesetzgeber nicht näher definiert. Allgemein werden hierunter alle rechtlichen und tatsächlichen Maßregeln verstanden, welche der Verwahrung, Sicherung, Erhaltung, Vermehrung, Nutzung und Verwertung von Nachlassgegenständen sowie der Schuldbegleichung dienen.
Er umfasst alle Maßnahmen, die zur Verwahrung, Sicherung, Erhaltung und Vermehrung des Nachlasses sowie zur Gewinnung der Nutzungen und Bestreitung der laufenden Verbindlichkeiten erforderlich oder geeignet sind (BGH FamRZ 1965, 267, 269; BGHZ 164, 181 = NJW 2006, 439, 440). Darunter fallen also insbesondere werterhaltende Maßnahmen.
aa) Beispiele für Verwaltungsmaßnahmen
In der Kommentarliteratur zu § 2038 BGB werden u. a. folgende Beispiele genannt:
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Inbesitznahme von und Besitzausübung an Erbschaftsgegenständen, Abs. 2 S. 1, § 743 Abs. 2 BGB; |
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Reparaturen und Ausbauten; |
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Einziehung von Miet- und Pachtzinsen und Nutzungsentschädigungen sowie anderer Nachlassforderungen; Fortführung oder Einstellung eines Erwerbsgeschäfts; |
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Vermietung und Verpachtung von Grundstücken, Häusern und Unternehmen des Nachlasses, Abschluss von Miet- und Darlehnsverträgen; |
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Kapitalanlegung oder Veräußerung von Aktienpaketen; Errichtung und Auflösung von Konten der Erbengemeinschaft; |
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Kündigung von Rechtsverhältnissen wie z. B. von Pacht-, gewerblichen und privaten Miet- sowie Darlehns-, Spar- und Giroverträgen; |
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Anstellung und Entlassung von Bediensteten; |
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Alle Arten von Rechtsgeschäften (Verpflichtungen, Verfügungen und Erwerbsgeschäfte), die sich auf den Nachlass bzw. seine Gegenstände beziehen, z. B. Mahnung, Anfechtung, Rücktritt, Kündigung, Forderungserlass; u. U. auch Veräußerung von Grundstücken; Vergleichsabschluss; Begleichung von Nachlassschulden, insbesondere von laufenden Verbindlichkeiten. So z. B. die Regelung der Benutzung eines Nachlassgegenstands durch einen oder mehrere Miterben. |
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Stimmrechtsausübung aufgrund eines GmbH-Geschäftsanteils vor Ausübung des Stimmrechts gem. § 18 Abs. 1 GmbHG. |
In seiner Habilitationsschrift definiert Ann die Verwaltung sehr plastisch. Danach soll Verwaltung alles sein, was den Status Quo des Erblasservermögens sichert, wie er im Zeitpunkt des Erbfalls bestanden hat. Verwaltungshandeln ist so in erster Linie "Bewahrungshandeln".
bb) Keine Verwaltungsmaßnahmen
Beispielhaft keine Verwaltungsmaßnahmen der Erbengemeinschaft sind z. B.
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Widerruf einer vom Erblasser oder von den Miterben erteilten Vollmacht, da dies die eigene Angelegenheit jedes Miterben für seine Person ist; |
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Vereinbarung über den Ausschluss der Auseinandersetzung; |
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Maßnahmen zur Auseinandersetzung; |
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Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 2034 BGB; |
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mitgliedschaftsrechtliche Organisation der Erbengemeinschaft, z. B. Regelung des Stimmenverhältnisses und der Stimmabgabe; |
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Veräußerung des gesamten Nachlasses, da Auseinandersetzung keine Verwaltung ist, |
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sowie alle Handlungen, die sich auf die Auflösung des Nachlasses und nicht auf seine Verwaltung richten. |
In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, ob die Geltendmachung von Informationsrechten oder Kontrollrechten (z. B. nach § 118 HGB) durch einzelne Erben eine Verwaltungsmaßnahme darstellt. Dies dürfte wohl nicht zutreffen. Eine Auskunft ist lediglich die Mitteilung von Tatsachen nach vorheriger Aufforderung. Sie stellt eine bloße, rein informative Mitteilung über tatsächliche Umstände oder rechtliche Verhä...