Dem LG München II ist zuzustimmen: Eine testamentarische Schiedsklausel ist unwirksam, wenn sie dem Pflichtteilsberechtigten für dessen Pflichtteilsansprüche ein Schiedsgericht nach Wahl des Erblassers vorschreibt.
Auf den ersten Blick mag dies überraschen: § 1066 ZPO setzt die Möglichkeit der letztwilligen Anordnung der Schiedsgerichtsbarkeit gedanklich voraus. Ausdrücklich angesprochen werden "letztwillige … Verfügungen". Inwieweit aber Anordnungen betreffend das Pflichtteilsrecht – ohne Zustimmung des Pflichtteilsberechtigten – möglich sind, ist gleichwohl umstritten. Der Streit entfacht sich daran, dass § 1066 ZPO die entsprechende Anwendung der §§ 1025 ff ZPO allein für Schiedsgerichte bestimmt, die "in gesetzlich statthafter Weise" angeordnet werden.
Ein Teil der Lehre vertritt die Auffassung, wegen des zumindest auf den ersten Blick vermeintlich offenen Wortlauts des § 1066 ZPO könne testamentarisch die Schiedsgerichtsbarkeit für jegliche erbrechtliche Ansprüche einschließlich solcher aus Pflichtteilsrecht angeordnet werden. Es handele sich um eine reine Verfahrensfrage, die vom materiellen Recht losgelöst sei. § 1066 enthalte eine Ermächtigungsgrundlage für eine letztwillige Schiedsanordnung (Geimer in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 1066 ZPO, Rn 18; Pawlytta, ZEV 2003, 89, 90 ff; Krug in: Kerscher u. a., Das erbrechtliche Mandat, § 31 Rn 14). Anders lehnt die hM die Zulässigkeit einer einseitigen Schiedsanordnung durch den Erblasser für Pflichtteilsstreitigkeiten ab (OLG München ZEV 2016, 334 mwN; OLG München, SchiedsVZ 2016, 233; BayObLGZ 1956, 186; LG Heidelberg ZErb 2014, 292 ff; Voit in: Musielak, ZPO, 14 Aufl. 2017, § 1066 Rn 3; Wendt, ErbR 2014, 401; ders., ErbR 2016, 484 ff). Die letztwillige Schiedsanordnung müsse ihre Grundlage in der Testierfreiheit finden, die aber gerade durch das Pflichtteilsrecht begrenzt wird. Das LG München II folgt zu Recht der hM.
Für dieses Verständnis spricht zunächst der systematische Kontext zur Schiedsvereinbarung: Nach § 1029 ZPO kann die Zuständigkeit des Schiedsgerichts durch Abschluss einer Vereinbarung zwischen den am Rechtsverhältnis beteiligten Personen begründet werden. Der Vorschrift liegt die Vorstellung zugrunde, dass die an einem Rechtsverhältnis Beteiligten für dieses Rechtsverhältnis prozessuale Vereinbarungen treffen dürfen. Der Schiedsvertrag ist mithin prozessrechtlicher Ausfluss der im materiellen Recht wurzelnden Vertragsfreiheit. Die Auslegung der hM, für eine letztwillige Schiedsanordnung nach § 1066 ZPO komme es auf die Reichweite der Testierfreiheit als Grundlage der Anordnung an, deckt sich daher mit der Wertung der §§ 1029 ff ZPO.
Für diese Lesart spricht weiter die Entstehungsgeschichte der §§ 1029 ff ZPO: Bereits der historische Gesetzgeber leitete die Möglichkeit, einen Schiedsvertrag zu schließen, aus dem materiellen Recht her: "Die Fähigkeit der Parteien, einen Vergleich abzuschließen, begreift die Fähigkeit in sich, einen Schiedsvertrag einzugehen." (Hahn, Die gesammten Materialien zu den Reichsjustizgesetzen, II. Band, Materialien zur Civilprozeßordnung, Erste Abteilung, Abschnitt A lit. b Teil III 490 [472]). Entsprechend erscheint es naheliegend, dass § 1066 ZPO (§ 1048 ZPO aF; § 872 CPO idF 1879) mit dem Erfordernis einer Anordnung "in gesetzlich statthafter Weise" auf die Testierfreiheit rekurriert. Diese Annahme wird durch den weiteren historischen Befund zu § 872 CPO idF 1879 bestärkt. Zwar heißt es in den Motiven zu § 872 CPO idF 1879 (§ 813 CPO-E 1874) bloß recht dürftig: "§ 813 schreibt im Anschluß an die bayer. Proz. Ordn. Art. 1344 die analoge Anwendung dieser Bestimmungen auf Schiedsgerichte vor, welche in gesetzlich statthafter Weise durch letztwillige oder andere nicht auf Vereinbarung beruhende Verfügungen angeordnet werden." (Hahn, aaO 490 [471]). Allerdings bringt im nächsten Schritt die Betrachtung von Art. 1344 bayer. Prozessordnung zutage, dass auch dieser keine eigenständige Ermächtigungsgrundlage enthielt. Vielmehr wurde es bereits dort als Voraussetzung angesehen, "daß der Verfügende befugt war, die Parteien im Streite in dieser Weise zu verpflichten" (Wernz, Commentar zur Prozeßordnung, 1872, Art. 1344, S. 935 Anm. 3). Art. 1344 bayer. Prozessordnung stellte also nur klar, dass mit Einfüh rung der Prozessordnung zwar alle vormals den Schiedsvertrag und das Verfahren vor dem Schiedsgericht betreffenden zivilrechtlichen Bestimmungen aufgehoben wurden, nicht aber diejenigen Bestimmungen des Zivilrechts, nach denen Schiedsgerichte in anderer Weise als durch Vertrag errichtet werden konnten (Vierling, Prozeßordnung mit Erläuterungen, 1870, S. 512). Auch Art. 1344 bayer. Prozessordnung stellte damit keine Ermächtigungsgrundlage für Schiedsanordnungen dar, sondern setzte eine solche im materiellen Recht voraus. Eine von dieser Wertung abweichende Vorstellung ist in den Motiven zu § 872 CPO nirgends niedergelegt. Daher ist es nur konsequent, dass § 872 CPO idF 1879 bereits in frühen Kommentierungen dahin verstanden ...