(...)

I. Zulässigkeit:

Das Landgericht München II ist nach § 27 ZPO (Gerichtsstand der Erbschaft) und auch nach §13 ZPO örtlich und sachlich zuständig.

Der Zulässigkeit der Klage steht auch nicht die in § 4 des Erblassertestaments K1 enthaltene Schiedsklausel entgegen. Danach hatte der Erblasser verfügt, dass das Schiesdgericht (SDH) verbindlich über die Bewertung seines Nachlasses und seiner Bestandteile sowie über die Höhe etwaiger Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche entscheiden soll. Somit liegt eine Angelegenheit vor, die Gegenstand der Schiedsklausel ist, und die Beklagten haben auch eine dahingehende Rüge erhoben (§ 1032 ZPO). Das Gericht gelangt jedoch zu der Überzeugung, dass die Schiedsklausel für den vorliegenden Fall, in dem Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspüche geltend gemacht werden, keine Wirksamkeit erlangt.

Gemäß § 1066 ZPO kann ein Schiedsverfahren auch durch letztwillige oder andere nicht auf Vereinbarung beruhende Verfügungen angeordnet werden, sofern die Anordnung "in gesetzlich statthafter Weise" geschieht.

Die Parteien haben den Meinungsstand in Literatur und Rechtsprechung ausführlich dargestellt. Festzuhalten ist, dass nach weiterhin überwiegender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, insbesondere auch nach der Rechtsprechung des Bayerischen Oberlandesgerichts und des Oberlandesgerichts München (auch wenn insoweit keine Einheitlichkeit gegeben sein soll) die Wirksamkeit derartiger Schiedsklauseln für den Fall, dass sie auch in Streitigkeiten bezüglich Pflichtteils – und Pflichtteilsergänzungsansprüchen gelten sollen, in Abrede gestellt wird (vgl. z. B. BayObLGZ Entscheidungen 1956, 186, 189; OLG München FamRZ 2016, 1310).

Nach Auffassung des Gerichts ist für die Beurteilung der Wirksamkeit von Schiedsklauseln in derartigen Fällen nicht maßgebend, welche Argumente im Einzelfall für oder gegen ein Schiedsgerichtsverfahren sprechen. Vielmehr ist maßgebend, ob der gesetzliche Pflichtteilsanspruch generell durch einseitige Verfügung von Todes wegen, § 1937 BGB, dem Schiedsverfahren unterstellt werden kann. Es mag hier so sein, dass der Erblasser seine besonderen Gründe für die Anordnung der Schiedsgerichtsbarkeit hatte und es ist sicher zutreffend, dass ein Schiedsgerichtsverfahren gegenüber einem Verfahren vor staatlichen Gerichten verschiedene Vorteile bietet, wie von den Beklagten auch aufgeführt. Insbesondere können Schiedsverfahren zügiger, flexibler und kostensparender durchgeführt werden, wobei die Vertraulichkeit des Verfahrens ebenso einen Vorteil bieten kann. Gerade in umfangreichen und komplexeren Verfahren, die eine Streitigkeit im engeren Familien- oder Geschäftsbereich betreffen, bietet dies erhebliche Vorteile.

Ob Schiedsgerichte generell den staatlichen Gerichten in jeder Hinsicht gleichwertige Rechtsschutzmöglichkeiten bieten, möchte die Kammer hier ausdrücklich dahinstehen lassen. Denn die Aufgaben staatlicher Rechtsprechungen sind vielfältig und die Einhaltung eines staatlichen Gerichtsverfahrens soll auch im Interesse besonders schutzwürdiger Rechtsgüter nicht vorbehaltlos entfallen.

§ 1066 ZPO sieht ausdrücklich vor, dass Streitigkeiten durch einseitige Verfügung auf Schiedsgerichte übertragen werden können, jedoch nur wenn dies in gesetzlich statthafter Weise geschieht. Ausgangspunkt ist für das Gericht hier, dass Schiedsgerichte grundsätzlich zwischen Vertragsparteien vereinbart werden und andererseits nur insoweit (einseitig) angeordnet werden können, wenn dies Ausfluss einer einseitigen Verfügungsmöglichkeit ist. Im Vergleich mit der staatlichen Gerichtsbarkeit, der grundsätzlich alle Bürger unterworfen sind, handelt es sich bei der Schiedsgerichtsbarkeit um eine andere Art der Gerichtsbarkeit, die der privatautonomen Legitimation bedarf.

Weil der Erblasser in den Gehalt der Pflichtteilsansprüche nicht eingreifen kann, ist ihm auch die einseitige Anordnung der Schiedsgerichtsbarkeit zu versagen. Die Zulässigkeit der Schiedsklausel für Pflichtteilsansprüche erfolgt nicht aus der Testierfreiheit, denn die Pflichtteilsrechte grenzen nun einmal die Testierfreiheit kraft Gesetzes ein (vgl. MüKo-BGB, 7. Aufl., § 1937, Rn 34). Der "Erst-recht-Schluss", ein Schiedsgericht müsse auch über das Pflichtteilsrecht entscheiden können, wenn es sogar darüber befinden könne, wer Erbe ist, ist daher nicht überzeugend. Entsprechendes gilt für das Argument, es müsse lediglich eine Schiedsklausel in wirksamer Form vorliegen.

In der Entscheidung vom 25.4.2016 hat das Oberlandesgericht München (34 Sch 13/15) entschieden, dass der gesetzliche Pflichtteilsanspruch, der die Testierfreiheit begrenze, nicht durch einseitige Verfügung von Todes wegen dem Schiedsverfahren unterstellt werden könne. Die Beklagten haben dieser Entscheidung eine weitere Entscheidung des OLG München (18. Zivilsenat) entgegengehalten und streiten sich des Weiteren darüber, ob es diese Entscheidung tatsächlich gebe. Die Kammer folgt jedoch – unabhängig von diesen Ausführungen – der überzeugenden ...

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