Stephanie Herzog / Matthias Pruns
zerb verlag, Bonn, 2018, 170 Seiten, 49 EUR
ISBN 978-3-95661-070-7
Daten und Rechtsbeziehungen zu diversen Online-Anbietern machen bereits heute einen bedeutenden Teil des Nachlasses aus. Aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung wird dies in der Zukunft zunehmen. Der rechtliche Umgang mit dem sog. digitalen Nachlass wird seit einiger Zeit kontrovers in der Literatur diskutiert. Spätestens mit den Entscheidungen des LG Berlin (Urt. v. 17.12.2015 – 20 O 172/15, DNotZ 2016, 537) und des Kammergerichts (Urt. v. 21.5.2017 – 21 U 9/16, ZErb 2017, 225 ff; krit. hierzu: Biermann, ZErb 2017, 210 ff; ders., ErbR 2018, 1; Herzog, ZErb 2017, 205 ff; Pruns, ZErb 2017, 217 ff) ist der digitale Nachlass in der Rechtswirklichkeit angekommen. Das Kammergericht hat entschieden, dass dem Übergang von Daten des Erblassers, welche auf Servern von Online-Anbietern (im konkreten Fall: Facebook) gespeichert sind, das in § 88 Abs. 3 TKG geregelte Fernmeldegeheimnis entgegenstehen kann. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig und derzeit beim BGH anhängig (III ZR 183/17). Hinzu kommt die Problematik, dass viele Provider in ihren AGB Regelungen treffen, wonach die bei diesen gespeicherten Daten des Erblassers auf dessen Erben nicht übergehen, sondern bspw. gelöscht werden. Sowohl die Entscheidung des Kammergerichts als auch die – im Ergebnis rechtswidrigen – AGB mancher Online-Anbieter konterkarieren den in § 1922 Abs. 1 BGB geregelten fundamentalen Grundsatz der Universalsukzession. Der Erblasser muss derzeit mithin – will er seinen Erben seine Daten uneingeschränkt zur Verfügung stellen – bereits lebzeitig explizite Vorkehrungen hierfür treffen. Die Erben sehen sich nach dem Erbfall ggf. mit Rechten Dritter (bspw. der Kommunikationspartner des Erblassers) im Zusammenhang mit den Daten des Erblassers konfrontiert. Herzog/Pruns haben es mit dem hier zu besprechenden Werk geschafft, das Thema "digitaler Nachlass", welches neben zwei hierzu verfassten Dissertationen bislang nur im Rahmen von Fachaufsätzen, Kommentaren, Buchbeiträgen zu finden war, umfassend und – vor allem – praxisnah zu behandeln.
Das Werk von Herzog/Pruns überzeugt bereits durch seinen stringenten Aufbau: Zunächst werden die rechtlichen Probleme des digitalen Nachlasses ausführlich behandelt (Teil 1). Hier wird die erbrechtliche Behandlung des digitalen Nachlasses ausführlich dargestellt und zwar unter Differenzierung zwischen Daten, welche sich auf Speichermedien beim Erblasser und auf Servern Dritter befinden. Besonders hervorzuheben ist die vorangestellte rechtliche Einordnung von Daten (§ 1 Rn 24 ff), was für ein Verständnis der erbrechtlichen Behandlung des digitalen Nachlasses unerlässlich ist und in der bislang zum Thema "digitaler Nachlass" ergangenen Literatur kaum vorgenommen wird. Zu Recht kommen Herzog/Pruns zu dem Ergebnis, dass sämtliche Daten mit dem Eigentum des Erblassers an dem entsprechenden Speichermedium auf dessen Erben übergehen, unabhängig davon, ob es sich um höchstpersönliche, intime oder geschäftliche Daten handelt (vgl. § 2 Rn 25 ff). Auf die Frage, wie seitens der Erben mit Rechten Dritter, welche an den Daten auf Speichermedien des Erblassers bestehen können, umzugehen ist, wird erfreulicher Weise ebenfalls ausführlich eingegangen (§ 3). Auch diese Thematik wurde in der bislang zum digitalen Nachlass ergangenen Literatur vernachlässigt.
Problematisch und heftig umstritten ist die rechtliche Behandlung von Daten des Erblassers, welche sich auf Servern Dritter (Online-Anbietern) befinden. Auch wenn sämtliche Rechtsbeziehungen des Erblassers zu Online-Anbietern gemäß § 1922 Abs. 1 BGB im Wege der Universalsukzession auf dessen Erben übergehen, steht das Erbrecht hier insbesondere in einem Spanungsverhältnis zum Telekommunikationsrecht (vgl. hierzu auch Biermann, ZErb 2017, 210). Herzog/Pruns stellen zunächst die besonderen Nutzungsarten elektronischer Kommunikation und externer Speichermedien sowie die Rechtsnachfolge in diese dar (§ 4 Rn 18 ff). Der Einfluss des Telekommunikationsrechts auf die rechtliche Behandlung des digitalen Nachlasses, insbesondere das in § 88 Abs. 2 TKG geregelte Fernmeldegeheimnis, wird von Herzog/Pruns umfassend und überzeugend behandelt (§ 4 Rn 50 ff): Der Kern der Problematik ist die Frage, ob Online-Anbieter den Erben ihres vormaligen Vertragspartners, trotz Übergang der Vertragsbeziehungen auf diese, den Zugang zu den jeweiligen Daten unter Berufung auf das Fernmeldegeheimnis verweigern können. Im Ergebnis sind die Erben nicht als "andere" iSd § 88 Abs. 3 TKG anzusehen, sodass sich die Online-Anbieter hierauf gegenüber Erben nicht berufen dürfen (§ 4 Rn 57 ff, mit zutreffender Kritik an der gegenteiligen Auffassung des KG [aaO]).
Ferner setzen sich Herzog/Pruns mit der Praxis einiger Online-Provider, den Übergang von Daten auf die Erben ihrer Vertragspartner in ihren AGB auszuschließen, auseinander (§ 5). Überzeugend kommen sie zu dem Ergebnis, dass solche Regelungen einer AGB-...