a) Gründe für die Wahl deutschen Rechts
Wird eine Rechtswahl getroffen, können sich die Beteiligten auf die materiellen Auswirkungen des Erbfalls verlassen und zwar auch dort, wo das anwendbare Recht nicht sicher festzustellen ist oder wegen möglicher Aufenthaltswechsel noch gar nicht sicher feststeht. Anders mag dies bei steuerlichen Auswirkungen sein. Die Rechtssicherheit ist aus Sicht der Gestaltungspraxis stets ein besonderer Wert, der gerade bei letztwilligen Verfügungen nicht zu unterschätzen ist, denn derjenige, dem die Wirkungen des Erbfalls gleichgültig sind oder der grundsätzlich das europäische Erbrecht in seiner Vielgestaltigkeit akzeptiert, wird sich bereits von vorn herein weder für die Errichtung eines Testaments noch für eine Erbrechtswahl interessieren, mithin regelmäßig auch nicht um Rat bitten. Die Rechtswahl schafft damit dem Erblasser Rechtssicherheit für die Zukunft.
Die Wahl deutschen Erbrechts bietet aus Sicht der deutschen Gestaltungspraxis vor allem aber auch den weiteren Vorteil, dass der mit der Vorbereitung der letztwilligen Verfügung beauftragte Notar oder Rechtsanwalt über die Wirkungen der letztwilligen Verfügung beraten und belehren kann. So hat etwa der Notar nach § 17 BeurkG Belehrungspflichten zu erfüllen. Diese umfassen nicht nur das gesetzliche Erb- und Pflichtteilsrecht, sondern können praktisch alle erbrechtsrelevanten Probleme und Fragestellungen umfassen, etwa Fragen der Bindungswirkung bei gemeinschaftlichem Testament oder Erbvertrag. Zu Fragen ausländischen Erbrechts kann und wird der Notar idR nur ausnahmsweise beraten.
b) Zweifel an der grundsätzlichen Empfehlung der Rechtswahl
Mögen Gründe der Rechtssicherheit und der Beratungskompetenz aus Sicht deutscher Rechtsanwälte und Notare zunächst für eine Rechtswahl sprechen, ist damit noch nicht geklärt, ob die Rechtswahl auch ansonsten den Interessen des Erblassers entspricht. Die Rechtssicherheit ist ein hohes Gut, für den letzten Willen der Beteiligten, es ist aber stets auf den "wirklichen Willen" des Erblassers abzustellen. Dies gilt nicht nur für die Auslegung der letztwilligen Verfügung (§ 2084 BGB), sondern auch für ihre Errichtung. Hier gilt ausdrücklich für den Notar, dass er den wirklichen Willen der Beteiligten zu ermitteln und ihnen entsprechende Vorschläge zu machen hat, um diese Ziele zu erreichen. Um die optimale Lösung zu finden, ist es nötig, auch das Erbrecht des anderen Staates zu kennen. Einzig dort, wo der deutsche Berater den Beteiligten das deutsche Recht darlegt und die Wünsche der Beteiligten sich unter Anwendung des deutschen Rechts umfassend und sicher umsetzen lassen, bedarf es wohl keines Rückgriffs auf das ausländische Erbrecht. Bereits dort, wo etwa Pflichtteilsansprüche vermieden werden sollen, ist diese Lösung aber nicht mehr möglich. Die Praxis zeigt, dass sich der Rechtsanwalt oder Notar bei der Errichtung des Testaments den Wünschen der Beteiligten oftmals nur annähern kann, weil etwa das Pflichtteilsrecht oder § 2065 BGB – um nur zwei Beispiele zu nennen – der Gestaltungsfreiheit Grenzen setzt. Dort, wo die optimale Lösung mit dem deutschen Recht zu finden ist, kann und wird der deutsche Berater zur Rechtswahl anraten. Dort, wo die Wünsche der Beteiligten nicht vollständig umgesetzt werden können, muss eine dem Willen der Beteiligten möglichst nahe kommende Lösung gefunden werden, die ohne Kenntnis des anderen Rechts nicht möglich ist. Die Aussage, die Rechtswahl sei aus notarieller Sicht stets zu empfehlen, ist in dieser Allgemeinheit jedenfalls nicht richtig. Die Rechtswahl zugunsten des deutschen Heimatrechts ist damit nicht immer die optimale Lösung.