Zur Verdeutlichung werden folgend einige Beispiele analysiert, die sowohl auf sachrechtliche, als auch auf Aspekte der Zulässigkeit und der materiellen Wirksamkeit eingehen.
Beispiel 4
Ein Erblasser mit gewöhnlichem Aufenthalt in Palma de Mallorca hat nicht vor, diesen Aufenthalt noch einmal zu ändern.
In einem bereits seit langer Zeit verfassten Testament hat er seine Ehefrau, mit der er in Gütertrennung lebt, umfangreich bedacht und sein einziges Kind – eine Tochter aus erster Ehe – enterbt. Als er Ende 2015 in einer Zeitschrift einen allgemeinen Rat zur Rechtswahl las, hat er diese kurzerhand handschriftlich verfasst und deutsches Recht gewählt.
Anlässlich der kürzlichen Trennung von seiner Ehefrau und dem dadurch schlagartig verbesserten Verhältnis zu seiner Tochter möchte er sein Testament ändern und nun das Erbe der Ehefrau größtmöglich einschränken. Auf lange Sicht soll die Tochter am liebsten alles erben.
Beispiel 4, Abwandlung: Wie Beispiel 4, nur dass der Erblasser mit seiner Tochter einen einseitigen Erbvertrag schließt.
In Anbetracht des mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorhersehbaren gewöhnlichen Aufenthalts in Mallorca kommt sowohl das Sachrecht Mallorcas als auch das deutsche Recht – letzteres im Falle einer Rechtswahl – in Betracht. Enterbt der Erblasser die Ehefrau nach deutschem Recht, betrüge der Pflichtteil gem. § 2303 iVm § 1931 Abs. 4 BGB ein Viertel der Erbmasse. Nach mallorquinischem Recht liegt der Pflichtteil indessen gem. Art. 53 iVm Art. 45 der Compilación del Derecho Civil de las Islas Baleares im Nießbrauchsrecht an der Hälfte des Nachlasses. Auf lange Sicht bliebe der Tochter des Erblassers demnach das gesamte Vermögen des Erblassers und nicht, wie nach deutschem Recht, nur drei Viertel. Dem Erblasser ist daher wohl zu empfehlen, ein Testament zu verfassen, in welchem vorherige letztwillige Verfügungen und die Rechtswahl widerrufen sowie die Ehefrau enterbt wird.
Im Falle des Abschlusses eines Erbvertrags (Abwandlung) ergibt sich nichts anderes. Denn nicht nur nach deutschem, sondern auch nach mallorquinischem Recht ist ein Erbvertrag zulässig. Da gem. Art. 25 Abs. 1 EuErbVO zudem das hypothetische Erbstatut für die Zulässigkeit, materielle Wirksamkeit und die Bindungswirkungen des Erbvertrags gilt, besteht kein Risiko, dass der Vertrag bei etwaigen Gesetzesänderungen nachträglich unwirksam wird.
Etwas anderes ergibt sich allerdings zunächst beim Berliner Testament. Denn gemeinschaftliche Testamente sind nach mallorquinischem Recht in Ermangelung abweichender legis specialis von der allgemeinen Regelung im spanischen Código civil (Art. 669 Código civil) unzulässig. In diesem Fall muss also auf das deutsche Recht zurückgegriffen werden. Hierfür genügt es jedoch nicht, seine bereits bestehende handschriftli- che Rechtswahl schlicht unwiderrufen zu lassen. Denn bei einer Rechtswahl kann auch zwischen Errichtungs- und Erbstatut differenziert werden. Zwar bindet die Wahl eines Erbstatuts den Erblasser an das korrespondiere Errichtungsstatut. Die Wahl eines Errichtungsstatuts bindet umgekehrt aber gem. Art. 25 Abs. 3 EuErbVO (für Erbverträge, zu denen nach der Lesart der EuErbVO auch das Berliner Testament gehört) bzw. Art. 24 Abs. 2 EuErbVO (für sonstige Verfügungen) nicht das Erbstatut, sondern kann isoliert erfolgen. Das bedeutet, dass der Erblasser bei Änderung bzw. Beschränkung seiner Rechtswahl doch noch zur Anwendung spanischen Sachrechts kommen kann, ohne dass das Berliner Testament unwirksam wird.
Für eine isolierte Wahl des Errichtungsstatuts ist folgende Formulierung geeignet:
"Hinsichtlich der Zulässigkeit, materiellen Wirksamkeit und der Bindungswirkung einschließlich der Voraussetzungen für die Auflösung des Erbvertrags wird deutsches Recht gewählt."
Unproblematisch bleibt die Zulässigkeit der isolierten Wahl des Errichtungsstatuts auch, wenn zwei Erblasser unterschiedlicher Staatsangehörigkeit wechselseitige Verfügungen treffen.
Beispiel 5
Ein Deutscher und eine Spanierin, beide mit gewöhnlichem Aufenthalt in Marbella (Andalusien), möchten einen Erbvertrag abschließen. Da die gesamte Familie beider Erblasser in Spanien lebt, soll nach Möglichkeit spanisches Recht zur Anwendung kommen, um etwaig aufkommende Konflikte nach dem lokalen und nicht nach dem dort fremden deutschen Recht lösen zu müssen.
Nach dem in Andalusien anwendbaren gemeinspanischen Erbrecht ist gem. Art. 1271 Código civil der Erbvertrag unzulässig. Entsprechend kommt aus kautelarpraktischer Hinsicht nur der Rat zur Wahl des deutschen Errichtungsstatuts in Betracht. Dies ist möglich, obwohl lediglich einer der Vertragspartner die deutsche Staatsangehörigkeit hat. Denn gem. Art. 25 Abs. 3 EuErbVO ist es nur notwendig, dass "eine der Personen" das Recht wählen kann. In diesen Fällen ist es allerdings ratsam, dies auch ausdrücklich klarzustellen.
"Für die Zulässigkeit, materielle Wirksamkeit und Bindungswirkung einschließlich der Voraussetzungen für die Auflösun...