Die Eheleute V und M, beide 50 Jahre alt und gesund, haben eine vermögensverwaltende Grundstücks-GbR gegründet, an der sie beide hälftig beteiligt sind. Sie haben jeweils ihr hälftiges Miteigentum an Grundstücken eingebracht. Sie leben im gesetzlichen Güterstand und haben noch das Kind A. Vater V setzt die Ehefrau zur Alleinerbin ein und stirbt. Im Gesellschaftsvertrag ist eine Fortsetzungsklausel aufgenommen, wonach bei Tod eines Gesellschafters die Gesellschaft ohne Liquidation auf den überlebenden Gesellschafter übergeht und der verstorbene Gesellschafter ersatzlos, d. h. ohne Abfindung für seine Erben, ausscheidet. Der Anteil des V hat einen Wert von 1.000.000 EUR. Pflichtteilsergänzungsansprüche des Kindes A?
Lösung: Infolge der Fortsetzungsklausel wächst der Anteil des V der M an und die Gesellschaft wird dadurch beendet. Der Ausschluss jeglicher Abfindung nach § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB beim Tod des Gesellschafters ist zivilrechtlich nach hM zulässig. Allerdings könnte § 2325 BGB erfüllt sein, wenn im Abfindungsverzicht eine Schenkung läge. Wird die Fortsetzungsklausel mit Abfindungsausschluss für alle Gesellschafter gleichmäßig vereinbart und ist das Risiko des Ablebens etwa vergleichbar (geringer Altersunterschied, keine Erkrankung), handelt es sich nach (noch?) hM um ein entgeltliches Wagnisgeschäft und nicht um eine Schenkung. Dieses Ergebnis wird jedenfalls dann als wertungsgerecht hingenommen, wenn der Abfindungsausschluss weniger von der Absicht, dem Nachfolger etwas zuzuwenden, geprägt ist, sondern in erster Linie das Unternehmen beim Tod des Gesellschafters erhalten, insb. seine Gefährdung durch Abfindungsansprüche abwehren soll.
Auf rein vermögensverwaltende Gesellschaften, insb. zur Immobilienverwaltung, dürfte diese Rechtsprechung daher nur "mit Vorsicht" – eigentlich: nicht – anzuwenden sein (keine gesellschaftsrechtliche Legitimation), wenn man nicht ohnehin allgemein der immer stärker vertretenen Mindermeinung folgt. Hätten die Eheleute eine Bruchteilsgemeinschaft, bestünde am diesbezüglichen ordentlichen Pflichtteil kein Zweifel. Aufgrund der Vertragsfreiheit ist es den Eheleuten zwar unbenommen, ihre Angelegenheiten so zu regeln, wie sie es möchten, doch ist hier ein einer Schenkung in ausreichendem Maße vergleichbarer Sachverhalt gegeben. Der Zuwendende hat für den Fall des Zuerst-Versterbens keinen den Nachteil seiner Zuwendung ausgleichenden Vorteil; ihm fehlt anders als bei Spekulationsgeschäften mit lebzeitigem Risiko (wie z. B. beim Leibrentenkauf) der persönliche Anreiz zur Risikobegrenzung. Zu beachten ist auch das konkrete familiär bedingte Zuwendungsinteresse. Daher liegt zumindest eine Regelung vor, auf die die drittschützende Norm des § 2325 BGB Anwendung zu finden hat. Der Abfindungsausschluss bei reinen Vermögensverwaltungsgesellschaften ist regelmäßig als Schenkung iSv § 2325 Abs. 1 BGB anzusehen, denn es wird praktisch nie vorkommen, dass der Zusammenschluss zur Vermögensverwaltung solche Vorteile gegenüber Einzelverwaltung erwarten lässt, dass diese auch im Fall des Zuerst-Versterbens den Verlust des vollen Beteiligungswerts ausgleichen.
Die 10-Jahres-Frist beginnt bei Vereinbarung des Abfindungsausschlusses erst mit dessen Realisierung beim Tod des Gesellschafters, ganz abgesehen vom Sonderfall der Ehegattenschenkung nach § 2325 Abs. 3 Satz 3 BGB. A hat daher einen Anspruch aus § 2325 BGB in Höhe von 250.000 EUR.