Zugleich eine Anmerkung zu BGH, Urteil vom 8. Oktober 2013 – XI ZR 401/12, ZErb 2014, 25
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Mit seiner Entscheidung vom 8.10.2013 hat der 11. Senat des Bundesgerichtshofs klargestellt, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Verkehr mit Verbrauchern, wonach eine Bank beim Tode eines Kunden wählen kann, ob zur Klärung der Rechtsnachfolge ein Erbschein bzw. Testamentsvollstreckerzeugnis oder die Eröffnungsverhandlung nebst einer beglaubigten Abschrift des Testaments oder Erbvertrags des verstorbenen Kunden vorzulegen ist, unwirksam sind. Die Folge ist, dass fast alle Banken die Ziffer 5 der Banken AGB gestrichen haben und auf eine baldige Neuregelung verweisen. Nachfolgend sollen die praktischen Auswirkungen dieser Entscheidung, der vollends zugestimmt werden kann, näher erläutert werden.
1. Begründung des Bundesgerichtshofs
Bereits in seinen ersten Zeilen der Begründung macht der Bundesgerichtshof deutlich, dass ein Erbe nicht verpflichtet ist, sein Erbrecht durch einen Erbschein nachzuweisen. Vielmehr könne er diesen Nachweis auch in anderer Form erbringen, denn eine solche Pflicht sei vom Gesetzgeber überhaupt nicht gewollt und führe nicht nur zu einer unerträglichen Belästigung des Erben, sondern auch zu unnützen Kosten und zur Verzögerung der Nachlassregulierung. Aus den §§ 2366, 2367 BGB würde nichts anderes folgen.
Interessant ist, wie das Gericht die einzelnen Rechtfertigungen für die Klausel durch die Bank entkräftete. So habe der Gesetzgeber durchaus das Spannungsfeld, in dem die Banken sich befinden, erkannt, nämlich etwaige Schadensersatzansprüche bei unberechtigter Forderung eines Erbscheins auf der einen Seite und Bestehen der Leistungspflicht bei fahrlässiger Akzeptanz von bestimmten Urkunden auf der anderen. Wichtig ist auch der Verweis auf § 35 Abs. 1 S. 2 2. HS GBO, wonach ein Grundbuchamt nur dann einen Erbschein fordern dürfe, wenn sich bei der Prüfung der Verfügung von Todes wegen hinsichtlich des behaupteten Erbrechts Zweifel tatsächlicher Art ergeben. Dem liege zugrunde, dass beim öffentlichen Testament (im Unterschied zum handschriftlichen Testament) vor der Beurkundung vom Notar die Identität und die Geschäftsfähigkeit des Erblassers festgestellt und dessen letzter Wille erforscht und dieser klar, unzweideutig wiedergegeben wird, was zu einem gesteigerten Beweiswert führt.
Der Bundesgerichtshof erklärt in Übereinstimmung mit der Vorinstanz, dem OLG Hamm, es würde keine Regelung existieren, wonach der Nachlassschuldner berechtigt wäre, seine Leistung auch ohne vertragliche Vereinbarung von der Vorlage eines Erbscheins abhängig zu machen. Keinesfalls dürfe durch AGB der Bank die Entscheidung, wann die Berechtigung des Erben klärungsbedürftig ist, allein überlassen bleiben. Zwar ist in der Entscheidung dargelegt worden, dass die AGB-Klausel im Verkehr mit Verbrauchern nicht zulässig ist. Nach § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB ist jedoch auch bei Verträgen mit Unternehmern § 307 BGB anwendbar, wobei allerdings die den Vertragsabschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen sind. Demzufolge müsste die Entscheidung des Bundesgerichtshofs auch für Geschäftskonten und nicht nur für Privatkonten gelten.
2. Folgerungen für die Praxis
Aus Sicht der Bank stellt sich nunmehr die Frage, wann sie denn nun von einem Erben oder einem Testamentsvollstrecker einen Erbschein bzw. ein Testamentsvollstreckerzeugnis verlangen kann.
Der Bundesgerichtshof hat im Rahmen seiner Begründung insbesondere auf § 35 GBO hingewiesen. Aus dieser Argumentation ließe sich dann der Grundsatz ableiten, wonach eine Bank dann nicht die Vorlage eines Erbscheins oder Testamentsvollstreckerzeugnisses verlangen kann, wenn auch ein Grundbuchamt hierzu nicht berechtigt wäre.
Voraussetzung für ein berechtigtes Fordern wäre somit, wenn sich konkrete Zweifel an der Gültigkeit bzw. dem Inhalt des Testaments ergäben. Nach der zu § 35 GBO ergangenen Rechtsprechung müsste dann das Grundbuchamt aber sogar den Inhalt des Testaments stets selbst prüfen und – sofern notwendig – durch Anwendung von Auslegungs- und Zweifelsregeln das Testament auslegen. In Bezug auf die Bankenpraxis wird jedoch dort die Grenze zur Zumutbarkeit der eigenen Auslegungsverpflichtung etc. gegeben sein, wenn die Bank erst einmal die tatsächlichen Grundlagen oder den Sachverhalt erforschen müsste. Immer dann, wenn also außer...