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Das Recht der Nachlasspflegschaft ist gesetzlich nur in wenigen Paragrafen geregelt und wird dabei durch einige Normen im Vormundschaftsrecht und Verfahrensrecht des FamFG ergänzt. Das Zusammenspiel dieser Regelungen wirft in der Praxis oftmals Fragen auf, die von den Gerichten unterschiedlich beantwortet werden. Daneben erfordert die berufsmäßige Führung von Nachlasspflegschaften spezielles Wissen; so sind neben umfassenden Kenntnissen auch kaufmännische und investigative Fähigkeiten des Nachlasspflegers gefragt. Als Veranstalter bietet die Hoerner Bank AG mit dem Deutschen Nachlasspflegschaftstag eine Plattform zum Erfahrungsaustausch zwischen Nachlasspflegern und Mitarbeitern der Nachlassgerichte und durfte in diesem Jahr mit 230 Anwesenden so viele Teilnehmer wie nie zuvor auf der Tagung begrüßen. Die 7. Auflage des Deutschen Nachlasspflegschaftstages fand am 21. März 2014 in Leipzig statt. Moderiert von Herrn Thomas Lauk boten folgende Vorträge die Grundlage für Diskussionen und zum intensiven Meinungsaustausch:
I. Der Vertrag zugunsten Dritter im Erbfall
Schon der Eröffnungsvortrag von Rechtsanwalt Dr. Dirk Bredemeyer weckte großes Interesse im Auditorium, handelt es sich doch beim Vertrag zugunsten Dritter im Erbfall um ein juristisches Konstrukt, das als Lebensversicherung oder Sparbuch mit Bezugsrecht dem Nachlasspfleger häufig begegnet. Nach Erörterung der allgemeinen Rechtsbeziehungen (Deckungs-, Valuta- und Zuwendungsverhältnis) wurde intensiv die Frage beleuchtet, ob der Rechtserwerb des Dritten endgültig ist oder für den Erben oder in dessen Vertretung durch den Nachlasspfleger die Möglichkeit einer Einflussnahme auch noch nach dem Todesfall besteht. Im Ergebnis komme es zum Wettlauf zwischen Nachlasspfleger und dem Bezugsberechtigten. Schon zur Vermeidung der eigenen Haftung müsse der Nachlasspfleger seine rechtlichen Einwirkungsmöglichkeiten frühzeitig erkennen und – sofern möglich – z. B. dem Versicherungsunternehmen die Botenmacht durch Widerruf entziehen bzw. die auf dem Weg befindliche Valutaofferte gegenüber dem Drittbegünstigten vor Zugang widerrufen.
II. Die Überwachung des Nachlasspflegers durch das Nachlassgericht
Dr. Falk Schulz richtete seinen anschließenden Vortrag direkt an die zahlreich anwesenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Nachlassgerichte. Anhand des Sprichworts "Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser" behandelte er das Verhältnis des Rechtspflegers zum Nachlasspfleger. Die Aufsichtspflicht und Weisungsbefugnis des Nachlassgerichts werde dadurch begrenzt, dass der Nachlasspfleger sein Amt grundsätzlich selbstständig und eigenverantwortlich führt. Insbesondere wenn das Nachlassgericht jedoch eine Pflichtwidrigkeit des Pflegers feststellt, könne es Gebote oder Verbote – notfalls mit Festsetzung von Zwangsgeld – durchsetzen. Als ultima-ratio komme die Entlassung des Nachlasspflegers in Betracht. Schließlich betrachtete Dr. Schulz das Vorhandensein einer Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung und deren Ausgestaltung als Auswahlkriterium für die Pflegerbestellung.
III. Der ausländische Erblasser / IPR-Grundlagen
In seiner gewohnt unterhaltsamen Art entführte Prof. Dr. Ludwig Kroiß die Teilnehmer ins internationale Erbrecht. Zunächst wurden die Probleme bei doppelter Staatsangehörigkeit aufgezeigt. Zur Beantwortung der Frage, welche Formvorschriften für die Errichtung einer letztwilligen Verfügung von Todes wegen maßgeblich sind, erörterte Prof. Dr. Kroiß das Verhältnis von Art. 26 EGBGB zum Haager Testamentsübereinkommen. Schließlich erfolgte ein Ausblick auf die EU-Erbrechtsverordnung.
IV. Der Baum im Nachlass – ein ungeahnter Problemfaktor
Durch das Mittagstief führte Rechtsanwalt Ralf Hamberger, der die Teilnehmer multimedial in einen Wald versetzte und für die besondere Problematik des Vorhandenseins von Bäumen oder sogar Wäldern im Nachlass sensibilisierte. Der Baum im Nachlass stelle grundsätzlich eine Gefahrenquelle für Personen und/oder Sachen dar. Dann träfen den Nachlasspfleger besondere Verkehrssicherungspflichten. Für ausreichenden Versicherungsschutz sei zu sorgen. Als Ärgernis sei der Baum regelmäßig im Rahmen von Nachbarstreitigkeiten anzutreffen. Für diese Fälle zeigte Hamberger die Rechte und Pflichten des Nachlasspflegers auf.
V. Gold und Silber im Nachlass
Über den Wortlaut des Vortrags hinaus referierte Prof. Dr. Walter Zimmermann äußerst unterhaltsam über Wertgegenstände im Nachlass. Wie umfassend der Nachlass nach Wertgegenständen durchsucht werden müsse, sei immer eine Einzelfallentscheidung. Mit einem Augenzwinkern verriet Prof. Dr. Zimmerma...