Dieser Staatsvertrag wurde zwar durch die EuGVVO weitestgehend obsolet, behält jedoch für all jene Rechtsgebiete seine Wirksamkeit, auf die die EuGVVO nicht anwendbar ist, also auch im Gegenstand, weil die EuGVVO aufgrund des Ausschlusstatbestandes nach Art. 1 Abs. 2 lit a) EuGVVO (keine sachliche Anwendung "auf dem Gebiet des Erbrechts einschließlich des Testamentsrechts") nur in seltenen Fällen im Vorfeld, am Rande oder im Anschluss erbrechtlicher Auseinandersetzungen zur Anwendung gelangt, wobei jedwede "erbrechtliche Anspruchsgrundlage" im Zweifel als hinreichend für den Ausschluss nach Art. 1 Abs 2 lit a) EuGVVO erachtet wird.
Art. 1 des Deutsch-Österreichischen Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrags legt fest, dass die "Entscheidungen der Gerichte des einen Staates, durch die im streitigen Verfahren oder im Verfahren außer Streitsachen (in einem Verfahren der streitigen oder der freiwilligen Gerichtsbarkeit) über Ansprüche der Parteien erkannt wird, (...) im anderen Staat anerkannt [werden], auch wenn sie noch nicht rechtskräftig sind", wobei es "für die Anerkennung (...) ohne Bedeutung [ist], ob die Entscheidung als Urteil, Beschluss, Zahlungsbefehl, Vollstreckungsbefehl oder sonstwie benannt ist". Art. 2 listet Gründe auf, in denen eine Anerkennung ausnahmsweise versagt werden darf, etwa gemäß Z 3, "wenn nach dem Rechte des Staates, in dem die Entscheidung geltend gemacht wird, die Gerichte dieses oder eines dritten Staates kraft Gesetzes ausschließlich zuständig waren."
Da der deutsche Erbschein an sich keine materiell-rechtliche Wirkung entfaltet, erscheint es durchaus zweifelhaft, ob er tatsächlich als "gerichtliche Entscheidung" im Sinne dieses bilateralen Abkommens verstanden werden kann. Allerdings ist die Frage spätestens seit der Entscheidung des öst. Obersten Gerichtshofs vom 12.11.1992 geklärt, wonach die Anerkennung eines deutschen Erbscheins (nur) dann zu versagen sei, wenn nach dem Recht des Staates, in dem er geltend gemacht wird, die Gerichte dieses Staates kraft Gesetzes ausdrücklich zuständig wären. Dies ist im Zusammenhang mit in Österreich gelegenem unbeweglichen Vermögen gemäß § 106 Abs.. 1 Z 1 JN der Fall. Der Oberste Gerichtshof bezieht sich in seiner Erkenntnis deshalb auch auf den Versagungsgrund nach Art. 2 Z 3 des Deutsch-Österreichischen Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrags, was nicht erforderlich wäre, wenn er dem deutschen Erbschein generell keine Anerkennung beimessen würde. Folglich ist der deutsche Erbschein in Österreich – von einzelnen Ausnahmefällen abgesehen – grundsätzlich anzuerkennen.
Andere staatsvertragliche Regelungen bestehen in diesem Zusammenhang zwischen Österreich und Deutschland derzeit nicht. Seit Inkrafttreten der EuErbVO per 16.8.2012 liegt allerdings für Todesfälle nach dem 16.8.2015 ohnedies ein Reglement auf Unionsebene vor, das inner- und zwischenstaatliche Normen der beiden Länder weitestgehend derogiert.