Mit dieser Schlussfolgerung sind allerdings nicht nur geografische Hürden bezwungen, sondern durchaus relevante Folgewirkungen verbunden.
Hier ist zunächst neuerlich in Erinnerung zu rufen, dass der deutsche Erbschein, mag er nun beschränkt oder unbeschränkt sein, nicht in Rechtskraft erwachsen kann. Sehr wohl ist dies jedoch beim österreichischen Ausfolgungsbeschluss der Fall. Eingedenk dessen wird klar, dass der beschränkte deutsche Erbschein nicht nur als Grundlage für die Erlangung im Ausland befindlichen Vermögens geeignet ist, sondern darüber hinaus (mittelbar) über den österreichischen Ausfolgungsbeschluss Rechtskraftwirkung entfaltet. Seine "Veredelung" über den nachbarschaftlichen Umweg ist damit perfekt.
Die nicht minder interessante Frage, was passiert, wenn er sodann Jahre später in Deutschland eingezogen und für kraftlos erklärt wird, muss im gegebenen Rahmen unbeantwortet und einer Untersuchung bei anderer Gelegenheit vorbehalten bleiben.
Im Ergebnis werden aber jedenfalls Inhaber beweglicher Vermögenswerte deutscher Erblasser in Österreich nach Vorlage eines beschränkten Erbscheins die Herausgabe bzw. Übertragung verweigern dürfen und bei sonstiger Haftung wohl auch müssen. Dies gilt es etwa von österreichischen Banken im Zusammenhang mit Schließfächern, Sparguthaben, Konten und dergleichen zu beachten. Den deutschen Erben bleibt es sodann unbenommen, einen ohne Weiteres als unmittelbar anzuerkennende Legitimationsurkunde geltenden unbeschränkten Erbschein in Deutschland zu erwirken oder alternativ dazu ihre Übernahmeberechtigung auf Basis eines beschränkten Erbscheins im Rahmen eines österreichischen Ausfolgungsverfahrens durchzusetzen.
Die Variante über das Ausfolgungsverfahren könnte sich dabei speziell für jene Erben anbieten, denen an einem möglichst diskreten Vermögenstransfer gelegen ist und die über einen Insiderinformationsvorsprung gegenüber Pflichtteilsberechtigten und sonstigen Nachlassgläubigern wie etwa auch dem Fiskus verfügen.
Da ein beschränkter Erbschein in Deutschland, etwas überspitzt formuliert, an sich schon mit der Behauptung erwirkt werden kann, der Erblasser habe seinen Reisekoffer in einem österreichischen Hotel vergessen, eröffnen sich verfahrensrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten, die erb-, insbesondere pflichtteils- und abgabenrechtlich zu verlockenden Umgehungskonstruktionen (ver-)führen könnten, zumal in Österreich keine Verständigung von Miterben, Pflichtteilsberechtigten, Legataren, Gläubigern oder der Finanzverwaltung mehr gesetzlich vorgesehen ist. Auch wird es österreichischen Beratern, Vertretern und Geschäftspartnern der Erblasser angesichts ihrer gesetzlichen und standesrechtlichen Verschwiegenheitsverpflichtungen nur in seltenen Ausnahmefällen möglich sein, die betroffenen Kreise aus eigenem Antrieb zu informieren (Stichwort "Bankgeheimnis").
Selbst die besonderen Bestimmungen zur Sicherung der Ansprüche von inländischen Erben, Vermächtnisnehmern und Gläubigern, wie sie gemäß §§ 137 bis 139 AußStrG aF noch vorgesehen waren, bestehen im Ausfolgungsverfahren seit der Novelle des AußStrG 2005 nicht mehr, sodass allenfalls noch über einstweilige Verfügungen nach den Bestimmungen der Exekutionsordnung Abhilfe geschaffen werden kann.
Bis zur besagten Novelle waren weiters etwaige Erben, Vermächtnisnehmer und Gläubiger mittels Edikt aufzufordern, ihre Forderungen anzumelden. Ob und gegebenenfalls in welcher Form sie nach derzeit geltender Rechtslage immer noch zu benachrichtigen sind, bleibt offen, wird aber zumindest möglich sein.
Ganz allgemein legt Bittner nahe, stets auch im Ausfolgungsverfahren wenigstens eine Todesfallaufnahme durchzuführen, da "Parteistellung, zu sichernde Gegenstände etc. (...) nur aus einer Todesfallaufnahme ermittelt werden" können, sieht diesbezüglich aber primär den Gesetzgeber am Zug. Allerdings ist der Entscheidung des Landesgerichtes Salzburg vom 22.12.2010 zu entnehmen, dass die Gerichte in aller Regel ohnehin einen Gerichtskommissär mit der Abwicklung betrauen, der üblicherweise schon aus Gebühren- und Haftungsgründen eine Todesfallaufnahme durchführen wird.
Gesetzliche Neuregelungen sind hingegen kaum mehr zu erwarten, zumal das österreichische Ausfolgungsverfahren durch die Einführung des Europäischen Nachlasszeugnisses nach der EuErbVO für Todesfälle ab dem 17.8.2015 zumindest im europäischen Kontext weitestgehend an Bedeutung verlieren dürfte.