Um zu vermeiden, dass ein gemeinschaftliches Testament der italienischen Ordre Public zum "Opfer" fällt und der Wille der Erblasser mithin nicht umgesetzt wird, sollte in jedem Fall auf das alleinige Errichten eines gemeinschaftlichen Testaments verzichtet werden. In all jenen Fällen, in denen damit zu rechnen ist, dass ein Ehegattentestament nicht umgesetzt wird, sollte auf dessen Ausfertigung verzichtet werden und stattdessen zwei Einzeltestamente errichtet werden. Jedes Testament sollte dann die Bestimmung enthalten, dass der andere Ehe- oder Lebenspartner zum Alleinerben eingesetzt wird und, falls dieser zuerst versterben sollte, die gemeinsamen Kinder (oder anderweitige Dritte) zu Ersatzerben bestimmt werden.
Bei dieser Lösung erreicht man im Resultat die gleiche erbrechtliche Gestaltung wie bei einem gemeinschaftlichen Testament. Freilich ohne die dem gemeinschaftlichen Testament inhärente Bindungswirkung, die ja gerade mit der romanischen Ordre Public nicht vereinbar ist. Ob eine solche erbrechtliche Ausgestaltung für die jeweilige Mandantschaft in Frage kommt, oder ob etwa andere Optionen vorzuziehen sind, kann nur individuell und im Zweifel nur von den Mandanten selbst entschieden werden. Auf jeden Fall müssen die Mandanten hier, auch aus berufshaftungsrechtlichen Gesichtspunkten, detailliert über die fehlende Bindungswirkung gegenüber einem gemeinschaftlichen Testament und den etwaigen Konsequenzen aufgeklärt werden.
Als Rechtsberater darf man sich hier auf keinen Fall verleitet fühlen, eine gegenseitige Wirksamkeitsbedingung in die entsprechenden Einzeltestamente aufzunehmen, um so eine Bindungswirkung durch die "Hintertür" zu erreichen. Ein Testament, welches etwa unter der auflösenden Bedingung errichtet wird, dass man von dem durch das Testament Begünstigten selbst testamentarisch bedacht wird, ist gemäß Art. 635 Codice Civile explizit verboten und führt zur Gesamtnichtigkeit des Testaments. Aus diesem Grund sollte auf jegliche Bezugnahme auf ein anderes Testament unbedingt verzichtet werden.
Ebenso wenig ist es möglich, die Bindungswirkung erbvertraglich zu erreichen, da das Konstrukt des Erbvertrags romanischen Rechtsordnungen ebenso fremd ist wie das gemeinschaftliche Testament. Auch dies rührt aus der starken Bedeutung der absoluten Testierfreiheit her, die allen romanischen Rechtsordnungen gemein ist.
Während sich aber beispielsweise Frankreich durch die Erbrechtsreform im Jahre 2007 der Möglichkeit zur Errichtung von Erbverträgen gemäß Art. 929 ff Code Civil zumindest im Ausnahmefall nähert, hält Italien gemäß Art. 458 Codice Civile starr an dem Verbot fest.
Zwei Einzeltestamente, wie oben erläutert, sind mithin die einzige sichere Alternative zu einem gemeinschaftlichen Testament, obgleich sich die angestrebte Bindungswirkung eines Ehegattentestaments damit nicht realisieren lässt.