a) Gesetzesentwurf zur Bekämpfung von Kinderehen
Um Rechtsklarheit zu schaffen, hat die Bundesregierung durch Kabinettsbeschluss vom 5.4.2017 einen Gesetzesentwurf zur Bekämpfung von Kinderehen auf den Weg gebracht; dem war ein Entwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 17.2.2017 vorausgegangen. Der Entwurf soll nach Ankündigung der Bundesregierung im Sommer 2017 in Gesetzeskraft erwachsen. Der Gesetzesentwurf nimmt die in der Diskussion stehenden Minderjährigen-Ehen von Flüchtlingen zum Anlass, um gleichsam eine kleine Reform des Eheschließungsrechts auch für deutsche Staatsbürger zu verabschieden. § 1303 BGB soll wie folgt geändert werden: Es sollen nur noch volljährige Nupturienten heiraten dürfen. Gleichwohl geschlossene Ehen von 16- und 17-Jährigen sollen grundsätzlich aufgehoben werden, wobei die Aufhebung mit wenigen engen Ausnahmen den Regelfall bilden soll. Eheschließungen von unter 16-Jährigen sollen nicht mehr möglich sein; eine gleichwohl geschlossene Ehe unterhalb dieser Altersschwelle soll per se unwirksam sein. Alle Spezialregelungen im BGB, die (Sonder-)Rechte von minderjährigen Ehegatten vorsehen, sollen ersatzlos gestrichen werden. Art 13 EGBGB soll einen neuen Absatz bekommen, der für Ausländerehen in Deutschland die gleichen Rechtsfolgen herbeiführen soll. Damit soll der Grundsatz, wonach nur Volljährige heiraten dürfen, unabhängig vom Personalstatut etabliert werden.
b) Stellungnahme
Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung ist zu begrüßen. Dadurch wird nach innen und nach außen ein wichtiges Signal gesetzt, nämlich dass unabhängig vom Ort der Eheschließung und von den Staatsangehörigkeiten der Verlobten Ehen im deutschen Rechtskreis nur von Volljährigen wirksam eingegangen werden können. Der Gesetzesentwurf bedeutet zugleich zwar – auch für deutsche Staatsangehörige – eine Einschränkung der individuellen Handlungsfreiheit von Jugendlichen, mithin einen Eingriff in Art. 2 Abs. 1 GG. Da die Lebensform "Ehe" aber heutzutage gerade für deutsche Jugendliche im Vergleich zu früheren Zeiten an Bedeutung eingebüßt hat, überwiegt der staatliche Schutzauftrag, Minderjährige vor Eingehung einer potenziell lebenslangen Pflichtengemeinschaft zu bewahren. Die rechtliche Gleichstellung der nichtehelichen Kinder hat zudem dazu geführt, dass ein außerehelich geborenes Kind für die minderjährige Mutter keinen gesellschaftlichen Makel mehr nach sich zieht.
§ 237 StGB und § 1314 Abs. 2 Ziff. 4 BGB bieten keinen ausreichenden Schutz für unter 16-Jährige, da gerade bei im Ausland geschlossenen Ehen nicht geprüft werden kann, ob diese unter oder frei von Zwang zustande kamen. Insofern ist es legitim, abstrakt zu bestimmen, dass unter 16-Jährige einem hohen Beeinflussungsrisiko unterliegen – gerade ausländische Jugendliche aus Kulturen, die eine Eheschließung in jungen Lebensjahren befürworten, – und dass eine Ehe von unter 16-Jährigen grundsätzlich nicht den eigenen Wünschen des Minderjährigen zu verdanken ist. Liebeleien und Liebesbeziehungen soll der Minderjährige natürlich haben dürfen. Vor den weitreichenden Folgen und v. a. Pflichten einer Eheschließung soll er dagegen abstrakt bewahrt werden. Sollte es ihm tatsächlich ernst sein und sollte er tatsächlich in seinen noch sehr jungen Jahren heiraten wollen, kann ihm zugemutet werden, sich bis zur Volljährigkeit damit zu gedulden, zumal bis dahin die Ernsthaftigkeit der Beziehungen auf die Probe gestellt werden kann.
Da "Ehen" von unter 16-Jährigen per se wie Nicht-Ehen behandelt werden sollen, wird das neue Gesetz, auch wenn es das in Art. 13 EGBGB ehemals festgeschriebene Personalstatut der Nupturienten mit Wertungen des deutschen Rechts aus dem neuen § 1303 BGB im konkreten Fall des Ehemündigkeitsalters durchbricht, nicht nur Zwangsehen von Minderjährigen den Boden entziehen, sondern zugleich auch für die erforderliche Rechtsklarheit sorgen und zu einer wesentlichen Entlastung der deutschen Verwaltungsbehörden und der Gerichtsbarkeit führen.
Für die Gerichtsbarkeit werden nur noch wenige Fälle übrig bleiben. Aufzuhebende Ehen von 16- und 17-jährigen deutschen Staatsbürgern dürfte es so gut wie keine mehr geben. Das neue Gesetz wird zudem dafür sorgen, dass künftig im Inland keine Ehen von 16- und 17-Jährigen – unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit – mehr geschlossen werden können. Demnach werden von den Familiengerichten nur noch die Fälle zu verhandeln sein, in denen im Ausland geschlossene Ehen von 16- und 17-Jährigen aufzuheben sind. Dafür wird § 98 FamFG durch einen neuen Absatz, wodurch unabhängig vom Personalstatut die deutschen Gerichte für die Eheaufhebung zuständig werden, wenn sich der minderjährige Ehegatte im Inland aufhält, ergänzt, damit auch verfahrensrechtlich die erwünschten Rechtsfolgen des neuen Art. 13 EGBGB durchgesetzt werden können.
Der Gesetzesentwurf ist hinsichtlich dessen, dass für deutsche und ausländische Staatsangehörige ein einheitliches Ehemündigkeitsalter geschaffen wird bzw. mit anderen Worten, dass das jeweilige nach Art. 13 Abs. 1 EGBGB zur Anwe...