Die sog. "Anerkennung öffentlicher Urkunden" gem. Art. 34 des Vorschlags der KO hat nicht nur die öffentlichen Diskussionen, sondern auch die Diskussionen im EP und in den informellen wie auch offiziellen Trilogsitzungen vom ersten Tag an beschäftigt. Die "gegenseitige Anerkennung" ist auf der europäischen Ebene sehr beliebt und für eine politische Zielbestimmung sicher geeignet. Bei seiner Verwendung als Rechtsbegriff ist Vorsicht geboten. Es gibt keine allgemeingültige rechtliche Bedeutung der "gegenseitigen Anerkennung", sondern diese ist immer im jeweiligen Zusammenhang zu ermitteln und zu präzisieren. Bei der gegenseitigen Anerkennung von Urteilen ist dies aus sich heraus und aus den entsprechenden Vorschriften (z. B. Brüssel I VO, Art. 39 ff EU-ErbVO) klar. Bei öffentlichen, also insbesondere auch notariellen Urkunden ist der Raum für Interpretationen und Missverständnisse viel zu groß. Bei dem Text des Vorschlags der Kommission war nicht einmal klar, ob die freie Zirkulation (jetzt Art. 74 EU-ErbVO) subsumiert werden könnte. Im Europäischen Parlament hatten wir uns relativ problemlos darauf geeinigt, im Gesetzestext selbst die grenzüberschreitende Annahme (statt Anerkennung) auf die formelle Beweiskraft zu beschränken und in einer Erwägung klarzustellen, dass diese sowohl von den Vorschriften des Ursprungsstaates wie auch des Bestimmungsstaates begrenzt und das für ein Rechtsgeschäft maßgebliche Recht durch das IPR bestimmt werde.
Nachdem klar war, dass auch der Rat in diesem entscheidenden Punkt sich auf dieselbe Richtung verständigt hatte, werden Sie nachvollziehen können, dass die politische Leidenschaft im EP in dieser Frage begrenzt war. Die Verhandlungen im Rat waren überaus schwierig, die Kommission wollte – vor allem mit Blick auf die anstehende Güterrechtsverordnung – unbedingt ein Ergebnis, und niemand wollte die Verordnung an dieser Frage scheitern lassen. Aus diesem Grunde wurden dann schlussendlich die im Rat vereinbarten Formulierungen akzeptiert. Natürlich sind noch Klärungen nötig und die Entwicklung wird weitergehen, aber es handelt sich insgesamt um ein positives Ergebnis. Bei mitternächtlichen Agrarverhandlungen würde man von einem Durchbruch sprechen.
Erstmals ist in einem europäischen Rechtsakt die "Anerkennung" der grenzüberschreitenden Beweiswirkung öffentlicher Urkunden positiv geregelt worden. Gerade für die Notare zeigen sich darin Vertrauen des Gesetzgebers in die Qualität ihrer Arbeit und Anerkennung für den Berufsstand.