aa) Wertgrenzen
Die Mängel des vereinfachten Ertragswertverfahrens schlagen auf die Wertgrenzen des Entwurfs durch. Der vorliegende Beitrag muss sich insoweit auf den deutlich überhöhten Kapitalisierungsfaktor für das Jahr 2015 beschränken. Nach § 203 Abs. 3 BewG ist der Kapitalisierungsfaktor der Kehrwert des Kapitalisierungszinssatzes. Der Kapitalisierungszinssatz setzt sich nach § 203 Abs. 1 BewG zusammen aus einem Basiszinssatz, der aus einer langfristig erzielbaren Rendite öffentlicher Anleihen abgeleitet ist und einem Zuschlag von 4,5 %. Aufgrund der aktuellen künstlichen Niedrigzinsphase wurde der Basiszinssatz auf den 2.1.2015 mit 0,99 % errechnet. Die Addition dieses Basiszinssatzes mit dem Zuschlag nach § 203 Abs. 1 BewG ergibt 5,49 %; aus dem Kehrwert nach § 203 Abs. 3 BewG folgt ein Kapitalisierungsfaktor, von 18,214. Auf diese Weise führt das künstlich niedrige Zinsniveau, das insbesondere auf die Politik der EZB zurückzuführen ist, zu einem unrealistischen Kapitalisierungsfaktor und damit Unternehmenswerten, die im Falle der Veräußerung nicht erzielbar wären. Die Grenze von 20 Mio. EUR wird daher bereits bei einem anteiligen Jahresertrag in Höhe von 1.098.057,00 EUR überschritten.
Die in den Eckwerten enthaltene Freigrenze von 20 Mio. EUR ist allgemein als zu niedrig kritisiert worden. Dagegen läßt sich einwenden, dass auch die Festlegung einer niedrigen Grenze von der weiten Entscheidungsprärogative des Gesetzgebers gedeckt sei. Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers muss aber ihrerseits Beschränkungen unterliegen, wenn die Frage, ob ein von ihm bestimmtes Kriterium erfüllt ist oder nicht, von Zufälligkeiten abhängt und sich damit als willkürlich erweist. Für das Jahr 2014 betrug der Basiszinssatz nach § 203 Abs. 1 BewG 2,59 %. Dies führte zu einem Kapitalisierungszinssatz von 7,09 % und nach § 203 Abs. 2 BewG einem Kapitalisierungsfaktor von 14,104. Die Grenze von 20 Mio. EUR wäre daher erst bei einem Jahresertrag von 1.418.038,00 EUR, also um 319.981,00 EUR höher gerissen worden. Der Umstand, dass sich allein aufgrund des Jahreswechsels nach dem gesetzlichen Bewertungsverfahren eine Werterhöhung deutscher Unternehmen um 29,14 % einstellte, muss die Wertgrenze von 20 Mio. EUR als willkürlich erscheinen lassen und sollte den Gesetzgeber dazu bewegen, sie deutlich anzuheben, um die daraus resultierenden Belastungswirkungen abzumildern.
In der weiteren Diskussion sollte stärker zwischen den verschiedenen Jahren und den jeweils geltenden Kapitalisierungsfaktoren differenziert werden, um aussagekräftige Vergleichswerte zu erlangen. So wird der Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble dahingehend zitiert, dass im Jahr 2013 rund 98 % der vom jeweiligen Empfänger erworbenen Vermögen unter 20 Mio. EUR lagen. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass der Basiszinssatz für 2013 2,04 % betrug. Der Kapitalisierungszinssatz von 6,54 % entspricht einem Kapitalisierungsfaktor von 15,29 mit der Konsequenz, dass sich im Jahr 2013 die 20 Mio. EUR bei einem Jahresertrag von 1.308.044,00 EUR und nicht wie im Jahr 2015 einem Jahresertrag von 1.098.057,00 EUR ergaben.
bb) Qualitative Kriterien des § 13 a Abs. 9 Nr. 1 bis 3 ErbStG-E
Einen Schritt in die richtige Richtung bedeutet die Berücksichtigung derartiger Kriterien, die von der Praxis schon lange gefordert wird. Auch wenn die Vermeidung der Begünstigung missbräuchlicher Gestaltungen durchaus nachvollziehbar ist, erscheint die apodiktische Formulierung und der insoweit vorgesehene Beobachtungszeitraum von 40 Jahren (§ 13 a Abs. 9 Satz 3 ErbStG-E) als weit überzogen. Werden die Voraussetzungen nach § 13 a Abs. 9 Nr. 1 bis 3 ErbSG-E nicht kumulativ im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer erfüllt, bleibt es bei der Wertgrenze von 20 Mio. EUR. Systemwidrig ist auch, im Falle der Geltung der 40 Mio. EUR Grenze die Abschmelzung nach § 13 Abs. 1 ErbStG-E schon bei 20 Mio. EUR beginnen zu lassen. Die Frage, was geschieht, wenn die Voraussetzungen innerhalb des weiteren 30-jährigen Beobachtungszeitraums nicht mehr eingehalten werden, lässt der Entwurf unbeantwortet. Insoweit darf die wenigstens im Ansatz vorgenommene Berücksichtigung der Konstellationen in typischen Familienunt...