aa) Anteilswert vs. Unternehmenswert
In allen Fällen, in denen eine Ermittlung des Werts von Anteilen an Kapitalgesellschaften nicht anhand von Börsenkursen oder Verkaufspreisen iSv § 11 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BewG erfolgen kann, ist der Wert zu schätzen (§ 11 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BewG), und zwar unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft oder nach einer anderen anerkannten, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nicht steuerliche Zwecke üblichen Methode.
Nach der Vorstellung des Gesetzes bezieht sich die Bewertung hier nicht unmittelbar auf den bzw. die übertragungsgegenständlichen Anteile, sondern zunächst auf das Gesamtunternehmen. Die Aufteilung dessen Werts auf die einzelnen Anteilseigner erfolgt erst in einem zweiten Schritt, und zwar nach § 97 Abs. 1 b BewG.
bb) Schätzung unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten oder nach anderen Methoden
Im Rahmen der Unternehmensbewertung sind sämtliche Faktoren, die – aus der Perspektive des Stichtages – den Wert des Unternehmens bestimmen, zu berücksichtigen. Das schließt ggf. auch den Tod des Unternehmers mit ein.
Die Formulierung "unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten" zielt nach der Vorstellung des Gesetzgebers in erster Linie auf die Ertragswertmethode ab. Diese folgt dem Grundsatz der Gesamtbewertung, also der einheitlichen Ermittlung des Ertragswerts der wirtschaftlichen Einheit "Unternehmen" bzw. Kapitalgesellschaft. Ausgangspunkt der Bewertung ist dabei die zukünftig zu erwartende Ertragskraft des Unternehmens. Denn das Gesetz spricht eindeutig von "Ertragsaussichten". Der Unternehmenswert ergibt sich als Summe aus dem Ertragswert des betriebsnotwendigen Vermögens und dem Wert etwa vorhandenen nicht betriebsnotwendigen Vermögens.
Die Bewertung nach dem Ertragswertverfahren ist jedoch nach Auffassung des Gesetzgebers nicht für die Bewertung aller Unternehmen geeignet. In bestimmten Branchen werden vorrangig andere Bewertungsmethoden zur Preisfindung herangezogen. Dies soll das Steuerrecht respektieren. Daher kann die Bestimmung des gemeinen Werts (Verkehrswerts) auch anhand anderer für außersteuerliche Zwecke gebräuchlicher Verfahren erfolgen. Zu diesen alternativen Methoden gehören u. a. vergleichsorientierte Verfahren und Multiplikatormethoden.
Auch wenn die in das Gesetz hinein formulierte Unterscheidung zwischen ertragswertorientierten Bewertungsverfahren und anderen üblichen Verfahren dogmatisch nicht überzeugt, verdeutlicht sie doch das vom Gesetzgeber gewollte Primat der Bewertung auf der Grundlage eines ordnungsgemäßen Unternehmenswertgutachtens nach der Ertragswert- bzw. der DCF-Methode. Denn ein alternatives Bewertungsverfahren kommt nur dann in Betracht, wenn es eine im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nicht steuerliche Zwecke "übliche Methode" darstellt. Dieser Üblichkeitsvorbehalt besteht für die (nach der Definition des Gesetzgebers) ertragswertorientierte Bewertung nicht. Anhaltspunkte dafür, dass ein gedachter Erwerber des Unternehmens auf eine alternative Bewertungsmethode zurückgreifen würde, können sich insbesondere aus branchenspezifischen Verlautbarungen ergeben.
Gem. § 11 Abs. 2 S. 4 BewG sind die §§ 199 bis 203 BewG zu berücksichtigen. Demzufolge kann auch das vereinfachte Ertragswertverfahren – zur Wertermittlung unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten – angewendet werden. Voraussetzung hierfür ist, dass das vereinfachte Ertragswertverfahren "nicht zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt". Diese Einschränkung zählt nach Auffassung der Finanzverwaltung zu den gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen für die Anwendbarkeit des Verfahrens.
cc) Methodenauswahl
Gem. § 11 Abs. 2 S. 2 letzter Hs. BewG ist der Wert (zwingend) unter Anwendung derjenigen Methode zu bestimmen, die auch ein gedachter Erwerber der Bemessung des Kaufpreises zugrunde legen würde. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass weder willkürlich eine andere, zu höheren Werten führende, Bewertungsmethode vorgegeben noch ein Mittelwert aus verschiedenen Bewertungsmethoden der Besteuerung zugrunde gelegt werden kann. Ein Widerspruch zu § 9 Abs. 2 BewG ist hierin nicht zu sehen. Denn auch wenn im Geschäftsverkehr nicht stets allein auf die Erwerberperspektive abzustellen ist, regelt die Norm lediglich die Methodenauswahl; unter Anwendung dieser Methode ist s...