Derzeit beabsichtigt der Gesetzgeber, bestimmte von der Norm abweichende Ausstattungsmerkmale von Gesellschaftsanteilen in die Bewertung einzubeziehen. Hierzu soll § 97 Abs. 1 b BewG um einen weiteren Satz (Satz 4) ergänzt werden. Dieser soll folgenden Wortlaut haben:
"Abweichend von Satz 1 sind bei der Wertermittlung des Anteils vorbehaltlich des § 9 Absatz 2 und 3 Regelungen zu berücksichtigen, die sich auf den Wert des Anteils auswirken, wie insbesondere eine vom Verhältnis des Anteils am Nennkapital (Grund- oder Stammkapital) abweichende Gewinnverteilung."
Zur Begründung wird ausgeführt, dass – wie sich in der Praxis gezeigt habe –"die ausschließliche Maßgeblichkeit des Verhältnisses des Anteils am Nennkapital zum gemeinen Wert des Betriebsvermögens der Kapitalgesellschaft den gemeinen Wert des Anteils nicht immer zutreffend" wiedergebe. Dies gelte insbesondere dann, wenn der Gewinn- bzw. Verlustverteilungsschlüssel sich nicht an der verhältnismäßigen Beteiligung am Nennkapital orientiere. Vor diesem Hintergrund müsse eine abweichende, den tatsächlichen gesellschaftlichen Verhältnissen entsprechende Aufteilung des Unternehmenswerts ermöglicht werden.
Die grundsätzliche Einsicht des Gesetzgebers, dass Ausnahmen von der am Nennkapital orientierten Aufteilung des Unternehmenswerts erforderlich sein können, um tatsächlich den gemeinen Wert iSv § 9 Abs. 1 BewG zu ermitteln, ist sicherlich zu begrüßen. Allerdings geht das aktuelle Gesetzgebungsvorhaben nicht weit genug.
Zunächst bezieht sich der zu ergänzende § 97 Abs. 1 b BewG allein auf Kapitalgesellschaften; für die Aufteilung des Unternehmenswerts von Personengesellschaften auf die Beteiligten gilt er von vornherein nicht. Diese Beschränkung des Gesetzgebungsvorhabens ist auf der einen Seite verständlich, da im Bereich der Personengesellschaften nach § 97 Abs. 1 a BewG ohnehin der Gewinnverteilungsschlüssel als Aufteilungsmaßstab definiert ist. Auf der anderen Seite wird hier aber auch deutlich, dass es aus gesetzgeberischer Sicht offenbar tatsächlich allein um die Abbildung individueller Gewinnverteilungsabreden geht. Die im Raum stehende Formulierung "insbesondere" würde dann gerade nicht auf einen weiteren Anwendungsbereich der Norm, z. B. Stimmrechtsbeschränkungen o. ä, hindeuten, sondern wäre vielmehr als Konkretisierung (bzw. Einschränkung) der zunächst allgemeiner gehaltenen Formulierung zu verstehen. Dies gilt umso mehr, als nach dem klaren Wortlaut des geplanten Satz 4 ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse nach wie vor unberücksichtigt bleiben sollen, insbesondere also auch Verfügungsbeschränkungen iSv Abs. 3.
Das Petitum, den gemeinen Wert (§ 9 Abs. 1 BewG) als obersten Wertmaßstab flächendeckend anzuwenden, wird also nach wie vor nicht – weder dogmatisch noch wirtschaftlich – erfüllt.
Hieran ändert auch die beabsichtigte Berücksichtigung gesellschaftsrechtlicher Besonderheiten im Rahmen der Verschonungsregelungen für Produktivvermögen (§ 13 a Abs. 9 ErbStG-E) nichts. Denn Grundlage der Erbschaft- bzw. Schenkungsbesteuerung muss nach den Vorgaben des BVerfG stets eine einheitliche und am Verkehrswert orientierte Bemessungsgrundlage sein. Verschonungen sind also grundsätzlich nicht geeignet, systematische Fehl-Bewertungen (wirtschaftlich) auszugleichen.