Die Stiftung kann gem. § 10 Abs. 5 ErbStG bereicherungsmindernde Verbindlichkeiten des Erblassers, Verbindlichkeiten aus Vermächtnissen, Auflagen sowie geltend gemachten Pflichtteilen und erbfallbedingte Kosten (z. B. Beerdigungskosten, Kosten der Abwicklung des Nachlasses) bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs abziehen. Nichtabzugsfähig sind dagegen satzungsbedingte Auskehrungen (vgl. § 10 Abs. 7 und 9 ErbStG).
Denkbar ist u. a., dass durch die Erbeinsetzung der Stiftung bewusst erbberechtigte Verwandte enterbt werden. Dadurch können Pflichtteilsansprüche entstehen. Werden Pflichtteilsansprüche geltend gemacht (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG), mindern diese die Bereicherung/Steuer der Stiftung und lösen beim Pflichtteilsberechtigten Erbschaftsteuer aus. Hierfür ist u. a. eine ggf. sehr aufwendige Verkehrswertbewertung des Nachlasses erforderlich, sodass sich evtl. auch eine vergleichsweise Vereinbarung anbietet. Die Verhandlungen sollten auf jeden Fall vor Geltendmachung des Pflichtteils stattfinden, da ansonsten der Pflichtteilsanspruch in gesetzlicher Höhe zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer gegenüber dem Erben, also auf den Zeitpunkt des Todes des Erblassers (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) entsteht und beim Pflichtteilsberechtigten zu versteuern ist, auch wenn später ein letztlich geringerer Betrag/Vermögenswert akzeptiert wird! Bei der Stiftung stellt die Pflichtteilsverbindlichkeit grundsätzlich in Höhe des geltend gemachten Betrags eine Nachlassverbindlichkeit dar (§ 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG). Hinsichtlich des Abzugs der Pflichtteilsverbindlichkeit als Nachlassverbindlichkeit wirkt die Geltendmachung auf den Zeitpunkt der Entstehung der Erbschaftsteuer (idR Todeszeitpunkt) zurück (§ 175 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 AO). Wird aufgrund von "Verhandlungen" auf die Geltendmachung eines Pflichtteils gegen Abfindungsleistung nach § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG verzichtet, kann der Erbe von seinem Erwerb nur den tatsächlich geleisteten Abfindungsbetrag als Nachlassverbindlichkeit gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG abziehen. In einem praxisrelevanten Fall hatte das FG Baden-Württemberg in folgenden Fall über Pflichtteilsverbindlichkeiten zu entscheiden:
Beispiel nach FG Baden-Württemberg
Nach dem Eintritt und Abwicklung eines Erbfalls wurde 2010 festgestellt, dass der Erblasser erhebliches Kapitalvermögen in Liechtenstein angelegt hatte. Dadurch erhöhte sich der Nachlass. Entsprechend hätte sich ein höherer Pflichtteilsanspruch ergeben. Die Pflichtteilsberechtigte schloss zur abschließenden Regelung letztendlich mit der Erbin einen Vertrag, nach dem die Erbin der Pflichtteilsberechtigten einen bestimmten Betrag zahlen sollte. Mit Einspruch und Klage begehrte die Erbin (erfolglos) den Abzug der Pflichtteilsverbindlichkeit als Nachlassverbindlichkeit.
Das Finanzgericht sah nach Würdigung des Einzelfalls in der Vereinbarung zwar einen Vertrag über den Verzicht eines Pflichtteilsanspruchs gegen Abfindung. Ein Verzicht auf die Geltendmachung eines Pflichtteilsanspruchs ist steuerfrei (§ 13 Abs. 1 Nr. 11 ErbStG). In Höhe der geleisteten Abfindung ließ es einen Abzug als Nachlassverbindlichkeit zu. Einen Abzug der nachträglich weitaus höheren Pflichtteilsverbindlichkeit ließ es aber nicht zu, da die Pflichtteilsberechtigte nach Auffassung des FG 2010 ff keine Ergänzung des Pflichtteils iSd § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG geltend gemacht habe.
Der Fall zeigt wieder einmal, dass die "Geltendmachung" des Pflichtteilsanspruchs ganz erhebliche Auswirkung auf die Erbschaftsteuer haben kann. In der Beratungspraxis ist darauf entsprechend besonders acht zu geben!
Wendet ein Vermögensinhaber (s)einer Stiftung erhebliches Vermögen zu seinen Lebzeiten durch Schenkung zu, kann dies einen Pflichtteilsergänzungsanspruch auslösen. Eine derartige Verbindlichkeit kann ggf. gem. § 10 Abs. 5 ErbStG abgezogen werden; beim Pflichtteilsberechtigten liegt ein steuerbarer Erwerb gem. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG vor.