Auf den ersten Blick und unter Zugrundelegung der Auffassung, dass eine "erbrechtliche Angelegenheit" immer dann vorliegt, wenn eine Norm aus dem 5. Buch des BGB betroffen ist, handelt es sich bei Geltendmachung des Anspruchs aus § 2287 BGB um eine von dem Risikoausschluss betroffene Streitigkeit. Aus diesem Grund ist für viele Rechtsanwälte die Prüfung, ob die Rechtsschutzversicherung des Mandanten die Kosten dieses Rechtsstreits übernehmen wird, bereits abgeschlossen.
Für die abschließende Beurteilung, ob es sich tatsächlich um eine "erbrechtliche Angelegenheit" im Sinne der ARB handelt, bedarf es jedoch einer genaueren Betrachtung der im Streit stehenden Sachverhalte anhand der oben dargestellten von der Rechtsprechung ausgearbeiteten Grundsätze. In dieser Hinsicht ist zu fragen, ob für einen verständigen, juristisch nicht vorgebildeten Versicherungsnehmer erkennbar war, dass es sich um einen Rechtsstreit handelt, der (in der Regel) erbrechtlich geprägt ist.
Gegenstand des Rechtsstreits aus § 2287 BGB ist stets eine lebzeitige Zuwendung des Erblassers, die dieser bewusst entgegen einer aufgrund Erbvertrags oder bindend gewordenen gemeinschaftlichen Testaments verbindlichen Schlusserbeneinsetzung, d. h. in Beeinträchtigungsabsicht, vorgenommen hat. Liegt eine solche den Vertragserben objektiv beeinträchtigende, lebzeitige Zuwendung des Erblassers vor, kann der Vertragserbe nach Eintritt des Erbfalls die Herausgabe des Geschenkes nach den Regeln der ungerechtfertigten Bereicherung verlangen. Die Beeinträchtigungsabsicht fehlt, wenn die Zuwendung aufgrund eines lebzeitigen Eigeninteresses des Erblassers erfolgte – in diesem Fall entfällt der Anspruch auf Herausgabe des Geschenkes.
Schwerpunkt des Rechtsstreits ist somit die Frage, ob die zu Lebzeiten des Erblassers wirksam an den Dritten vorgenommene Zuwendung a) unentgeltlich und b) in Beeinträchtigungsabsicht erfolgte. Mithin bedarf es einer genauen Betrachtung der Zuwendung, d. h. des zwischen dem Erblasser und dem Dritten geschlossenen Vertrags. Hierbei handelt es sich jedoch um eine Verfügung unter Lebenden, die selbst keinen Bezug zu dem Versterben des Erblassers und den Rechtsfolgen nach seinem Tod herstellt. Die hier in Rede stehenden Zuwendungen erfolgen gerade nicht "unter Vorwegnahme der Erbfolge", sondern sind von dem Versterben des Erblassers gänzlich losgelöst. Der Vertrag entfaltet bereits zu den Lebzeiten beider Vertragspartner seine vollständigen Wirkungen und richtet sich daher nicht nach erbrechtlichen Regelungen.
Für die Beurteilung des Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen kommt es zudem ausschließlich auf die zu Lebzeiten des Erblassers gegebenen Umstände und dessen Absichten an. So ist insbesondere für die Bewertung, ob es sich bei der Zuwendung um eine Schenkung gemäß § 516 BGB handelt, maßgeblich, ob sich die Vertragsparteien über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung einig waren. Weiter ist entscheidend, ob die Zuwendung des Erblasses in dessen lebzeitigen Eigeninteresse lag. Hier wird bereits aus der Formulierung deutlich, dass es für die Beurteilung der Angemessenheit der Zuwendung allein und ausschließlich auf die Gegebenheiten zu Lebzeiten des Erblassers, nämlich zum Zeitpunkt der Zuwendung, ankommt.
Dieses Ergebnis wird auch durch dogmatische Erwägungen gestützt: In prozessualer Hinsicht ist zu beachten, dass es sich nicht um eine Nachlassforderung handelt. Der Anspruch muss letztendlich durch den bzw. die Vertragserben gegen den Beschenkten selbst geltend gemacht werden und richtet sich auf Herausgabe des Geschenkes nach den §§ 812 ff BGB – § 2287 BGB enthält insofern eine Rechtsfolgenverweisung. Ein beschenkter Miterbe kann sich somit in dem Prozess auf Herausgabe nicht erfolgreich darauf berufen, dass der Kläger als weiterer Miterbe selbst einen Vorempfang erhalten habe, der im Sinne der §§ 2050 ff zwischen den Miterben ausgleichspflichtig sei – diese Frage ist Gegenstand der sich anschließenden Erbauseinandersetzung. Für Nutzungen und Wertersatz haftet der Beschenkte wiederum nach bereicherungsrechtlichen Regelungen.
Offensichtlich wird dieses Ergebnis aus der Sicht des beschenkten Dritten. Dieser ist an dem Nachlass des Schenkers regelmäßig nicht beteiligt. Für ihn handelt es sich daher um eine Streitigkeit, die allein auf der lebzeitigen Zuwendung des Erblassers beruht.
Selbst wenn der Beschenkte einen Pflichtteilsanspruch am Nachlass des Erben hätte, so würde die innerprozessuale Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen nicht den gesamten Prozess in der Art und Weise dominieren, dass die erbrechtliche Angelegenheit dem Rechtsstreit sein Gepräge geben würde.
Unter Zugrundelegung der durch die Rechtsprechung entwickelten Grundsätze, insbesondere der Rechtsprechung des OLG Karlsruhe, ist davon auszugehen, dass Schwerpunkt eines Rechtsstreits, in dem Ansprüche gemäß § 2287 BGB geltend gemacht werden, die Überprüfung der Wirksamkeit des unter Lebenden geschlossenen Vertra...