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Die Europäische Erbrechtsverordnung möchte eine Lösung für Erbschaften mit internationalem Bezug bieten. Die Verordnung vom 4. Juli 2012 trat am 16. August 2012 in Kraft, kam jedoch erst nach dem 17. August 2015 vollständig zum Tragen. Mit dieser Verordnung werden die erbrechtlichen Vorschriften harmonisiert. Gleichwohl werden die Mitgliedstaaten hinsichtlich der Erbschaftsteuer auch weiterhin ihre eigenen Vorschriften anwenden, denn darauf nimmt diese Verordnung keinen Bezug.
I. Erbschaften mit internationalem Bezug
Immer mehr Einwohner der Europäischen Union werden mit Erbschaften konfrontiert, die einen internationalen Charakter haben. Da die Menschen international zunehmend mobiler sind, ist dies keine Überraschung. Das Auftreten von internationalen Nachlässen ist auf verschiedene Ursachen zurückzuführen. Es ist denkbar, dass der Erblasser im Ausland Immobilien erworben hat. Oder aber, dass er zu einem bestimmten Zeitpunkt in ein anderes EU-Mitgliedsland umgezogen und dort verstorben ist.
Die Erbschaftsregeln, die hauptsächlich national ausgerichtet sind, werden dann in jedem Land auf den Nachlass bzw. einen Teil des Nachlasses angewandt, bieten jedoch selbst keine zufriedenstellende Lösung für Probleme, die durch die Anwendung mehrerer Erbrechtssysteme auftreten können. Es wäre somit denkbar, dass eine Immobilie, die sich außerhalb des Wohnlandes des Verstorbenen befindet, nach den erbrechtlichen Vorschriften dieses Landes vererbt wird. Der Rest des Nachlasses unterliegt dann entsprechend den Vorschriften des Wohnlandes.
Damit diese Probleme gelöst werden können, hat man auf europäischer Ebene an einer Erbrechtsverordnung gearbeitet. Diese europäischen Vorschriften bieten eine Lösung für internationale (innereuropäische) Erbschaften. Die Verordnung stammt vom 4.7.2012 und trat am 16.8.2012 in Kraft. Sie ist vollständig anwendbar auf Erbschaften, die nach dem 17.8.2015 aufgetreten sind.
Die Erbrechtsverordnung enthält klare Vorschriften in Bezug auf das zuständige Gericht, das anwendbare Recht sowie die Abwicklung/Aufteilung einer internationalen Erbschaft. Kurz zusammengefasst läuft es darauf hinaus, dass das Erbrecht des gewöhnlichen Wohnortes des Erblassers im Falle seines Todes auf den vollständigen Nachlass anwendbar ist. Damit gibt es nur ein einziges Rechtssystem, dem der vollständige Nachlass unterliegt. Dies ist ein großer Fortschritt im Vergleich zu der Situation vor Inkrafttreten der Verordnung.
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, eine sogenannte Rechtswahl vorzunehmen. Mithilfe der Rechtswahl kann man zu Lebzeiten festlegen, welches Recht auf den späteren Nachlass anwendbar ist. Die Rechtswahl wird im Testament festgelegt.
Ab dem 17.8.2015 stellen sich die Rechtswahlmöglichkeiten wie folgt dar: Man kann sich nur für das Recht des Landes der Staatsangehörigkeit des Erblassers zum Zeitpunkt seiner Rechtswahl oder seines Todes entscheiden.
Die Erbrechtsverordnung ist somit in jedem Fall ein Schritt in die richtige Richtung, der die Abwicklung von internationalen Erbschaften innerhalb der Europäischen Union in Zukunft vereinfachen wird.
II. Keine Lösung für den steuerlichen Aspekt
Demgegenüber bietet die Erbrechtsverordnung keine Lösung für alle Probleme. Sie ist eindeutig nicht auf steuerliche Angelegenheiten, Zollfragen und verwaltungsrechtliche Themen anwendbar (vgl. Art. 1, Abs. 1 der Verordnung). Da in diesem Bereich innerhalb Europas bislang noch keine Harmonisierung besteht, kann die Erbrechtsverordnung keine vollständige Lösung für internationale Erbschaften bieten.
Auf steuerlicher Ebene bleibt die Autonomie somit in jedem Land vollständig erhalten. Trotz der Tatsache, dass eine Erbschaft – hinsichtlich des Erbrechts – lediglich durch die Vorschriften eines einzigen Landes beherrscht wird, müssen die steuerlichen Pflichten in allen Ländern, die von der Erbschaft berührt werden, erfüllt werden.
Es ist daher denkbar, dass ein belgischer Gebietsansässiger in seinem Todesfall hinsichtlich seines weltweiten Vermögens einerseits in Belgien steuerpflichtig ist und andererseits ein Teil seines Nachlasses auch in anderen Ländern besteuert wird.
Diese Länder können dies auf der Grundlage der eigenen Steuerautonomie tun und weil der belgische Gebietsansässige einen Bezug zu ihrem Land hat: Der Erblasser ist Eigentümer einer Immobilie im Ausland, besitzt Aktien einer ausländischen Gesellschaft oder führt dort ein Bankkonto.
In diesem Fall liegt ein klarer Fall von Doppelbesteuerung vor. Für dieselben Waren müssen sowohl in Belgien als auch in dem Drittland Steuern gezahlt werden.
III. Vermeidung einer Doppelbesteuerung?
Selbstverständlich zählt eine Doppelbesteuerung zu den unangenehmen Nachrichten für die Erben. Gibt es denn keine Vorschriften zur Vermeidung von Doppelbesteuerung? Doch, durchaus. Zum einen gibt es die Doppelbesteuerungsabkommen, die Belgien für diesen Zweck geschlossen hat, und zum anderen bestehen nationale Rechtsvorschriften, die das Auftreten einer Doppelbesteuerung verhindern.
Im Hinblick auf bestehende Doppelbesteuerungsabkommen können wir uns kurzfassen: Belgien hat drei Doppelbesteuerungsabkommen unterzeichn...