Der Erbe hat auf Verlangen des Finanzamts eine Erbschaftsteuererklärung abzugeben (§ 31 Abs. 1 Satz 1 ErbStG). Da er der Steuerschuldner ist (§ 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG), also nicht der Nachlass, wird die Erbschaftsteuer gegen ihn festgesetzt, und der Erbschaftsteuerbescheid wird ihm bekannt gegeben (§§ 155 Abs. 1 und 2, 157 Abs. 1 Satz 2, 122 Abs. 1 Satz 1 AO). Hat der Erblasser Testamentsvollstreckung angeordnet, wird der Testamentsvollstrecker in das Besteuerungsverfahren einbezogen. Nicht mehr der Erbe, sondern der Testamentsvollstrecker muss die Erbschaftsteuerklärung abgeben (§ 31 Abs. 5 Satz 1 ErbStG). Nicht mehr dem Erben, sondern dem Testamentsvollstrecker wird der Erbschaftsteuerbescheid bekannt gegeben (§ 32 Abs. 1 Satz 1 ErbStG). Er richtet sich immer noch an den Erben, der weiterhin der Steuerschuldner ist. Dessen ungeachtet hat der Testamentsvollstrecker für die Bezahlung der Erbschaftsteuer zu sorgen (§ 32 Abs. 1 Satz 2 ErbStG). Welche Folgen es für ihn hat, wenn er diese Pflicht verletzt, ist im ErbStG nicht geregelt, sondern in der Abgabenordnung. Der Testamentsvollstrecker ist Vermögensverwalter iSv § 34 Abs. 3 AO. Verletzt er seine Pflicht, für die Bezahlung der Erbschaftsteuer zu sorgen, vorsätzlich oder grob fahrlässig und wird deswegen die Steuer nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt, haftet er nach § 69 Satz 1 AO für den Ausfall.
Gegenstand der Zahlungssorge ist also "die Erbschaftsteuer". Entgegen dem ersten Anschein ist der Ausdruck nicht eindeutig, sondern dreideutig. Denn damit kann gemeint sein
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die festgesetzte Erbschaftsteuer, d. h. die Erbschaftsteuer, die sich aus dem Steuerbescheid ergibt, der dem Testamentsvollstrecker bekanntgegeben wurde, unabhängig davon, ob die Steuerfestsetzung zutreffend ist oder nicht, |
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die angefallene Erbschaftsteuer, d.h. die Erbschaftsteuer, die für den Erwerb des Erben entstanden ist, unabhängig davon, inwieweit sie festgesetzt ist oder nicht , |
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die gesamte Erbschaftsteuer, d.h. die angefallene Erbschaftsteuer und die Steuer, Nachsteuer genannt, die entsteht, wenn eine vorläufige Befreiung mit Wirkung für die Vergangenheit weggefallen ist. |
2.1. Zahlungssorge für die festgesetzte Steuer
Der systematische Zusammenhang, in dem § 32 Abs. 1 Satz 2 ErbStG steht, legt die Annahme nahe, dass die festgesetzte Erbschaftsteuer gemeint ist. Denn nur sie kennt der Testamentsvollstrecker und nur sie kann er zu der im Bescheid bestimmten Fälligkeit zahlen. Das spricht für die erste Auslegungsvariante.
Aber dagegen spricht die Gesetzeshistorie. Schon nach § 32 Abs. 1 ErbStG 1906 haftete ein Testamentsvollstrecker für den Ausfall der Steuer. Aber nach § 32 Abs. 2 ErbStG 1906 war eine Haftung für Nachforderungen ausdrücklich ausgeschlossen. Die Steuerfestsetzung sollte also die Haftung endgültig bestimmen. Diese Beschränkung der Haftung ist bei der Steuerreform 1919 entfallen. Nunmehr hatte der Testamentsvollstrecker nach § 87 Abs. 2 AO 1919 dafür zu sorgen, dass Mittel zur Bezahlung der Erbschaftsteuer zurückgehalten und die Steuer bezahlt wurde. Andernfalls haftete er nach § 90 AO 1919 für einen Ausfall. Seine Haftung für Nachforderungen war also nicht mehr ausgeschlossen. Dabei ist es geblieben. Nur ist die Zahlungssorge bei der Erbschaftsteuerreform 1974 wieder im ErbStG verortet worden, sie ist aus § 106 Abs. 2 AO aF in § 32 ErbStG zurückgekehrt.
2.2 Zahlungssorge für die angefallene Steuer
§ 32 Abs. 1 Satz 2 ErbStG ist also so zu verstehen, dass der Testamentsvollstrecker für die Zahlung der vom Erben für den Erwerb geschuldeten Steuer zu sorgen hat. Deshalb hat er auch für die Zahlung einer Mehrsteuer zu sorgen, wenn der Erbschaftsteuerbescheid, der nach den §§ 164 Abs. 2, 165 Abs. 2 AO unter Vorbehalt der Nachprüfung oder nur vorläufig ergangen ist, mit einem Steuermehr für endgültig erklärt wird. Das gleiche gilt, wenn der Bescheid nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO wegen nachträglich bekannt gewordener Tatsachen oder Beweismittel mit einem Steuermehr geändert wird. Das ist in der Sache auch richtig. Denn der Testamentsvollstrecker muss, gleich dem Erben, eine zutreffende Steuererklärung abgeben. Ein Unterschied besteht für sie nur darin, dass der Erbe als Steuerschuldner immer für eine Nachzahlung haftet und der Testamentsvollstrecker nur für einen schuldhaft verursachten Zahlungsausfall.
Die zivilrechtliche Pflicht des Testamentsvollstreckers, den Willen des Erblassers zu vollziehen, wird durch die steuerliche Pflicht ergänzt, die angefallene Erbschaftsteuer zu zahlen, unabhängig davon, wann sie eingefordert wird. Durch die Anordnung der Sorge für die Steuerzahlung ist dem Testamentsvollstrecker die zivilrechtliche Befugnis vermittelt, dafür Nachlassmittel zu verwenden. Ihm verbleibt daher die Verfügungsbefugnis über die Nac...