Zusammenfassung
Ungeachtet der jüngsten Änderungen im ErbStG kommt das Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht nicht zur Ruhe. Eine trotz der hohen Publikationsdichte bisher, soweit ersichtlich, nicht ausreichend behandelte Frage ist die nach den Auswirkungen "jungen Verwaltungsvermögens" bei einer Tochter-Personengesellschaft auf die Begünstigungen nach den §§ 13 a, 13 b ErbStG. Dem will dieser Beitrag nachgehen. Nach einem veranschaulichenden Beispielsachverhalt (dazu I) wird zur Ausleuchtung des Hintergrunds zunächst die Wirkungsweise der Begünstigungsregeln der §§ 13 a, 13 b ErbStG umrissen (dazu II). Sodann wird dargelegt, welche Aussagen dem Gesetz bezüglich der hier untersuchten Frage entnommen werden können (dazu III). Anschließend wird aufgezeigt, welche Folgen sich für den Beispielsachverhalt ergeben (dazu IV) und welcher Reformbedarf besteht (unter V).
I. Beispielsfall
Der Schenker S will die Muttergesellschaft M auf den Erwerber E übertragen. Die M ist eine reine Haltegesellschaft. Ihr Vermögen besteht aus zwei jeweils 100%igen Tochtergesellschaften, der T1 GmbH & Co. KG, einer Einheitsgesellschaft, und der T2 GmbH. Das Vermögen der T1 besteht aus im laufenden Jahr erworbenen Wertpapieren und Bargeld, das der T2 aus von dieser selbst gewerblich genutzten Grundstücken sowie einer mit dem Gewerbe nicht in Verbindung stehenden vor zehn Jahren angeschafften Kunstsammlung. Das Vermögen beider Tochtergesellschaften beträgt jeweils 10 Mio. EUR.
II. Wirkungsweise der §§ 13 a, 13 b ErbStG
Der politischen Annahme folgend, der Erwerb von Unternehmensvermögen müsse erbschaft- und schenkungsteuerlich stark begünstigt werden, richten die §§ 13 a, 13 b ErbStG ein weitreichendes – und unter verfassungs-, insbesondere gleichheitsrechtlichen Gesichtspunkten zweifelhaftes – Verschonungsregime auf. Dieses eröffnet zwei (einander ausschließende) Wege der Verschonung, die, auch insoweit vom Grundsatz des ErbStG abweichend, in besonderer Weise auch familienfremden Erwerbern offenstehen. Werden in Bezug auf die übertragenen Unternehmen gewisse Anforderungen an die Lohnsumme, die Behaltensdauer nach Übertragung und die Vermögenszusammensetzung erfüllt, bleiben entweder 85 % (sog. Regelverschonung [siehe § 13 b Abs. 4 ErbStG]) oder 100 % (sog. Optionsverschonung [§ 13 a Abs. 8 ErbStG]) bei der Ermittlung der steuerlichen Bemessungsgrundlage außer Ansatz. Für die hier in den Blick genommene Frage sind allein die an die Vermögenszusammensetzung gestellten Anforderungen von Bedeutung.
Das Gesetz unterscheidet (in § 13 b Abs. 2 ErbStG) zwischen ("bösem", das heißt steuerschädlichem) "Verwaltungsvermögen" (das in einem Vorentwurf zum ErbStRG – sachlich fragwürdig, aber immerhin einprägsam – "nicht produktiv" genannt wurde) und ("gutem", das heißt begünstigtem) sonstigem Vermögen. Zu Verwaltungsvermögen erklärt das Gesetz unter anderem Wertpapiere und Kunstsammlungen (§ 13 b Abs. 2 S. 2 Nr. 4, 5 ErbStG), nicht hingegen Bargeld und selbst genutzte Grundstücke.
Innerhalb des Verwaltungsvermögens unterscheidet das Gesetz noch einmal nach der "Juvenilität": Solches Verwaltungsvermögen, das einem Betrieb am maßgeblichen Stichtag weniger als zwei Jahre zuzurechnen ist, nennt das Gesetz, einen bis 2011 nur im Schrifttum geprägten Begriff aufnehmend, "junges" Verwaltungsvermögen (§ 13 b Abs. 2 S. 3 ErbStG). "Verwaltungsvermögen" ist dabei der Oberbegriff, der "junges" wie sonstiges (das keine besondere gesetzliche Bezeichnung hat) umfasst.
Ausgangspunkt der gesetzlichen Regelung ist die einstufige Unternehmensstruktur (siehe § 13 b Abs. 1, Abs. 2 S. 1 ErbStG). Für die Regelverschonung formuliert das Gesetz dabei die Anforderung, dass das übertragene Betriebsvermögen – gleichgültig, ob es sich um ein Einzelunternehmen (oder dessen Teilbetrieb), eine Personen- oder eine Kapitalgesellschaft handelt – zu nicht mehr als 50 % aus Verwaltungsvermögen bestehe (§ 13 b Abs. 2 S. 1 ErbStG). Für die Optionsverschonung legt es diese Grenze hingegen auf 10 % fest (§ 13 a Abs. 8 Nr. 3 ErbStG).
Werden die hiernach zulässigen Obergrenzen für die Anteile des Verwaltungsvermögens eingehalten, steht die Begünstigung des gesamten übertragenen Vermögens indes...