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Die Cash-Gesellschaft kann mit Fug und Recht als wesentlicher "Stein des Anstoßes" für die angebliche Verfassungswidrigkeit des aktuellen ErbStG angesehen werden. Bereits in seinem Beschluss vom 10.5.2011 (Aufforderung an den BMF, einem Revisionsverfahren nach § 122 Abs. 2 S. 3 FGO beizutreten) hatte der BFH die Möglichkeit, mithilfe solcher Gestaltungen, die Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer zu vermeiden, als verfehlt gebrandmarkt.
I. Cash-Gesellschaften
Nach damaliger Gesetzeslage bildeten Geld und (nicht mit Wertpapieren vergleichbare) Forderungen, also z. B. Sichteinlagen, Sparanlagen und Festgeldkonten bei Kreditinstituten, kein schädliches Verwaltungsvermögen.
Wurde solches Vermögen außerhalb eines Betriebsvermögens vererbt oder verschenkt, unterlag es ohne jegliche Abschläge der Besteuerung. Zählte derartiges Vermögen jedoch zum Betriebsvermögen einer GmbH oder gewerblichen bzw. gewerblich geprägten Personengesellschaft, fiel es in den Anwendungsbereich der Begünstigungsnormen (soweit deren Voraussetzungen im Übrigen erfüllt waren). Mithin war es ohne Weiteres denkbar, dass eine solche Gesellschaft ausschließlich Geldvermögen besaß und sonst keine operative Tätigkeit hatte. Über Verwaltungsvermögen im Sinne von § 13 b Abs. 2 ErbStG verfügte sie in einer derartigen Konstellation jedenfalls nicht. Mithin konnte eine Beteiligung an dieser Gesellschaft – die übrigen Tatbestandsmerkmale des § 13 a ErbStG vorausgesetzt – also steuerbegünstigt, im Extremfall unter Ausnutzung der Vollverschonung (§ 13 a Abs. 8 ErbStG) also steuerfrei übertragen werden. Einen Gestaltungsmissbrauch im Sinne von § 42 AO sah der BFH in solchen Fällen als regelmäßig nicht gegeben an.
Dieselbe Argumentation wiederholte der BFH auch im Beschluss vom 27.9.2012, mit dem der II. Senat des BFH dem Bundesverfassungsgericht die Frage nach der Verfassungswidrigkeit des aktuellen Erbschaftsteuergesetzes nach Art. 100 Abs. 1 GG zur Prüfung vorgelegt hat.
II. Cash als Verwaltungsvermögen
Zwischenzeitlich hat der Gesetzgeber im Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz den Verwaltungsvermögens-Begriff des § 13 b Abs. 2 ErbStG um eine neue Nr. 4 a erweitert. Demnach gehören zum Verwaltungsvermögen nun auch ...
"... 4. der gemeine Wert des nach Abzug des gemeinen Werts der Schulden verbleibenden Bestands an Zahlungsmitteln, Geschäftsguthaben, Geldforderungen und anderen Forderungen, soweit er 20 Prozent des anzusetzenden Werts des Betriebsvermögens des Betriebs oder der Gesellschaft übersteigt. Satz 1 gilt nicht, wenn die genannten Wirtschaftsgüter dem Hauptzweck des Gewerbebetriebs eines Kreditinstituts oder eines Finanzdienstleistungsinstituts im Sinne des § 1 Absatz 1 und 1 a des Kreditwesengesetzes..., oder eines Versicherungsunternehmens, das der Aufsicht nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes... unterliegt, zuzurechnen sind. Satz 1 gilt ferner nicht für Gesellschaften, deren Hauptzweck in der Finanzierung einer Tätigkeit im Sinne des § 15 Absatz 1 Nummer 1 des Einkommensteuergesetzes von verbundenen Unternehmen (§ 15 des Aktiengesetzes) besteht; ..."
Dies hat der klassischen Cash-Gesellschaft den Boden entzogen, indem der Begriff des (schädlichen) Verwaltungsvermögens um Zahlungsmittel, Geschäftsguthaben, Geldforderungen und andere Forderungen erweitert wurde. Eine Gesellschaft, deren einziger Zweck es ist, Geld zu haben, kann nicht mehr begünstigt übertragen werden.
Eine Ausnahme (von der Qualifikation des Finanzvermögens als Verwaltungsvermögen) sieht das Gesetz aber für Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute sowie für Versicherungsunternehmen, bei denen Liquidität und Forderungen naturgemäß den Kern des Betriebsvermögens bilden bzw. bilden müssen, vor. Auch Gesellschaften, die Finanzierungszwecken in einem Konzern dienen (z. B. Cash-Pool-Gesellschaften), sollen ausgenommen bleiben.
III. Finanzierungsgesellschaften
Und genau hier ergibt sich neues Gestaltungspotenzial:
1. Anforderungen an eine Finanzierungsgesellschaft
a) Grundsätzliches
Eine Finanzierungsgesellschaft iSv § 13 b Abs. 2 Nr. 4 a Satz 2 ErbStG zeichnet sich dadurch aus, dass ihr Hauptzweck in der Finanzierung der operativen Tätigkeit von mit ihr "verbundenen Unternehmen" besteht. Relevant sind also drei Tatbestandsmerkmale, die nur teilweise bezogen auf die in Rede stehende Gesellschaft selbst erfüllt sein müssen, teilweise in Bezug auf andere zum selben Unternehmensverbund gehörende Unternehmen.
b) Gesellschaft als Finanzierungsvehikel
Zum einen setzt die Vorschrift voraus, dass es sich bei dem finanzierenden Unternehmen um eine Gesellschaft handelt. Einzelunternehmer können also von dieser Ausnahmevorschrift nicht profitieren. Vielmehr müsste ein Einzelunternehmer seine Finanzierungsaktivitäten auf eine solche Gesellschaft auslagern, um sich den Anwendungsbereich von § 13 b Abs. 2 Nr. 4 a Satz 2 ErbStG zu erschließen.
c) Finanzierungstätigkeit als Hauptzweck der Gesellschaft
Der Hauptzweck der Gesellschaft muss in einer – noch näher zu beschreibenden/qualifizierenden – Finanzierungstätigkeit bestehen. Wie insoweit der "Hauptzweck" von etwaigen anderen/weiteren Zwecken abzugrenzen ist, wird aus dem Gesetz nicht klar. Entsprechende...