Die Klage ist unbegründet. Den Klägerinnen steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht zu, weil der Beklagte durch das Schreiben vom 14.11.2013, mit dem er die Schenkung des Grundstücks (...) vom 24.11.1983 an sie beide zu je 1/3 widerrufen hat, keine schuldhafte Pflichtverletzung im Sinne von § 280 Abs. 1 S. 1 BGB begangen hat. Durch den Widerruf der Schenkung hat der Beklagte zwar eine Pflichtverletzung des Schenkungsvertrags begangen, da die Voraussetzungen für den Widerruf der Schenkung wegen Verarmung des Schenkers gem. § 528 BGB nicht vorlagen. Hierfür reicht es zwar nicht aus, dass die Schenkung mehr als 10 Jahre zurück liegt, da die Regelung des § 529 BGB eine Einrede ist, die geltend gemacht werden muss, nicht jedoch eine rechtsvernichtende Einwendung. Dem Empfänger einer Schenkung soll die Gelegenheit gegeben werden, aus moralischen Gründen ein Geschenk auch dann zurückgeben zu können, wenn der Schenkende verarmt ist, wenn die 10-Jahresfrist des § 529 BGB bereits abgelaufen ist. Da das Widerrufsrecht somit nach 10 Jahren nicht von selbst erlischt, sondern nur dann nicht mehr geltend gemacht werden kann, wenn sich der Beschenkte auf die Einrede dieser Frist beruft, war die Geltendmachung des Widerrufs trotz Fristablauf noch keine objektive Pflichtverletzung des Schenkungsvertrags durch den Beklagten.
Eine objektive Pflichtverletzung im Sinne von § 280 Abs. 1 S. 1 BGB lag im Widerruf der Schenkung jedoch deshalb, weil die Voraussetzungen der Verarmung des Schenkers gem. § 528 BGB zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung nicht vorgelegen haben. Der Beklagte hat in seinem Widerrufsschreiben selbst vorgetragen, dass er ein Sparguthaben in Höhe von ca. 29.000,00 EUR hat. Da er darüber hinaus monatlich 1.550,00 EUR Pflegegegeld erhält, sowie 2.596,37 EUR Versorgungsleistungen für Beamte, seine Ausgaben diese Einnahmen nach seinem Eigenvortrag jedoch um monatlich lediglich 1.000,00 EUR überschreiten, war er zum Zeitpunkt des Schreibens nach seinem eigenen Vortrag noch mehr als 2 Jahre in der Lage, seine monatlichen Ausgaben zu tragen. Anders als die Regelungen in § 519 BGB, stellen die §§ 528, 529 BGB jedoch nicht auf drohenden Notbedarf ab, sondern erfordern bereits eingetretene Bedürftigkeit. Es genügt deshalb nicht, wenn Umstände eingetreten sind, aus denen sich früher oder später eine Erschöpfung des Vermögens des Beschenkten ergeben kann oder voraussichtlich ergeben wird, vielmehr ist erforderlich, dass die Erschöpfung des Vermögens bereits eingetreten ist. § 528 BGB knüpft an bereits eingetretene Umstände an, vgl. BGH, Urteil vom 26.10.1999, Beck RS 1999, 30079068. Da aber eine "Verarmung" des Beklagten zum Zeitpunkt des Schreibens der Widerrufserklärung ersichtlich noch nicht eingetreten war, sondern allenfalls nach Verbrauch der 29.000,00 EUR drohte, machte der Beklagte sein Widerrufsrecht zu Unrecht geltend und verletzte damit gem. § 280 Abs. 1 BGB seine Pflicht zur Rücksichtnahme aus dem Schenkungsvertrag nach § 241 Abs. 3 BGB.
Allerdings hatte der Beklagte diese Pflichtwidrigkeit nicht im Sinne von § 280 Abs. 1 S. 2 BGB zu vertreten. Im Sinne von § 280 Abs. 1 S. 2 BGB zu vertreten hat die Vertragspartei eine solche Pflichtwidrigkeit nicht als schon dann, wenn sie nicht erkennt, dass ihre Rechtsposition in der Sache nicht berechtigt ist, sondern erst, wenn diese Rechtsposition auch nicht als plausibel ansehen durfte (BGH Urteil vom 16.1.2009, NJW 2009, 1262). Ein solcher Fall liegt hier jedoch ersichtlich nicht vor. Der Beklagte hat sich bei Geltendmachung des Schenkungswiderrufs nicht über die tatsächliche Rechtslage, also seine Vermögensverhältnisse, geirrt, sondern über die Rechtslage, nämlich die Frage, ob eine drohende Verarmung ebenfalls zu einem Widerrufsrecht führt. Eine solche fehlerhafte Einschätzung der Rechtslage hat der Beklagte jedoch nicht zu vertreten. Bei der Auslegung von Rechtsvorschriften muss es dem Beklagten unbenommen sein, auch eine Mindermeinung zu vertreten. Die Geltendmachung vermeintlicher Ansprüche gegen einen Vertragspartner kann nicht an sich schon eine schuldhafte Pflichtverletzung sein. Eine Vertragspartei haftet nach sachlichem Recht nicht für die Folgen der fahrlässigen Fehleinschätzung der Rechtslage (BGH, Urteil vom 7.12.2006, Beck RS 2007, 00791). Es muss einer Vertragspartei möglich sein, auch Rechtsmeinungen zu vertreten, die nicht herrschend sind. Etwas anderes gilt nur dann, wenn eine Partei die Sachlage falsch einschätzt, dies kann unter besonderen Umständen eine schuldhafte Pflichtverletzung sein, nicht aber die Fehleinschätzung der Rechtslage. (...)