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Erfährt ein Pflichtteilsberechtigter erst nach mehr als drei Jahren vom Tod des Erblassers, kann er noch seine Pflichtteilsansprüche gegen den Nachlass geltend machen. So verjähren diese Ansprüche kenntnisabhängig. Zum Schutz des Beschenkten hat der Gesetzgeber dagegen mit § 2332 BGB einen kenntnisunabhängigen Verjährungsbeginn für den Anspruch gegen den subsidiär Beschenkten normiert. Der Beitrag begründet, dass die Verjährung auch im Fall einer gerichtlichen Feststellung der Vaterschaft nach § 1600 d BGB mit dem Erbfall beginnt. Erfolgt diese nach über drei Jahren nach dem Erbfall, ist der Anspruch nach § 2329 BGB verjährt.
I. Besonderer Verjährungsbeginn
Die dreijährige Verjährung von ordentlichen Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüchen beginnt gem. den §§ 195, 199 BGB kenntnisabhängig. Dagegen sieht für die subsidiäre Haftung des Beschenkten § 2332 Abs. 1 BGB (bis 2009: Abs. 2) folgende eigenständige Regelung vor: "Die Verjährungsfrist des dem Pflichtteilsberechtigten nach § 2329 gegen den Beschenkten zustehenden Anspruchs beginnt mit dem Erbfall." Es handelt sich folglich um eine besondere, kenntnisunabhängige Verjährung.
II. Verjährungsrecht von Pflichtteilsansprüchen gegen den Erben
Der Pflichtteilsanspruch nach den §§ 2303, 2325 BGB unterliegt seit dem 1.1.2010 der allgemeinen dreijährigen Regelverjährung nach §§ 195, 199 BGB. Danach beginnt die Verjährung erst mit dem Schluss des Jahres, in dem der Pflichtteilsanspruch entstanden ist und der Pflichtteilsberechtigte von seinem Pflichtteilsanspruch Kenntnis erlangt hat (30-jährige Höchstfrist nach § 199 Abs. 3 a BGB). Demzufolge muss der Pflichtteilsberechtigte von den den Anspruch begründenden Umständen, so
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von dem Erbfall, |
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der Enterbung, |
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und dem Schuldner des Pflichtteilsanspruchs, dem Erben, |
Kenntnis erlangt haben oder Kenntnis erlangt haben müssen (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Für den Beginn der Verjährung des ordentlichen Pflichtteilsanspruchs kommt es lt. BGH nicht auf die Kenntnis des Pflichtteilsberechtigten von der Zusammensetzung und dem Wert des Nachlasses an. Wenn der Pflichtteilsberechtigte erst später davon erfährt, dass ein weiterer Gegenstand zum Nachlass gehört, beginnt die Frist nicht erneut. So würde u. a. kein Fall des § 2313 BGB vorliegen. Die Verjährung des Pflichtteilsergänzungsanspruches gegen den Erben beginnt jedoch erst mit Kenntnis des verschenkten Gegenstandes.
III. Sonderregelung für die Verjährung des Anspruchs nach § 2329 BGB
1. Überblick
Für die Verjährung des Anspruchs gemäß § 2329 BGB hat der Gesetzgeber eine Sonderregelung geschaffen, die wortgleich innerhalb der Erbrechtsreform beibehalten wurde (§ 2332 Abs. 2 BGB bis zum 31.12.2009, § 2332 Abs. 1 BGB seit dem 1.1.2010). Demzufolge beginnt die Verjährungsfrist des dem Pflichtteilsberechtigten nach § 2329 gegen den Beschenkten zustehenden Anspruchs mit dem Erbfall.
Ein Abkömmling kann die Vaterschaft des Erblassers, seines möglichen leiblichen Vaters, auch erst nach dem Tod des potenziellen Vaters gerichtlich feststellen lassen (§ 1600 d BGB). Die Rechtswirkungen der Vaterschaft können gem. § 1600 d Abs. 4 BGB erst vom Zeitpunkt ihrer Feststellung an geltend gemacht werden. Erst mit gerichtlicher Feststellung beginnt also die Verjährung der Ansprüche nach §§ 2003, 2325 BGB. Nachfolgend wird begründet, dass die Frist des Pflichtteilsergänzungsanspruchs gegen den subsidiär haftenden Beschenkten aus § 2329 BGB auch in einem solchen Fall stets mit dem Erbfall gem. § 2332 Abs. 1 BGB beginnt.
2. Wortlaut und Entstehungsgeschichte
Der Wortlaut ist eindeutig: Auf eine subjektive Komponente, Kenntnisse und dergleichen kommt es nicht an. Das ist der maßgebliche Unterschied zu der Verjährung von Pflichtteilszahlungsansprüchen gemäß den §§ 2303, 2325 BGB gegen den Nachlass. § 199 Abs. 1 BGB, und damit die Kenntnisabhängigkeit, ist aber nicht auf den Anspruch nach § 2329 BGB anzuwenden, da der Gesetzgeber eine Sonderregelung geschaffen hat: Er hatte zwar laut der Motive einen solchen Ansatz in Erwägung gezogen, diesen aber letztlich verworfen. Die diesbezügliche Diskussion zur Entstehung der Sonderregelung vor Inkrafttreten des BGB zum 1.1.1900 lässt sich den Seiten 593 ff der Protokolle V entnehmen. Dort heißt es, dass die Mehrheit sich dafür aussprach, wonach "der Anspruch gegen den Beschenkten einer selbstständigen, in drei Jahren von dem Eintritte des Erbfalls sich vollendenden Verjährung unterliegt". Weiter wird wie folgt die Entstehungsgeschichte des Gesetzes protokolliert: "Man hielt es für richtiger, den kondiktionsartigen Anspruch gegen den Beschenkten in Bezug auf die Verjährung von dem Pflichtteilsanspruche gegen den Erben vollständig abzulösen und glaubte umso mehr dem Interesse des...