Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur teilweisen Aufrechterhaltung des Teil-Versäumnisurteils des Landgerichts Augsburg vom 15. März 2006, im Übrigen zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Dieses hat im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin sei infolge des Erb- und Pflichtteilsrechtsverzichts der Beklagten an deren Stelle zur gesetzlichen Erbin berufen gewesen und von dem Erblasser wirksam enterbt worden. Den deswegen ihr an sich gemäß § 2303 BGB zustehenden Pflichtteilsanspruch habe sie nach § 2309 Alt. 2 BGB verloren. Der darin geregelte Ausschluss des entfernteren Abkömmlings "im Falle der gesetzlichen Erbfolge" beziehe sich nicht auf die konkrete Situation, sondern auf die abstrakte Erbenstellung des näheren Abkömmlings, hier der Beklagten, die gemäß § 1924 Abs. 2 BGB die Klägerin grundsätzlich von der gesetzlichen Erbfolge verdränge. Infolge der Annahme der Erbschaft durch die Beklagte sei die "Vorversterbensfiktion" des § 2346 Abs. 1 BGB gegenstandslos geworden.
II. Das hält der rechtlichen Nachprüfung im wesentlichen Punkt nicht stand. Das Berufungsgericht hat versäumt, den Anwendungsbereich des § 2309 Alt. 2 BGB nach einer an Sinn und Zweck der Regelung gemessenen Auslegung zu bestimmen. Dadurch hat es zu Unrecht in der Annahme des testamentarisch zugewendeten Erbes eine auf den Pflichtteilsanspruch anzurechnende Entgegennahme des der Beklagten "Hinterlassenen" im Sinne dieser Vorschrift gesehen.
1. Nach dem auf das Pflichtteilsrecht zu übertragenden Prinzip der Erbfolge nach Klassen und Stämmen iSd §§ 1924 ff BGB ist die Klägerin pflichtteilsberechtigt gemäß § 2303 Abs. 1 Satz 1 BGB. Zwar ist die Beklagte der nähere und als solcher nach § 1924 Abs. 2 BGB grundsätzlich vorrangige Abkömmling des Erblassers. Jedoch gilt sie infolge ihres Erb- und Pflichtteilsverzichts gemäß § 2346 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 BGB als vorverstorben, so dass ihre Tochter, die Klägerin, an ihrer Stelle in die gesetzliche Erb- und Pflichtteilsfolge eingerückt ist (vgl. Erman/Schlüter, BGB, 13. Aufl., § 2309 Rn 1; Heisel in HK-PflichtteilsR § 2309 Rn 1; Planck/Greiff, BGB, Bd. V. 4. Aufl., § 2309 Anm. I 1, II 1; Kipp/Coing, Erbrecht, 14. Bearb., § 9 Ziff. I 1 d; Muscheler, Erbrecht, Bd. I Rn 2386, Bd. II Rn 4101, 4103; Kroppenberg, JZ 2011, 1177, 1178). Diese Position als gesetzliche Erbin ihres Großvaters wurde der Klägerin durch dessen Testament vom 17. Oktober 2000 entzogen. Der Erblasser war durch den Erbverzicht nicht daran gehindert, die Beklagte als Erbin einzusetzen (vgl. Senatsurteil vom 13. April 2011 – IV ZR 204/09, BGHZ 189, 171 Rn 13–15; BGH, Beschluss vom 13. Juli 1959 – V ZB 4/59, BGHZ 30, 261, 267; Heisel in HK-PflichtteilsR aaO Rn 23; MüKo-BGB/Frank, 3. Aufl., § 2309 Rn 14; MüKo-BGB/Lange, 5. Aufl., § 2309 Rn 16; Planck/Greiff aaO Anm. II 1; Staudinger/Haas, BGB, Stand 2006, § 2309 Rn 26; Muscheler aaO Bd. I Rn 2418). Dadurch ist der Klägerin ein originäres Pflichtteilsrecht erwachsen.
2. Dieses Pflichtteilsrecht kann gemäß § 2309 BGB wieder ausgeschlossen sein. Danach sind entferntere Abkömmlinge und die Eltern des Erblassers insoweit nicht pflichtteilsberechtigt, als ein Abkömmling, der sie im Falle der gesetzlichen Erbfolge ausschließen würde, den Pflichtteil verlangen kann oder das ihm Hinterlassene annimmt.
a) Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass die Fiktion des § 2346 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 BGB dem Vorrang des näheren Abkömmlings im Rahmen der von § 2309 BGB geforderten fiktiven gesetzlichen Erbfolge nicht entgegensteht (vgl. RGZ 93, 193, 194 f; Heisel in HK-PflichtteilsR aaO Rn 1, 7; Muscheler aaO Bd. I Rn 2400 ff, Bd. II Rn 4103; aA MüKo-BGB/Frank aaO; Planck/Greiff aaO Anm. I 1, II 1; Strohal, Das deutsche Erbrecht, Bd. 1 3. Aufl., § 50 III 1 Fn 7). Mit dem Verweis auf die "gesetzliche Erbfolge" legt das Gesetz den Kreis der Personen fest, deren Pflichtteilsrechte die Berechtigung des entfernteren Abkömmlings ausschließen oder einschränken können (vgl. Kramm, Entstehung und Beseitigung der Rechtswirkungen eines Erbverzichts S. 58). Die Rangfolge der hypothetischen gesetzlichen Erben bestimmt sich nicht nach den konkreten Umständen im jeweiligen Erbfall, sondern – abstrakt – nach den Regelungen der §§ 1924 ff BGB (vgl. Senatsurteil aaO Rn 36; RGZ aaO 195; Staudinger/Ferid/Cieslar, BGB, 12. Aufl., § 2309 Rn 10 f). Dies folgt aus dem insoweit im Konjunktiv gefassten Wortlaut der Norm ("ausschließen würde"). Zudem begründet allein § 2303 BGB das – selbstständige, nicht von dem vorrangigen Erben abgeleitete – Pflichtteilsrecht des entfernteren Abkömmlings als Ausgleich für ein ihm "gewissermaßen (geschehenes) Unrecht" (Motive V 388, 426; Protokolle V 606; RGZ aaO; Planck/Greiff aaO Anm. I; Lange/Kuchinke, Erbrecht, 5. Aufl., § 37 IV 2. b); Ebbecke, LZ 1919, 505/506, 508, 509, 510 f; Kroppenberg aaO; vgl. Muscheler aaO Bd. I Rn 2390, Bd. II Rn 4098). § 2309 BGB enthält hingegen einen Beschränkungstatbestand, dessen Anw...