1. Zu beachten ist zunächst, dass die neue Verordnung grundsätzlich europaweit gelten soll. Allerdings ist bereits hier anzumerken, dass die Verordnung in Großbritannien und Irland nicht zur Anwendung kommen wird, da von diesen Staaten angekündigt wurde, von ihrem "Opt-out"-Recht Gebrauch machen zu wollen. Gleiches gilt für Dänemark, dass sich aufgrund der geltenden Regelungen zu einem "Opt-in" entschließen müsste, wovon nicht auszugehen ist.
2. Mit der Europäischen Erbrechtsverordnung ändert sich außerdem im Hinblick auf Erbschaftsfälle nichts, wenn ein EU-Bürger mit Wohnsitz in seinem Heimatland verstirbt. In diesen rein nationalen Erbfällen ist die Verordnung nicht anzuwenden mit der Folge, dass sich nicht etwa eine Anpassung des materiellen Erbrechts der einzelnen Mitgliedstaaten ergibt.
3. Wie in Verordnungen dieser Art üblich, regelt die Erbrechtsverordnung zunächst in ihrem Art. 1 den Anwendungsbereich, also den Themenkomplex, auf den die Verordnung angewandt werden soll. Der Verordnungsgeber spricht hier von der Anwendung auf die "Rechtsnachfolge von Todes wegen". Was unter dem Begriff der Rechtsnachfolge von Todes wegen zu verstehen ist, unterliegt grundsätzlich der sogenannten Qualifikation. Die hierbei erforderliche Auslegung folgt aufgrund des vorliegenden Gemeinschaftsrechts dem Grundsatz autonomer Auslegung. Hilfreich sind dabei die in der Textfassung der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 13.3.2012 näher ausgeführten Gründe.
Die Verordnung soll alle Bereiche der Rechtsnachfolge von Todes wegen erfassen, und zwar auf jede Form des Übergangs von Vermögenswerten, Rechten und Pflichten von Todes wegen, sei es durch gewillkürte Erbfolge oder bei gesetzlicher Erbfolge anzuwenden sein, vgl. Art 2 Nr. 1 (a) ErbRVO. Daraus folgt: Die Verordnung erfasst alle Rechtsfragen der gewillkürten oder gesetzlichen Erbfolge, sofern ein Auslandsbezug besteht, da die Verordnung wie dargelegt keine Auswirkung auf rein nationale Erbfälle hat.
4. Von wesentlicher Bedeutung sind die Ausnahmen vom Anwendungsbereich, die zum einen in Art. 1 Ziff. 1 S. 2 sowie in Art. 1 Ziff. 2 beinhaltet sind.
Die Verordnung soll insbesondere nicht gelten für unentgeltliche Zuwendungen, mithin aus inländischer Sicht für Schenkungen gemäß den §§ 516 ff BGB. Dies stellt der Verordnungsgeber in Textziffer (14) der Erläuterungen dar. Allerdings schränkt der Verordnungsgeber die Anwendung wiederum ein, indem er ausdrücklich Fragen der Ausgleichung oder Anrechnung (im deutschen Recht beispielsweise die §§ 2050 bis 2057 a, 2316, 2327 BGB) dem nach der Verordnung zu bestimmenden (Erb-)Statut unterwirft.
Offen bleibt dabei, ob die Thematik der Schenkung von Todes wegen, im BGB in § 2301 BGB geregelt, ebenfalls unter das Erbstatut fallen soll oder ob hierfür das Schuldrechtsstatut einschlägig sein soll. Insoweit wird bislang wohl überwiegend die Auffassung vertreten, dass wegen der Gleichstellung der Schenkung von Todes wegen und der Verfügung von Todes wegen die Unterwerfung unter das Erbstatut des Versprechenden und späteren Erblassers erfolgen solle. Da der Verordnungsgeber auch nur solche Vermögenserwerbe vom Anwendungsbereich der Verordnung ausnehmen will, die "auf andere Weise als durch Rechtsnachfolge von Todes wegen" entstehen und dies bei § 2301 BGB gerade nicht der Fall ist, dürfte die Schenkung von Todes wegen unter den Anwendungsbereich der Verordnung fallen.
Nach hier vertretener Auffassung verbleibt es in diesem Zusammenhang auch bei der bisherigen Behandlung der Verträge zugunsten Dritter auf den Todesfall, § 331 BGB. Auf das Deckungsverhältnis, also bspw. den Vertrag zwischen Versicherungsunternehmen und Versicherungsnehmer, wird das Schuldrechtsstatut anzuwenden sein, auf das Valutaverhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Begünstigtem entweder bei einem Rechtsgeschäft unter Lebenden das Schenkungsstatut oder bei Schenkung auf den Todesfall das nunmehr über die Verordnung zu ermittelnde Erbstatut.
Nicht unter den Anwendungsbereich der Verordnung fallen weiter Fragen des ehelichen Güterrechts und die sich daraus ergebenden Folgen beim Versterben einer Person. Dies erklärt der Verordnungsgeber ausdrücklich in Art. 1 Ziff. 2 (d) der Verordnung. Dies bedeutet, dass die güterrechtlichen Folgen des Versterbens einer Person weiter wie bisher in Anwendung von Art. 15 EGBGB für Ehegatten zu lösen sind sowie gemäß Art. 17 b Abs. 1 EGBGB im Falle eingetragener Lebenspartnerschaften die güterrechtlichen Sachvorschriften des Staates anzuwenden sind, in dem die Lebenspartnerschaft im Register eingetragen ist. Da nach dem Wortlaut der Verordnung die güterrechtlichen Regelungen ausdrücklich vom Anwendungsbereich der Verordnung ausgenommen sind, ist der Hinweis unter der Ziffer (12) der Erläuterungen zur Verordnung als Hinweis auf die schon bislang vorzunehmende selbstständige Anknüpfung güterrechtlicher Fragen an das Güterrechtsstatut zu verstehen. In der Folge kann nach wie vor die Problematik auftreten, dass deutsches Güterrech...