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Mit Urteil vom 21.6.2018 hat der Europäische Gerichtshof in der Rechtssache Oberle entschieden, dass die Zuständigkeitsvorschriften der Europäischen Erbrechtsverordnung auch für die Erteilung von deutschen Erbscheinen gelten. Die deutschen Vorschriften über die internationale Zuständigkeit der Nachlassgerichte gelten demnach nur noch nachrangig.
A. Einführung
Für alle Erbfälle mit Auslandsbezug gilt seit dem 17.8.2015 die Europäische Erbrechtsverordnung (Art. 83 Abs. 1 EuErbVO). Ursprünglich war erwartet worden, dass es einige Jahre dauern wird, bis der Europäische Gerichtshof über deren Auslegung entscheiden wird. Nunmehr ging es jedoch überraschend schnell. Innerhalb von nicht einmal drei Jahren sind bereits drei Grundsatzentscheidungen des Europäischen Gerichtshofs ergangen. In allen drei Urteilen ging es jeweils um "deutsche" Erbfälle; bei zwei Dutzend EU-Mitgliedsstaaten, in denen die Erbrechtsverordnung Anwendung findet, ein durchaus überraschendes Ergebnis. Bemerkenswert ist auch, dass der Europäische Gerichtshof in allen drei Fällen entgegen der bis dahin in Deutschland jeweils herrschenden Auffassung entschieden hat.
Das erste Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Europäischen Erbrechtsverordnung betraf einen deutsch-polnischen Erbfall. Dabei ging es um die Frage, um die dingliche Wirkung eines polnischen Vindikationsvermächtnisses auch ein in Deutschland belegenes Grundstück umfasst. Der Europäische Gerichtshof hat dies bejaht und damit dem (polnischen) Erbrecht Vorrang vor dem (deutschen) Sachen- und Grundstücksrecht eingeräumt.
Im zweiten Fall ging es um die in Deutschland lange Zeit umstrittene Frage, nach der international-privatrechtlichen Qualifikation des pauschalen Zugewinnausgleichs im Erbfall (§ 1371 Abs. 1 BGB). Der Bundesgerichtshof hatte sich im Jahr 2015 noch für eine rein güterrechtliche Qualifikation der Vorschrift ausgesprochen. Dem ist der Europäische Gerichtshof nicht gefolgt und hat die Vorschrift erbrechtlich qualifiziert.
In der dritten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs stellte sich die Frage, ob die Zuständigkeitsvorschriften der Europäischen Erbrechtsverordnung nur für das Europäische Nachlasszeugnis oder auch für nationale Erbzeugnisse gelten. Der Europäische Gerichtshof hat sich erneut für eine weite Anwendung der Europäischen Erbrechtsverordnung ausgesprochen und die europäischen Zuständigkeitsregeln (Art. 4 ff. EuErbVO) als vorrangig angesehen. Die internationale Zuständigkeit der Gerichte für die Erteilung eines deutschen Erbscheins richtet sich daher nicht mehr nur nach dem deutschen Recht (§§ 105, 343 ff FamFG), sondern vorrangig nach europäischen Recht (Art. 4 ff EuErbVO).
Das Urteil des EuGH in der Rechtssache Oberle ist von erheblicher Bedeutung für die (deutsche) Erbrechtspraxis. Der nachfolgende Beitrag gibt einen ersten Überblick über die Hintergründe und (mögliche) Folgen der Entscheidung.
B. Rechtssache Oberle
I. Sachverhalt
Der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs lag (vereinfacht) ein deutsch-französischer Erbfall zu Grunde.
Der Erblasser, Herr Adrien Théodore Oberle, ein französischer Staatsangehöriger ist am 28.11.2015 (d. h. nach dem 17.8.2015) mit letztem gewöhnlichen Aufenthalt in Frankreich verstorben. Der Erblasser hat kein Testament hinterlassen. Mangels einer erbrechtlichen Rechtswahl kam somit französisches Erbrecht zur Anwendung (Art. 21 Abs. 1 EuErbVO). Aufgrund gesetzlicher Erbfolge (nach französischem Erbrecht wurde der Erblasser (unstreitig) von seinen beiden Söhnen zu je ein Halb beerbt. Der Nachlass umfasste Vermögen in Frankreich und Deutschland.
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Frankreich: Ein französisches Gericht (Tribunal d’ instance) hat auf Antrag der Erben ein Erbzeugnis (nach französischem Recht) ausgestellt, wonach die beiden Söhne jeweils zur Hälfte Erben sind. |
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Europa: Das französische Gericht stellte ferner ein Europäisches... |