BGB § 249
Leitsatz
In einfach gelagerten Schadensfällen ist die Inanspruchnahme eines Anwalts zur Rechtsverfolgung nur dann erforderlich i.S.d. § 249 BGB, wenn der Geschädigte geschäftlich ungewandt ist oder die Schadensregulierung verzögert wird.
AG Königswinter, Urt. v. 27.12.006 – 3 C 149/ 06 LG Bonn, Hinweisbeschl. v. 9.7.2007 – 6 S 6/07
Sachverhalt
Die Klägerin betreibt ein Mietwagenunternehmen. Die Beklagte beschädigte bei einem Auffahrunfall ein Fahrzeug der Klägerin. Ein von der Klägerin beauftragter Anwalt machte gegenüber der Haftpflichtversicherung der Beklagten in einem Anspruchsschreiben ohne Darstellung des Sachverhalts aufgelistete Schadenspositionen geltend und setzte Frist zur Zahlung bis spätestens nach Ablauf von 3 Wochen. Die Zahlung der Haftpflichtversicherung der Beklagten erfolgte sechs Tage nach Absendung des Aufforderungsschreibens mit Ausnahme der geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltskosten auf der Grundlage einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr. Deren Zahlung wurde mit der Begründung verneint, angesichts des einfach gelagerten Sachverhalts sei die Einschaltung eines Anwalts nicht erforderlich gewesen. Das AG Königswinter schloss sich dieser Auffassung an.
Aus den Gründen
“Die Klage ist unbegründet.
Der Klägerin steht kein Anspruch aus § 7 StVG auf Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten zu. Es handelt sich hierbei nicht um einen zur Schadensbeseitigung erforderlichen Aufwand i.S.d. § 249 BGB.
Nach § 249 BGB kann als erforderliche Herstellungskosten nur der Aufwand als Schadensersatz verlangt werden, den ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot ist der Geschädigte gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen.
Ein Geschädigter in der Situation des Klägers, der die Kosten der Rechtsverfolgung hätte selbst tragen müssen, hätte zunächst zur vorgerichtlichen Schadensregulierung keinen Anwalt eingeschaltet.
Bei der Klägerin handelt es sich um eine Mietwagenunternehmerin, die am Wirtschaftsleben beteiligt ist. Hinzu kommt, dass der Ablauf einer Unfallschadensregulierung auf Grund der Vielzahl weiterer Schadensfälle vor dem streitgegenständlichen Unfallereignis der Klägerin bekannt gewesen sein dürfte.
Der Unfallhergang und die alleinige Einstandspflicht der Beklagten waren unstreitig. Das folgt bereits aus dem anwaltlichen Aufforderungsschreiben vom 22.4.2006, dem eine eigene Sachverhaltsschilderung nicht beigefügt war.
Auch die Schadensbezifferung war für einen wirtschaftlich erfahrenen Laien ohne große Probleme möglich. Der Umfang des Sachschadens folgte aus dem Schadensgutachten wie auch die Wertminderung. Sachverständigen- und Abschleppkosten ergaben sich aus entsprechenden Rechnungen. Der Verdienstausfall/Gewinnentgang bezifferte sich nach Erfahrungswerten für das Unternehmen der Klägerin.
Vor diesem Hintergrund hätte ein Geschädigter mit dem Wissens- und Kenntnisstand der geschäftlich erfahrenen Klägerin, der die Kosten der Rechtsverfolgung selbst tragen müsste, sich zunächst selbst an die gegnerische Haftpflichtversicherung gewandt. Erst bei einem Bestreiten der Forderung dem Grunde oder der Höhe nach hätte ein wirtschaftlich denkender Geschädigter in der Situation der Klägerin einen Anwalt eingeschaltet.“
In seinem Hinweisbeschluss folgte das LG Bonn der Ansicht des AG.
"Die angefochtene Entscheidung des AG Königswinter ist aus berufungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Das AG hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen."
Das angefochtene Urteil stellt zu Recht darauf ab, dass die Beklagte nicht verpflichtet ist, die im Streit stehenden Kosten der Rechtsverfolgung zu ersetzen, weil die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts für die Geltendmachung der Schadensersatzansprüche vorliegend nicht erforderlich war. Nach der Rspr. des BGH, der die Kammer folgt, setzt die Ersatzpflicht hinsichtlich der Anwaltskosten voraus, dass die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts erforderlich und zweckmäßig war (vgl. BGH NJW 2006, 1065; NJW 2005, 1112 [1113]; NJW 2004, 444 [446]; vgl. auch Palandt-Heinrichs, BGB, 66. Aufl. [2007], § 249 Rn 39). Dies trifft in einfach gelagerten Fällen regelmäßig nur dann zu, wenn der Geschädigte geschäftlich ungewandt ist oder die Schadensregulierung verzögert wird (vgl. BGH NJW 1995, 446; Palandt-Heinrichs, a.a.O., MüKo/Oetker, BGB, 5. Aufl. [2007], § 249 Rn 175; Stein/Jonas-Schiemann, BGB, 2005, § 251 Rn 120; Bamberger/Roth-Grüneberg, BGB, 2003, § 249 Rn 75).
Vorliegend war die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe auch aus Sicht der Klägerin nicht erforderlich. Der Schadenshergang war einfach gelagert und nicht im Streit, der Schädiger und seine Haftpflichtversicherung waren bekannt und zahlungsbereit. In einer solchen Situation ist die Inanspruchnahme eines Rechtsanwaltes nicht als notwendig zu erachten. Dies gilt vorliegend umso mehr, wei...